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50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie (dae)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie

12. bis 15.09.2005, Freiburg im Breisgau

Rechtliche Rahmenbedingungen für die klinische Forschung - Anforderungen der EU-Richtlinie 2001/20/EG und der 12. AMG-Novelle: Erfahrungen in der Implementierung

Meeting Abstract

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  • Burkhard Sträter - Anwaltskanzlei Sträter, Bonn

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. Freiburg im Breisgau, 12.-15.09.2005. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2005. Doc05gmds657

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/meetings/gmds2005/05gmds294.shtml

Published: September 8, 2005

© 2005 Sträter.
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Einleitung und Fragestellung

Durch die Richtlinie 2001/20/EG des Europäischen Parlamentes vom 04. April 2001 wurden für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union einheitliche Rahmenbedingungen für die Kontrolle und Durchführung klinischer Prüfungen gesetzt. Die Mitgliedstaaten waren verpflichtet, bis zum 01. Mai 2004 diese Vorgaben in nationale Regelungen umzusetzen. Der deutsche Gesetzgeber hat dies mit der 12. AMG-Novelle und der GCP-Verordnung – mit leichter Zeitverzögerung - vollzogen. Die Präsentation soll die wesentlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen für die klinische Forschung darstellen und die Erfahrungen im ersten Jahr der Implementierung analysieren.

Rechtliche Würdigung

Seit vielen Jahren bekannt sind die Grundsätze zur guten Durchführung klinischer Prüfung – GCP-Guidelines. Diese im ICH-Prozess harmonisierten Vorgaben sind in den USA und in Europa seit langem anerkannt. Sie befassen sich mit der Durchführung klinischer Prüfungen. Ferner sind seit langem bekannt die Arzneimittelprüfrichtlinien, die in der Europäischen Union harmonisiert sind und vom Wissenschaftlichen Ausschuss der Europäischen Zulassungsbehörde EMEA fortlaufend aktualisiert werden. Hier werden für spezifische Anwendungsgebiete die maßgeblichen Prüfparameter und sonstige Anforderungen für den Nachweis von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit festgelegt.

Was hat sich durch die Richtlinie 2001/20/EG geändert?

Diese Richtlinie macht nunmehr Vorgaben für die Genehmigung klinischer Prüfungen. Sie schreibt vor, dass die zuständigen Behörden der Mitgliedsstaaten Genehmigungsverfahren etablieren müssen. Ferner müssen Ethikkommissionen beteiligt werden, ohne deren positive Voten eine klinische Prüfung nicht begonnen werden darf.

Nach Beginn der klinischen Prüfung müssen Änderungen und Modifizierungen ebenfalls genehmigt werden, wenn sie wesentlich sind. Das Ende einer klinischen Prüfung ist anzuzeigen. Innerhalb vorgegebener Fristen ist ein Abschlussbericht zu erstellen.

Die Präsentation wird darlegen, welche Genehmigungsverfahren in Deutschland für das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte sowie für das Paul-Ehrlich-Institut etabliert wurden. Die Anforderungen an das Dossier und die Praxis der Bundesoberbehörden werden dargestellt. Von besonderer Bedeutung sind die Verfahren der Ethikkommissionen, der Ärztekammer und der medizinischen Hochschulen. Diese Kommissionen können künftig nicht mehr auf der Grundlage frei entwickelter Verfahren nach ethischen Maßstäben Studien bewerten. Das EG-Recht gibt vielmehr für Art und Umfang des Dossiers sowie Ablauf der Verfahren sehr spezifische Vorgaben. Eine besondere Herausforderung sind die Verfahren bei multizentrischen Studien. Hier sind mehrere Ethikkommissionen mit unterschiedlicher Aufgabenstellung zu beteiligen und die Verfahren zu koordinieren. Die federführende Ethikkommission soll den Prüfplan sowie die ethische und rechtliche Vertretbarkeit der Studie prüfen. Die lokalen Ethikkommissionen prüfen, ob die lokale Prüfstelle nach technischer und personeller Ausstattung in der Lage ist, dem Prüfprotokoll gemäß die Studie durchzuführen.

