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50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie (dae)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie

12. bis 15.09.2005, Freiburg im Breisgau

Semantische Klarstellung der Repräsentation von Prozeduren in SNOMED® CT

Meeting Abstract

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  • Stefan Schulz - Institut für Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik, Freiburg
  • Susanne Hanser - Institut für Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik, Freiburg
  • Udo Hahn - Institut für Germanische Sprachwissenschaft, Jena
  • Rüdiger Klar - Institut für Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik, Freiburg

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. Freiburg im Breisgau, 12.-15.09.2005. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2005. Doc05gmds615

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/meetings/gmds2005/05gmds428.shtml

Published: September 8, 2005

© 2005 Schulz et al.
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Einleitung und Fragestellung

SNOMED® CT (http://snomed.vetmed.vt.edu/sct/menu.cfm) ist als Referenzterminologie für alle Bereiche des Gesundheitswesens konzipiert [1] und soll in den kommenden Jahren in verschiedenen Ländern routinemäßig eingesetzt werden. SNOMED® CT ist ein konzeptbasiertes kontrolliertes Vokabular. Konzepte sind in multiplen Taxonomien eingebettet und sind durch semantische Relationen verknüpft, wie z.B. has-associated-topography, has-action, has-associated-morphology. In dieser Arbeit werden die Relationship Groups des SNOMED® CT im Hinblick auf ihren Nutzen für die eindeutige und konsistente Abbildung von Prozeduren untersucht.

Material und Methoden

SNOMED® CT erhebt den Anspruch einer formalen, auf Beschreibungslogik basierenden Semantik [2]. Die über UMLS zur Verfügung gestellte Version geht allerdings kaum über das relationale OAV (object-attribute-value) Format hinaus, welches der MRREL-Tabelle des UMLS-Metathesaurus zugrunde liegt. Die Ambiguitäten dieses Formates sind bekannt [3]. SNOMED® CT führt nun mit den sog. Relationship Groups ein Konstrukt ein, um Konzepte, die inhaltlich miteinander verknüpft sind, zu gruppieren. So enthält Removal of foreign body from the stomach by incision die Konzepte Stomach structure und Digestive structure als Werte des Attributs has-procedure-site, sowie die Konzepte Incision und Removal als Werte des Attributs has-method. Relationship Groups ermöglichen es, OAV-Tripel zu gruppieren, um unsinnige Interpretationen – im vorliegenden Beispiel Removal of the stomach and incision of a foreign body – zu verhindern. Tabelle 1 [Tab. 1] zeigt, wie Relationship Groups im UMLS Relational Format dargestellt werden.

Von Spackman et. al. [4] wird vorgeschlagen, Relationship Groups durch Beschreibungslogik zu repräsentieren, mittels einer nicht weiter spezifizierten Relation „rg“. Wir unternehmen hier den Versuch, anhand dieser Darstellung die Semantik der SNOMED® CT Relationship Groups zu untersuchen. Wir legen dar, dass einige Grundannahmen von SNOMED® CT aus ontologischer Sicht problematisch sind, und schlagen eine Lösung zur Klärung vor, die weitgehend kompatibel zur derzeitigen Architektur des SNOMED® CT ist.

Ergebnisse

Die obige Definition (Tabelle 1 [Tab. 1]) für die Beispielprozedur kann in Beschreibungslogik (Wir verwenden für Konzepte initiale Großbuchstaben, für Relationen initiale Kleinbuchstaben, Rollen werden im Beispiel durch die Reihung von Existenzoperator, Relationssymbol, Punkt und Konzeptsymbol abgebildet.) so beschrieben werden:

Equation 1

In SNOMED® CT (Wie in den SNOMED® CT sources im UMLS enthalten, oder visualisiert im SNOMED® CT Browser: http://snomed.vetmed.vt.edu/sct/menu.cfm) sind die über die Relationship Groups dargestellten Prozedurenkomponenten RemovalOfForeignBodyFromDigestiveSystem und IncisionOfStomach taxonomisch wie folgt verankert: ersteres ist RemovalProcedure untergeordnet, letzteres wird durch IncisionProcedure subsumiert. Folglich müssten alle Instanzen des Konzeptes RemovalOfForeignBodyFromTheStomachByIncision Instanzen sowohl von IncisionProcedure als auch von RemovalProcedure sein. Unsere Beispielprozedur würde daher sowohl die Eigenschaften von Incision als auch Removal erben. In diesem Fall würde eine anatomische Struktur gleichermaßen inzidiert und entfernt, was unsinnig ist. In einer strengen Top-Level-Ontologie müssten Incision and Removal sich ausschließen.

