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50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie (dae)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie

12. bis 15.09.2005, Freiburg im Breisgau

EDV-gestützte Mehrfachnutzung von Informationen für Qualitätssicherung, Routine-Dokumentation und Forschung

Meeting Abstract

  • Rainer Kaluscha - Forschungsinstitut für Rehabilitationsmedizin an der Universität Ulm, Bad Wurzach
  • Andreas van Egmond-Fröhlich - Kinder-Reha-Klinik Am Nicolausholz, Bad Kösen
  • Eckart Jacobi - Forschungsinstitut für Rehabilitationsmedizin an der Universität Ulm, Bad

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. Freiburg im Breisgau, 12.-15.09.2005. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2005. Doc05gmds391

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/meetings/gmds2005/05gmds368.shtml

Published: September 8, 2005

© 2005 Kaluscha et al.
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Text

Einleitung und Fragestellung

Im klinischen Alltag stellt auch ein kleiner zusätzlicher Arbeitsaufwand bereits ein großes Hindernis für die Datensammlung für Forschung oder Qualitätssicherung dar. In der Kinder-Reha-Klinik Bad Kösen wurde daher ein Ansatz entwickelt, der gleichzeitig einen gemeinsamen indikationsabhängigen Mindeststandard für die Anamnese und Aufnahmeuntersuchung definiert, die Erstellung von Entlassungsberichten erleichtert, und Informationen für Qualitätssicherung und Forschung liefert.

Material und Methoden

Das Ärzteteam der Klinik definierte im Rahmen der Qualitätssicherung die zu erhebenden Angaben und die durchzuführenden Untersuchungen in Abhängigkeit von Diagnosen, Alter und Geschlecht. Hieraus wurden mithilfe der MS Word Forms-Funktion Vorlagentexte mit Formularfeldern kreiert. Die Steuerungsinformation bei welchen Indikationen, Altersgruppen, Patienten mit vs. ohne Begleitperson und Berufsgruppen (Ärzte vs. Psychosoziales) der jeweilige Textabschnitt aufgerufen werden soll, ist unsichtbar in Form von Textmarken hinterlegt.

Das in der Klinik eingesetzte Informationssystem HISys erlaubt die Erfassung der freien Texte der Entlassungsberichte mittels MS Word. Vor der Übergabe der Kontrolle an MS Word schreibt es Informationen zum aktuellen Patienten in eine Übergabedatei festen Namens, u.a. Fallnr., Name, Geschlecht, Geburtsdatum und Diagnosen, sowie den Gliederungspunkt des Entlassungsberichtes, aus dem der Aufruf erfolgt.

Bei Übergabe der Kontrolle an die Textverarbeitung, wird dann ein Word-Basic-Makro (NicoMak) gestartet, das diese Informationen auswertet und für diesen Patienten geeignete Eingabeformulare und Alternativen darbietet (Abbildung 1 [Abb. 1]). So sind z.B. bei an Asthma erkrankten Jugendlichen respiratorische Symptome und Allergien zu erheben, während bei an Adipositas leidenden Kindern die Bewegungs- und Fernsehgewohnheiten erfragt werden.

Die in den Vorlagentext eingebetteten Formularfelder haben den spezifischen Anforderungen gemäß verschiedene Typen. Textformularfelder erlauben die Eingabe einer numerische Größe, eines Datums oder eines freien Textes und erlauben auch Defaultwerte.

Aus den eingegeben Daten werden verschiedene Berechnungen (z.B. Berechnung des Körpermassenindex, Perzentilen, Standardabweichungsscores, Fettmasse, Schweregradkategorien, erwarteter Energieverbrauch, SCORAD, Schilddrüsenvolumen) automatisch während der Eingabe durchgeführt. Dropdown-Formularfelder erlauben dem Anwender die Auswahl aus vordefinierten Kategorien, also verschiedenen kurzen Textabschnitten (multiple choice). Wörter mit jeweils voranstehenden Kontrollkästchen-Formularfeldern erlauben es, Auflistungen zusammenstellen zu lassen. Allen Formfeldern, die für Qualitätssicherungs- und Forschungszwecke relevant erschienen, ist ein Variablenname als Textmarke zugeordnet. Diese Name-Wert-Paare werden unter Angabe der Fallnr., des Eingabedatums und des Datentyps der Variablen zunächst in eine temporäre Datei geschrieben und später mittels eines Perl-Skripts in die Oracle-Datenbank des Klinikinformationssystems überführt.

