gms | German Medical Science

49. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
19. Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Medizinische Informatik (SGMI)
Jahrestagung 2004 des Arbeitskreises Medizinische Informatik (ÖAKMI)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Schweizerische Gesellschaft für Medizinische Informatik (SGMI)

26. bis 30.09.2004, Innsbruck/Tirol

Epidemiologische Krebsregistrierung in Deutschland: Methoden, Stand und Ergebnisse

Meeting Abstract (gmds2004)

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  • corresponding author presenting/speaker Alexander Katalinic - Institut für Krebsepidemiologie e.V., Universität Lübeck, Lübeck, Deutschland
  • Joachim Bertz - Robert Koch-Institut, Berlin, Deutschland
  • Christa Stegmaier - Krebsregister Saarland, Saarbrücken, Deutschland

Kooperative Versorgung - Vernetzte Forschung - Ubiquitäre Information. 49. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 19. Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Medizinische Informatik (SGMI) und Jahrestagung 2004 des Arbeitskreises Medizinische Informatik (ÖAKMI) der Österreichischen Computer Gesellschaft (OCG) und der Österreichischen Gesellschaft für Biomedizinische Technik (ÖGBMT). Innsbruck, 26.-30.09.2004. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2004. Doc04gmds145

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Published: September 14, 2004

© 2004 Katalinic et al.
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Einleitung

Obwohl die epidemiologische Krebsregistrierung in Deutschland eine lange Tradition aufweisen kann, blieben weite Teile, was die bevölkerungsbezogene Krebsregistrierung betrifft, eine lange Zeit nur weiße Flecken auf der Landkarte.

Mit dem Inkrafttreten des Bundeskrebsregistergesetzes (KRG, 1995-1999) änderte sich diese Situation grundlegend. In allen Bundesländern sind jetzt epidemiologische Krebsregister auf gesetzlicher Grundlage, überwiegend mit flächendeckender Registrierung, eingerichtet.

Die Vollzähligkeit der Krebsregistrierung in Deutschland hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Neben dem Krebsregister Saarland können nun auch weitere Register einen hohen Erfassungsgrad für Krebs insgesamt aufweisen. Damit können die wesentlichen Aufgaben der Krebsregister wie Gesundheitsberichterstattung und Unterstützung der Krebsforschung immer besser wahrgenommen werden.

Methoden

Alle epidemiologischen deutschen Krebsregister arbeiten auf Basis eigener gesetzlicher Grundlagen (Landesgesetzte). Dabei kommt überwiegend das ursprünglich im KRG vorgeschlagene Registrierungsmodell mit Vertrauens- und Registerstelle zur Anwendung. Nur drei Register weisen (noch) eine zentrale Struktur auf (NRW, HH, BW). Für 11 der 16 Bundesländer existiert eine Meldepflicht für Krebs, wobei es Variationen mit und ohne Widerspruchsrecht für Erkrankte gibt. In den restlichen Ländern gibt es ein Melderecht für Krebserkrankungen. Die Tumordokumentation in den deutschen Registern selbst richtet nach den Vorgaben der IARC [1].

Die Vollzähligkeit der Krebsregistrierung wurde mittels log-linearer Modelle abgeschätzt [2]. Die Ergebnisse zur Krebsinzidenz sind als altersstandardisierte Inzidenzraten (Europastandard) pro 100.000 Personen dargestellt [3].

Stand der Krebsregistrierung in Deutschland

In allen Bundesländern wurden bis zum Jahr 2000 Krebsregister eingerichtet. Bis auf drei Bundesländer (BW, NRW, HE) werden Krebserkranken flächendeckend erfasst. Damit wird derzeit die Bevölkerung von ca. 60 Millionen Menschen in Deutschland (ca. 73%) abgedeckt.

Die Vollzähligkeit der Krebsregistrierung in Deutschland schwankt in Anhängigkeit vom Aufbaugrad des Registers regional noch stark (60-100%). Von einer vollzähligen Erfassung für alle Krebslokalisationen ist derzeit nur im Saarland auszugehen. Viele Register können aber schon für eine große Anzahl von Tumorarten (z.B. Brust, Mund- und Rachen, Speiseröhre) vollzählige Daten vorweisen.

Ergebnisse der Krebsregistrierung in Deutschland

Auf Basis der Daten der deutschen epidemiologischen Krebsregister schätzt die Dachdokumentation Krebs für das Diagnosejahr 2000 eine Zahl von 395.000 aufgetretenen Krebsneuerkrankungen (200.000 bei Männern, 195.000 bei Frauen) [3]. Die alterstandardisierte Inzidenz liegt bei 435,1/100.000 für Männer und 322,7/100.000 für Frauen,. Häufigste Tumorerkrankungen in Deutschland sind bei Männern das Prostatakarzinom (20,3%), Darm- (16,3%) und Lungenkrebs (15,9%). Bei Frauen kommt Brustkrebs (24,4%), gefolgt von Darm- (17,6%) und Lungenkrebs (5,4%) am häufigsten vor. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland bei Krebs insgesamt bei Männern an 3. und Frauen an 5. Stelle.

Diskussion

Die Krebsregistrierung in Deutschland hat sich in den letzten Jahren deutlich positiv entwickelt. Die meisten Krebsregister können jetzt ihre Aufgaben der Gesundheitsberichterstattung und der Unterstützung der Forschung immer besser erfüllen. Auch für Deutschland insgesamt nimmt die Vollzähligkeit der Krebsregistrierung immer weiter zu, sodass in Zukunft belastbarere Aussagen zur Krebsinzidenz in Deutschland möglich sein werden.

Trotz dieser sehr positiven Entwicklung existieren immer noch Defizite, die im Wesentlichen auf die Heterogenität und die fehlende Kompatibilität der deutschen Landeskrebsregistergesetze untereinander zurückzuführen sind.

Nachdem der Fokus der Krebsregistrierung bisher auf den Aufbau aussagekräftiger Krebsregister gelegt wurde, gilt es nun, den Schwerpunkt auf die Nutzbarkeit der Daten zu erweitern. Die Daten sind z.B. zur Ursachenforschung und Evaluation von Früherkennungsmaßnahmen verwendbar. Wissenschaftler aus den Bereichen der Krebsepidemiologie, des Public Health und der Versorgungsforschung sind aufgerufen, die Daten der Krebsregister für Forschungs- oder Evaluationsprojekte intensiv zu nutzen.


Literatur

1.
Parkin DM, Chen VE, Ferlay J, Galceran J., Storm HH, Whelan SL. Comparability and Quality Control in Cancer Registration. Lyon: IARC; 1994.
2.
Haberland J, Schön D, Bertz J, Görsch B. Vollzähligkeitsschätzungen von Krebsregisterdaten in Deutschland. Bundesgesundheitsbl 2003; 46(9):770-774.
3.
Arbeitsgemeinschaft bevölkerungsbezogener Krebsregister in Deutschland. Krebs in Deutschland. 4. überarbeitete, aktualisierte Ausgabe, Saarbrücken; 2004