Wir schlagen folgende Lösung vor:

  • Die komplexe Prozedur RemovalOfForeignBodyFromTheStomachByIncision wird als ein durch zeitlich aufeinander folgende Subprozesse gekennzeichneter Prozess gesehen. Beide Subprozesse stehen in einer part-of-Beziehung zu der komplexen Prozedur.
  • Eine Differenzierung zwischen atomaren Konzepten und komplexen Prozeduren, die möglicherweise identisch benannt sind, wird eingeführt. IncisionOfStomach zum Beispiel bezeichnet sowohl die Eröffnung des Magens durch einen Schnitt (atomare Prozedur - IncisionAction) als auch alle komplexen Prozeduren, zu deren Durchführung eine (atomare) Inzision des Magens gehört (IncisionProcess). Atomare (a) und komplexe (b) Incision of Stomach sind beschreibungslogisch unterschiedlich definiert:

Equation 2

Vielfach sind diese unterschiedlichen Konzepttypen – Action vs. Process – bereits in SNOMED® CT enthalten.

Schlussfolgerungen

Im Rahmen unserer Untersuchung der Relationship Groups in SNOMED® CT zeigten sich Schwächen der Terminologie. Um die Eindeutigkeit der SNOMED®-Definitionen zu gewährleisten und Inkonsistenzen vorzubeugen, wären folgende Veränderungen vorzuschlagen, die lediglich kleinere Modifikationen der SNOMED®-Architektur mit sich bringen:

  • Umbenennen des Relationship Group- Attributs rg zu has-part. Dies entspricht seiner tatsächlichen Bedeutung. Prozesse, die mittels Relationship Groups in komplexe Prozeduren „eingebaut“ sind, sind eigentlich Subprozesse, die in einer mereologischen Beziehung zum primären Prozess stehen.
  • Klarere Unterscheidung zwischen atomaren Konzepten (wie IncisionAction) und Konzepten, die atomare Konzepte als Teil beinhalten (wie IncisionProcess). Die aktuellen Konzeptbezeichnungen sind irreführend.
  • Wiederherstellen der Konsistenz, indem Relationship Groups (in Form von has-part-Relationen) auf allen Ebenen der Hierarchie verwendet werden. Andernfalls werden Rollen möglicherweise zweimal vererbt, innerhalb und außerhalb einer Relationship Group.

Danksagung

Diese Arbeit wurde unterstützt durch das EU Network of Excellence Semantic Interoperability and Data Mining in Biomedicine (NoE 507505), http://www.semanticmining.org. Wir danken Jeremy Rogers und Ulrike Sattler (Manchester, UK) sowie Kent Spackman (Portland, OR, US) für aufschlussreiche Diskussionen.


Literatur

1.
Spackman KA, Campbell K, and Cote RA. SNOMED RT: A reference terminology for health care. In Daniel R. Masys, editor, AMIA'97 - Proceedings of the 1997 AMIA Annual Fall Symposium, pp. 640-644. Philadelphia, PA: Hanley & Belfus, 1997
2.
Baader F, Calvanese D, McGuinness D, Nardi D, Patel-Schneider P. The Description Logic Handbook. Theory, Implementation and Applications. Cambridge, U.K. Cambridge University Press
3.
Schulz S and Hahn U. Medical knowledge reengineering: Converting major portions of the UMLS into a terminological knowledge base. International Journal of Medical Informatics 2001: 64(2/3):207-221
4.
Spackman KA, Dionne R, Mays E, and Weis J. Role grouping as an extension to the description logic of ONTYLOG, motivated by concept modeling in SNOMED. In Kohane IS, editor, AMIA 2002 - Proceedings of the Annual Symposium of the American Medical Informatics Association, pp. 712-716. Philadelphia, PA: Hanley & Belfus, 2002