gms | German Medical Science

50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie (dae)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie

12. bis 15.09.2005, Freiburg im Breisgau

OP-Management und OP-Prozesse im Kontext einer DRG-basierten Abrechnung

Meeting Abstract

  • Bernhard Wentz - Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen
  • Peter Pálffy - Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen
  • Martin Oschem - Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen
  • Hans-Ulrich Prokosch - Universität Erlangen, Lehrstuhl Medizinische Informatik, Erlangen

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. Freiburg im Breisgau, 12.-15.09.2005. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2005. Doc05gmds537

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/meetings/gmds2005/05gmds385.shtml

Published: September 8, 2005

© 2005 Wentz et al.
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Einleitung und Fragestellung

Die heterogene Situation der im Universitätsklinikum Erlangen vorhandenen klinischen und administrativen IT-Systeme bedingt mit der Einführung des DRG-Systems nicht nur eine Veränderung der klinischen Prozesse sondern erfordert durch die zeitnahe Zusammenführung der abrechnungsrelevanten Daten auch eine Optimierung des Kommunikationsverhaltens. Erfassung, Verarbeitung, Kontrolle und Kommunikation der abrechnungsrelevanten Leistungsdaten sind eine zwingend notwendige Voraussetzung für wirtschaftliches Arbeiten in einem Klinikum.

In den operativen Fächern liefert die OP-Dokumentation die für eine Abrechnung nach DRG klinisch und betriebswirtschaftlich relevanten Diagnosen und Prozeduren.. Die flächendeckende Einführung eines mit dem Abrechnungssystem sehr eng gekoppelten OP-Dokumentationssystems ist daher unabdingbar. Über die Grundaufgaben eines solchen Systems - insbesondere Patienten-Einbestellung, OP-Planung und OP-Management - hinaus haben sich im DRG-Kontext neue Anforderungen an die IT ergeben, und zwar neben einer workflow-basierten IT-Unterstützung der genannten Grundaufgaben vor allem die Umsetzung einer zeitnahen Leistungsdokumentation und Leistungskommunikation zum Abrechnungssystem.

Auch die Nicht-Erfüllung der externen Qualitätssicherung nach SGB V §§ 137, 135 führt zu finanziellen Einbußen. Daher muss geklärt werden, ob die vorhandenen IT-Strukturen den neuen Herausforderungen gerecht werden und welche Veränderungen im Gesamt-Workflow des OP-Managements durchgeführt werden müssen.

Historie und Umfeld

Das Universitätsklinikum Erlangen umfasst mit seinen 22 Kliniken, 10 Abteilungen und einem Institut das gesamte medizinische Spektrum. Die Gebäude des Klinikums beherbergen ca. 1.400 Betten. 5.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen berufs- und fachübergreifend von Aufnahme bis zur Entlassung für eine optimale Versorgung der Patienten.

Flexibilität, Funktionsvielfalt und Bedienerfreundlichkeit waren 1998 im Rahmen einer europaweit durchgeführten Ausschreibung entscheidende Kriterien für das Universitätsklinikum Erlangen, das OP-Planungs- und OP-Dokumentationssystem der Fa. Meierhofer AG anzuschaffen, im folgenden Text als OP-System bezeichnet. Die künftigen OP-Anwender waren von Anfang an in das Entscheidungsverfahren im Rahmen eines speziell eingerichteten Arbeitskreises eingebunden [1].

Ab 1998 wurden alle Formular-Lösungen sowie DOS-basierten Eigenentwicklungen sukzessive durch das OP-System abgelöst. Von Anfang an war es das Ziel, eine Online-Dokumentation während des gesamten OP-Workflows zu etablieren, und zwar für alle beteiligten Berufsgruppen wie OP-Pflege, Anästhesiepflege und Operateure. Das OP-System war die erste medizinische Anwendung in Erlangen, die klinikumsweit als eine einheitliche Software-Lösung flächendeckend eingesetzt wurde - ergänzt seit 2004 um die elektronischen Sprachaufzeichnung SpeaKing (Fa. MediaInterface Dresden) und seit Anfang 2005 um das Modul Cathmaster in der Medizinischen Klinik 2 (Kardiologie). Auch die Klinik für Anästhesiologie nutzt das OP-System für die OP-Koordination.

Zur Erfassung werden in den OP-Sälen sowohl spezielle den Hygienevorschriften genügende OP-PCs mit dem Betriebssystem Windows XP als auch Thin Clients über eine Windows Terminal-Server-Architektur mit Lastverteiler eingesetzt.

Ergebnisse

Im Zuge der Einführung des DRG-Systems müssen auch in den OP-Sälen die Ressourcen hinsichtlich Räume und Personal optimiert sowie die präoperativen Wartezeiten reduziert werden. Der erste Schritt war die Ablösung der handschriftlich erstellten OP-Anmeldungen und OP-Pläne durch das OP-Planungsmodul für Patienteneinbestellung und interdisziplinäre OP-Planung zusammen mit der Anästhesie. Hierfür waren Analysen und anschließende Optimierungen der intra- und perioperativen Workflows notwendig. Das OP-Planungsmodul stellt seit seiner Einführung die klinikumsübergreifende OP-Koordinations- und OP-Kommunikationszentrale zwischen den verschiedenen Fachbereichen dar.

