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Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

08.10. - 10.10.2009, Freiburg

Studentische Selbsteinschätzung medizinischer Kompetenzen: Kann man ihr trauen?

Students' Self-Assessment of Competencies: Can we rely on it?

Vortrag

  • corresponding author Johannes Forster - St. Josefskrankenhaus, Freiburg, Deutschland
  • author Silke Biller - Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Studiendekanat Medizin, Freiburg, Deutschland
  • author Götz Fabry - Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Medizinische Psychologie, Freiburg, Deutschland
  • author Marianne Giesler - Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Studiendekanat Medizin, Freiburg, Deutschland

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung - GMA. Freiburg im Breisgau, 08.-10.10.2009. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2009. Doc09gmaT2V026

doi: 10.3205/09gma026, urn:nbn:de:0183-09gma0267

Published: September 2, 2009

© 2009 Forster et al.
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Text

Hintergrund und Fragestellung: Die Validität von Selbstbeurteilungen zur Evaluation komplexer Lernziele, z. B. zur näherungsweisen Beurteilung von Kompetenzen, ist umstritten. Da andererseits eine Fremdbeurteilung von Kompetenzen mit erheblichem Aufwand verbunden ist, stellt sich die Frage, ob Selbstbeurteilungen zumindest für Gruppenvergleiche oder zur Verlaufsbeurteilung eingesetzt werden können. Ziel dieser Querschnittsstudie war, Hinweise zu finden, ob eine solche Verwendung von Selbstbeurteilungen valide Ergebnisse erbringen kann.

Methoden: Der „Freiburger Fragebogen zur Erfassung von Kompetenzen in der Medizin“ (FKM) wurde von über 600 Studierenden des 1., 2., 3. und 4. Studienjahrs beantwortet. Dabei sollten sie insbesondere ihr Kompetenzniveau in sieben medizinischen Kernkompetenzen (z.B. Fachbezogene Kompetenz, Teamkompetenz, Management-Kompetenz) einschätzen. Es wurden Mittelwertsvergleiche mit Hilfe von einfaktoriellen Varianzanalysen durchgeführt.

Ergebnisse: Studierende vor dem 1. Examen schätzten ihre Kompetenz niedriger ein als ihre Kommilitonen in den klinischen Semestern. Die Mittelwerte für die Einschätzung der fachbezogenen Kompetenz (5-stufige Skala) für die Studienjahre 1 bis 4 sind: M1 = 1.9, M2 = 2.1, M3 = 2.6, M4 = 3.1. Weiterhin schätzten Studierende mit Berufserfahrung im Gesundheitswesen ihr Kompetenzniveau in zwei Kompetenzbereichen höher ein als Studierende ohne jegliche Berufserfahrung oder mit Berufserfahrung außerhalb des Gesundheitswesens.

Diskussion: Die beobachteten Unterschiede in der Selbsteinschätzung wichtiger Kernkompetenzen entsprechen dem erwarteten Verlauf des Studienfortschritts. Als Indiz für die Validität könnte dieses Ergebnis allerdings nur dann gelten, wenn man unterstellt, dass die medizinische Ausbildung tatsächlich einen solchen Kompetenzzuwachs erwarten lässt. Dies erscheint angesichts der Realität des derzeitigen Studienalltags allerdings zumindest fraglich. In Übereinstimmung mit Ergebnissen aus anderen Studien könnten auch hier eher Selbsteinschätzungsfehler eine Rolle spielen und zwar dergestalt, dass die Tatsache, eine längere Studienzeit hinter sich gebracht zu haben oder einschlägige Berufserfahrung zu besitzen, zur Annahme größerer Kompetenz verleitet.

Schlussfolgerung: Die Validität von Selbstbeurteilungen bleibt weiterhin unsicher. Wirklichen Aufschluss darüber könnte nur der Vergleich mit zusätzlichen Indizien, z.B. aus Fremdbeurteilungen oder durch geeignete Prüfungsverfahren erbringen. Da ein Goldstandard zur Prüfung von Kompetenzen nicht existiert, kann die Validität der Selbsteinschätzung von Kompetenzen nur annähernd geprüft werden: Das Spektrum reicht von objektiv-reduktionistischen Verfahren, wie dem OSCE, bis zu subjektiv-ganzheitlichen wie der 360°-Evaluation. Auch das M2-Examen böte die Gelegenheit bei entsprechender Strukturierung.