Der Start in der Umsetzung des neuen EG-Rechts ist gelungen. Die beteiligten Stellen in den Bundesoberbehörden arbeiten zügig und pragmatisch. Die Kooperation und der wissenschaftliche Dialog werden gesucht. Auch das Verfahren vor den Ethikkommissionen hat sich gut etabliert. Nach anfänglichem Zögern wird inzwischen das EG-einheitliche Dossier als Grundlage akzeptiert. Der Umfang regionaler Besonderheiten ist begrenzt.

Ein besonderes Problem ist die Erfassung von Risiken im Rahmen klinischer Prüfungen. Der Prüfarzt erfasst die Risiken und meldet sie an den Sponsor. Der Sponsor dokumentiert und meldet die schwerwiegenden und unerwarteten Ereignisse – seien es Nebenwirkungen des Arzneimittels oder Probleme aus dem Studiendesign – an die Bundesoberbehörden und die Ethikkommission. Unklar ist unverändert die Situation, wenn klinische Prüfungen mit zugelassenen Arzneimitteln durchgeführt werden. Der pharmazeutische Unternehmer unterliegt der Verpflichtung nach § 63 b AMG als Inhaber einer Zulassung und der Sponsor der Verpflichtung nach § 13 GCP. Die Frage ist ungeklärt, aus welchen Quellen gemeldet werden muss, nur aus der betroffenen Studie oder auch aus parallel laufenden Studien oder dem weltweiten Vertrieb. Der darauf resultierende Meldeumfang überfordert nicht selten die Ethikkommission und hat bereits zu heftigen Protesten geführt.

Für die universitäre Forschung ist von erheblicher Bedeutung, ob und in welchem Umfang die neuen Regelungen auch für Studien gelten, in denen pharmazeutische Unternehmen nicht als Sponsor agieren. Solche Studien haben unterschiedliche Bezeichnungen: Therapieoptimierungsstudien, Investigator Initiated Studies, nicht-kommerzielle Prüfungen. Die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen gelten eindeutig auch für diese Art der Forschung. Dies bedeutet, dass Universitäten oder Prüfärzte sich dem Genehmigungsverfahren stellen müssen. Die EG-Richtlinie sieht jedoch ausdrücklich vor, dass die Mitgliedsstaaten insoweit Erleichterungen für die nicht-kommerziellen Studien schaffen dürfen. Dies ist geschehen für die Kennzeichnung der Prüfpräparate, die Anforderungen an das Dossier bei zugelassenen Arzneimitteln, die Konfektionierung von klinischen Prüfmustern in Krankenhausapotheken und beim Import. Die Bundesoberbehörden gewähren Gebührenerlass und spezifische Beratung für universitäre Einrichtungen.

Ergebnis

Die rechtliche Implementierung der EG-rechtlichen Anforderungen ist abgeschlossen. Die Erfahrungen in der Umsetzung durch die Bundesoberbehörden und Ethikkommissionen sind zufrieden stellend. Die Verfahren werden rechtzeitig abgeschlossen, die Handhabung ist pragmatisch. Die Behörden suchen die Kooperation und den wissenschaftlichen Austausch. Das gleiche gilt im Grundsatz auch für die Arbeit der Ethikkommissionen, die inzwischen auch die europaweit harmonisierte Dossierstruktur akzeptieren.

Für die universitäre Forschung bei so genannten nicht-kommerziellen Studien sind die Neuregelungen grundsätzlich anwendbar. Bei Studien mit zugelassenen Arzneimitteln wurden spürbare Erleichterungen geschaffen. Es bleibt abzuwarten, ob diese auf Dauer ausreichend sind.

Die Regelung über die Meldung von unerwünschten und unerwarteten Ereignissen sind unklar und bedürfen dringend der Klarstellung.