Nun sind diese Name-Wert-Paare für die Auswertung mittels Statistiksoftware schlecht geeignet, da diese üblicherweise die Angaben zu einem Patienten in den Spalten eines Datensatzes erwarten. Daher wird beim Import der Name-Wert-Paare sukzessiv eine Tabelle mit dynamisch wachsender Spaltenzahl aufgebaut. Das Import-Skript fügt zunächst - falls noch nicht vorhanden - einen Datensatz mit der Fallnr. ein. Dann prüft es, ob es zu einer gegebenen Variable schon eine Spalte gleichen Namens gibt - wenn nicht, wird mittels einer SQL-Anweisung ("alter table") die Tabelle um diese neue Spalte ergänzt, wobei der in der temporären Datei hinterlegte Variablentyp übernommen wird. Nun kann der Wert aus dem Name-Wert-Paar im Datensatz des Patienten gespeichert werden. Dieses Verfahren stellt zwar gewisse Anforderungen an das Datenbanksystem, erspart den Anwendern aber Zeit und Kosten für Anpassungen am Import-Skript, wenn neue Variable benötigt werden. So können die Anwender selbst bei neuen Dokumentations- oder Qualitätssicherungsanforderungen oder wissenschaftlichen Fragestellungen neue Variablen hinzufügen, indem sie die Vorlagen um weitere Formularfelder in Lückentexten ergänzen. Dies trägt entscheidend zur Akzeptanz bei den Anwendern bei.

Mittels Datenbank-Views können die so gewonnenen Daten noch mit weiteren Informationen des Klinikinformationssystems, z.B. Laborwerte, verknüpft werden und dann einfach über eine ODBC-Schnittstelle in Statistiksoftware übernommen werden.

Ergebnisse

NicoMak hat die Arztbriefschreibung (z.B. Anamneseerhebung, Befundung, Beurteilung und Empfehlungen) - wo nötig - standardisiert und damit zur Qualitätsverbesserung beigetragen.

Das System ist seit 3 Jahren im Routine-Einsatz. Für z.Z. 4.760 Fälle liegen Daten vor, wobei 275 Variablen verwendet werden.

Daraus erfolgt etwa automatisiert die Erstellung von Datensätzen für das externe Qualitätssicherungs- und Benchmarkprogramm für Kinder mit Adipositas "Adipositas-Patienten-Verlaufsdokumentation" (APV) der AG Adipositas im Kinder- und Jugendalter, die gemeinsam mit der AG computergestütztes Qualitätsmanagement in der Medizin an der Universität Ulm durchgeführt wird [1].

Medizinische Parameter für die multizentrische Studie ASRA konnten über das System erleichtert generiert werden. Auch einer Diplomarbeit und einer Dissertation zum Thema Adipositas kam das System zugute.

Nach der Anlernphase ist der Zeitaufwand gegenüber dem klassischen Diktat für die Stationsärzte in etwa unverändert, weil das Ausfüllen der Lückentexte und Drop-Down-Felder flüssig von der Hand geht und die automatisierten Berechnungen Zeit sparen. Das Schreibbüro (weniger Diktate) und die leitenden Ärzte (weniger Korrekturen) wurden entlastet. Dies trägt ebenso wie die Tatsache, dass die Vorlagentexte von einem Ärzteteam vor Ort erarbeitet wurden und im individuellen Bericht um freie Textpassagen ergänzt werden können, erheblich zur Akzeptanz bei.

Diskussion

Der Ansatz hat seine Praxistauglichkeit unter Beweis gestellt. Auf technischer Ebene ließen sich sicher elegantere Realisierungen, z.B. auf XML-Basis, finden. Ziel der Untersuchung war aber nicht die Entwicklung einer universell einsetzbaren technischen Lösung, sondern unter gegebenen Rahmenbedingungen ein sehr flexibles System in der Praxis wachsen zu lassen, dass einerseits die nötigen Daten für Qualitätssicherung und Forschung erhebt, andererseits aber keinen höheren Aufwand bei der Dokumentation verursacht bzw. sogar die Arbeit erleichtert.


Literatur

1.
Adipositas-Patienten-Verlaufsdokumentation: Dokumentationssystem der AG Adipositas im Kinder- und Jugendalter (Sprecher PD Dr. Wabitsch). Online: http://www.a-p-v.de/index.php (14.04.2005) External link