Die OP-Dokumentation beinhaltet u. a. die Personal- und Pflegedokumentation inkl. Zählkontrolle, Chargen- und Implantate-Dokumentation, Röntgenbuch, OP-Buch sowie die Kodierung der operativen Diagnosen und Prozeduren. Weitere Motivationsfaktoren für die Operateure waren die Integration des Facharztkataloges der Bayerischen Ärztekammer sowie die schnelle Verfügbarkeit von Spezialauswertungen für die Forschung. Die Kodierung wird durch das integrierte System ID Diacos (Fa. ID Berlin) unterstützt, in dem auch „Hauskataloge“ revisionssicher eingebunden werden. Diagnosen und Prozeduren werden über die Erlanger Kommunikationsdrehscheibe (EKDS) elektronisch an das Patientenmanagementsystem IS-H [2] für die stationäre Abrechnung übermittelt. Auch das aufgrund des Infektionsschutzgesetzes (IFSG) eingerichtete Infektionserfassungssystem Hybase (Fa. Cymed) erhält Daten aus dem OP-System via EKDS. Darüber hinaus werden Daten aus dem OP-System täglich an das Data-Warehouse-System COGNOS geliefert, in dem systemübergreifend DRG-relevante Auswertungen durchgeführt werden.

Nach detaillierten Workflow-Analysen wurde eine im OP-System integrierte IT-gestützte OP-Berichtsschreibung umgesetzt: Das OP-Diktat wird mit Hilfe von SpeechMike Pro Eingabegeräten (Fa. Philips) im Anschluss an die Operation im direkten OP-Kontext innerhalb des OP-Systems aufgezeichnet - realisiert durch das System SpeaKING (Fa. MediaInterface Dresden). Analoge Diktatkassetten werden durch elektronische Sprachdokumente ersetzt und die Schreibbüros durch unmittelbaren Zugriff auf diese „digitalen Diktate“ unterstützt. Die Vermeidung des Verlustes von Diktat-Kassetten und die Optimierung des Workflows führte zu einer deutlich zeitnäheren Fertigstellung der OP-Berichte. Alternativ zum digitalen Diktat stehen dem Operateur für Standard-Operationen Textbausteine zur Verfügung, womit bereits im OP-Saal ein OP-Bericht erzeugt werden kann.

Mit Hilfe des Moduls MCC-QS setzen die operativen - und einige konservative - Abteilungen die Anforderungen an die externe Qualitätssicherung nach §§ 137, 135 SGB V erfolgreich um. Von Vorteil ist hierbei die Integration eines QS-Bogens in den Kontext „Operation“ oder „Kardiologische Untersuchung“. Aufgrund der drohenden Sanktionsgebühren ist derzeit jedes Klinikum angehalten, eine Qualitätssicherung durchzuführen.

Nach Einführung des Moduls Cathmaster in der Kardiologie konnten die Prozesse der Dokumentation, Leistungskommunikation und Qualitätssicherung durch die Umsetzung einer bidirektionalen Schnittstelle zwischen Dokumentationssystem und den Cathcor-Untersuchungsgeräten der Fa. Siemens erheblich vereinfacht werden.

Diskussion und Ausblick

Am Universitätsklinikum Erlangen hat sich das OP-System unter Einbezug aller prä- sowie intra- und perioperativen Aspekte zu einem unverzichtbaren Arbeitsmittel etabliert. Die Unterstützung des Workflows bei der OP-Berichtschreibung und die digitale Sprachaufzeichnung führten zu einer deutlich schnelleren Fertigstellung der OP-Berichte.

Die Umsetzung der technisch aufwändigen elektronischen Leistungskommunikation mit der Kontrolle der Kommunikationsprozesse sowie der Durchführung von Plausibilitätsprüfungen über die Erlanger Kommunikationsdrehscheibe stellt die Übergabe der Leistungsdaten zum SAP IS-H System sicher. Fehleingaben bei der Dokumentation – teilweise hervorgerufen durch eine ablehnende Haltung mancher Ärzte gegenüber Abrechnungsfragen – können auch eine falsche Abrechung des Patientenfalles im IS-H System verursachen. Die einzige Möglichkeit zu ändernde Daten nach abgeschlossener Leistungskommunikation in beiden Systemen konsistent zu halten, ist eine manuelle Korrektur sowohl im OP-System als auch im IS-H System, in dem zusätzlich der betriebswirtschaftliche Prozess einer „Storno-Neuberechnung“ manuell initiiert werden muss.

Somit resultiert aus dem Kontext der DRG-basierten Abrechnung künftig eine viel engere Verzahnung der medizinischen und betriebswirtschaftlichen Prozesse, so dass sich entweder die Forderung nach einer noch engeren und vor allem bidirektionalen Kommunikation zwischen medizinisch und betriebswirtschaftlich orientierten IT-Systemen oder die Forderung eines voll integrierten medizinischen und betriebswirtschaftlichen IT-Systems ergibt.


Literatur

1.
Pálffy P, Oschem M, Wentz B. Einführung eines klinikumsweiten OP-Dokumentationssytems im Universitätsklinikum Erlangen-Nürnberg. In: Abstract Volume GMDS 1999, Heidelberg 1999: 324-325.
2.
Wentz B, Kraska D, Seggewies C, Bell R, Seibold H. The Erlangen university hospital communication hub - proprietary and standardised communication. Medinfo 1998 Vol 9 Pt 2: 995-998