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Forum Medizin 21, 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Paracelsus Medizinische Privatuniversität in Zusammenarbeit mit der Deutschen, Österreichischen und Südtiroler Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin

22.09. - 24.09.2011, Salzburg, Österreich

Ist eine Influenza-Surveillance aus hausärztlichen Routinedaten möglich?

Meeting Abstract

45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom162

doi: 10.3205/11fom162, urn:nbn:de:0183-11fom1624

Published: September 14, 2011

© 2011 Hauswaldt et al.
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Hintergrund: Europaweit sind Influenza-Surveilance-Systeme etabliert und effizient, die auf der Registrierung klinischer Erkrankungsfälle und stichprobenartiger Virusnachweise basieren.

Hausärzte dokumentieren tagesaktuell in ihrem Arztpraxisinformationssystem (AIS) Beratungsanlässe, (Verdachts-)diagnosen und ICD-10-Kodes.

Können AIS-Daten, die als Diagnosen auch Akute Respiratorische Erkrankungen (ARE) und Influenzaverdacht (influenza like illness, ILI) prinzipiell anzeigen, über die BDT-Schnittstelle tagesgenau extrahiert und für eine Surveillance zeitnah übertragen werden?

Material und Methoden: Routinedaten, gewonnen über die BDT-Schnittstelle [1], aus 131 Hausarztpraxen mit Aufzeichnungen aus mindestens 25 Kalenderwochen je 2001 und 2002 und mit mindestens 25 Patienten je Kalenderwoche, werden retrospektiv auf Häufigkeiten von Arzt-Patienten-Kontakten (APK), abgebildet aus Leistungsziffern (Gebührenordnungsnummern, BDT-Feld 5001) mit obligatem Arzt-Patienten-Kontakt, sowie auf niedergelegte Diagnosen für ARE und ILI aus ICD-10-Kodes (BDT-Felder 6001 und 3673) nach Leistungsquartal, Kalenderwoche und -tag untersucht.

Die BDT-Daten werden stichprobenartig visuell mit ihrer Quelle in den Primärdaten (AIS) verglichen.

Ergebnisse: Arzt-Patienten-Kontakte (APK) finden sich in der Stichprobe je Werktag, 2001 bis 2002, mit den erwarteten Schwankungen nach Jahreszeiten und innerhalb der Kalenderwoche (Abbildung 1 [Abb. 1]).

ICD-10-Kodes in ihrer werktäglichen Anzahl werden, neben der Schwankung innerhalb der Woche, in einer unerwarteten und eigentümlichen Verteilung gefunden, die streng quartalsgebunden ist, als sogenanntes „Sägezahnphänomen“ (Abbildung 2 [Abb. 2]).

Die stichprobenartige visuelle Gegenüberstellung der AIS-Primärdaten und ihrer Abbildung in den sekundären BDT-Daten sowie deren genaue Analyse lassen das „Sägezahnphänomen“ als Artefakt erkennen: nach dem impliziten Regelwerk der BDT-Schnittstelle werden Diagnosen und Bezeichnungen im Freitext (BDT-Feld 6205) zwar leistungstagsgenau, ICD-Kodes jedoch nur einmal im Quartal übertragen.

Schlussfolgerung/Implikation: Praxis- und Arzt-Patienten-Kontakte können über die BDT-Schnittstelle tagesgenau, Beratungsanlässe nach praktischen Gesichtspunkten nicht, sowie Diagnosen als ICD-10-Kodes lediglich quartalsweise extrahiert werden.

Die bereits 1994 definierte BDT-Schnittstelle sollte sowohl für die Kommunikation zwischen AIS als auch zur Sekundärdatengewinnung für Forschungszwecke ersetzt werden, z.B. durch ein konsentiertes Scientific Use File (SUF), um die Voraussetzungen für eine tagesgenaue Auswertung zu erfüllen.


Literatur

1.
Kersting M, Gierschmann A, Hauswaldt J, Hummers-Pradier E. Routinedaten aus hausärztlichen Arztinformations-systemen – Export, Analyse und Aufbereitung für die Versorgungsforschung. Gesundheitswesen. 2010;72:323-31.