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Auswahlgespräche an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) – gibt es ein Geschlechter-Bias?
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Published: | September 26, 2011 |
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Fragestellung: Die Zunahme von Frauen in der Medizin wird als „Feminisierung“ derselben kontrovers diskutiert [1], [2]. Vereinzelt ist bereits der Ruf nach einer stärkeren Berücksichtigung männlicher Bewerber bei der Zulassung zum Medizinstudium vernehmbar [3], [4]. Die MHH wählt 60% der Studierenden durch ein zusätzliches Auswahlgespräch aus. Die Auswahlkommissionen setzen sich zu 2/3 aus Professoren zusammen, die das Studium zu einem Zeitpunkt absolviert haben, als von Feminisierung der Medizin noch keine Rede sein konnte. Es stellt sich daher die Frage, ob das Auswahlverfahren unterschwellig einem Geschlechter-Bias unterliegt.
Methoden: Für die in den Auswahlgesprächen erzielten Punkte wird mittels MANOVA untersucht, ob das Geschlecht einen signifikanten Einfluss auf die Erlangung eines Studienplatzes hat. In einem weiteren Schritt wird ausgehend vom Modell gleicher Erfolgswahrscheinlichkeiten [5] analysiert, ob das Auswahlverfahren bezogen auf das Geschlecht als fair bezeichnet werden kann.
Ergebnisse: Die Analyse zeigt, dass trotz der Tendenz zu einer besseren Bewertung männlicher Teilnehmer kein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen dem Geschlecht und den erzielten Punkten feststellbar ist.
Eine Überzahl an Bewerberinnen spiegelt sich bei den Immatrikulationen wider: ca. 2/3 der Ausgewählten sind weiblich. Erste Ergebnisse bezüglich der Fairness belegen, dass bezüglich des Studienerfolgs kein Unterschied bezogen auf das Geschlecht festgestellt werden kann.
Schlussfolgerung: Trotz der Problematisierung einer „Feminisierung der Medizin“ scheint es in den Auswahlgesprächen kein Geschlechter-Bias zu geben. Das ist insofern ein zufriedenstellendes Ergebnis, als dass die Auswahlgespräche die motiviertesten/ geeignetsten Bewerber/-innen für das Medizinstudium an der MHH auswählen sollen und bislang kein Zusammenhang zwischen diesen Eigenschaften und dem Geschlecht nachgewiesen werden konnte.
Die Analyse der Erfolgswahrscheinlichkeiten im Studium legt zudem den Schluss nahe, dass das Verfahren fair ist.
Literatur
- 1.
- Bühren A. Ärztinnen. Mehr als nur Lückenbüßerinnen. Dtsch Arztebl. 2009;106(42):A2052.
- 2.
- Riecher A, von Gunten A, Landmann R. Genderspezifische Nachwuchsförderung in der Medizin: eine „Roadmap“. ARS MEDICI. 2009;3:99-101.
- 3.
- Heitmann J. Hartmannbund fordert Umdenken im Medizinbetrieb. Hannover Allg Z; 2011.
- 4.
- Moore W. BMA negotiator calls for more male medical students. BMJ. 2002;324(7340):754. DOI: 10.1136/bmj.324.7340.754/b
- 5.
- Trost G, Blum F, Fay E, Klieme E, Maichle U, Meyer M, Nauels H. Evaluation des Tests für medizinische Studiengänge (TMS): Synopse der Ergebnisse. Bonn: Inst. für Test- und Begabungsforschung; 1998.