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Barrieren bei der Rekrutierung von Patienten für eine Präventionsstudie in Hausarztpraxen (BMBF-Studie: ‚AeGE – Ältere gezielt erreichen: Effektivität und Kosteneffektivität von Zugangswegen am Beispiel des präventiven Hausbesuchs’)
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Published: | September 14, 2011 |
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Hintergrund: Die Rekrutierung von Patienten ist Voraussetzung für Studien in Hausarztpraxen, das Erreichen der notwendigen Fallzahlen oft schwierig. Im Rahmen einer BMBF-geförderten Studie (2008-11) wurden 2 Zugangswege (Krankenkasse, Hausarzt) für eine Präventionsmaßnahme im Alter (65+) erprobt und evaluiert. In 2 Interventionsregionen wurden AOK-versicherte Patienten in Hausarztpraxen angesprochen und gebeten, einen Kurzfragebogen zur Zielgruppenbestimmung zu beantworten. Ergab die Auswertung eine Zugehörigkeit des Patienten zur Zielgruppe, sollte der Arzt auf den "Präventiven Hausbesuch" hinweisen und Informationsmaterial aushändigen. Alle weiteren Schritte (Telefonkontakt, Hausbesuch) wurden von Mitarbeiterinnen der Krankenkasse durchgeführt. Die Anzahl der von den teilnehmenden Praxen (n=21) rekrutierten Patienten variierte stark (0-58 Patienten).
Material und Methoden: Bei der Praxenrekrutierung wurden die Gründe für die Absage einer generellen Teilnahme festgehalten. Nach Abschluss der Interventionsphase wurden MFAs (n=7) und Hausärzte (n=5) der teilnehmenden Praxen in leitfadengestützten Interviews zu ihren Erfahrungen mit der Studie befragt. Diese wurden verbatim transkribiert und inhaltsanalytisch ausgewertet [1].
Ergebnisse: DMP und Hausarztverträge haben für Praxen und Patienten zu mehr Bürokratie geführt. Dies, im Winter 2010 verstärkt durch die sog. ‚Schweinegrippe’, wirkte sich nachteilig auf die generelle Bereitschaft zur Teilnahme an der Studie aus und beeinflusste bei den Teilnahmepraxen auch den Erfolg der Rekrutierung. V.a. Praxen, die über einen hohen Organisationsgrad (geschulte, eigenverantwortlich arbeitende MFAs) verfügten, lösten die Frage der Identifizierung der Patienten gut: Sie erstellten vorab Listen ihrer AOK-Patienten über 65 J. und sprachen diese systematisch an. Andere sprachen die Patienten im laufenden Betrieb an, was weniger erfolgreich und teilweise selektiv war. Die dann erforderlichen Schritte (Fragebogen ausgeben, auswerten, bei Zielgruppenzugehörigkeit über das Programm informieren) waren leicht umzusetzen. Nachteilig wirkte sich neben organisatorischen Barrieren (kein Raum frei, keine Lesebrille) aus Sicht der Praxen die Skepsis vieler Patienten gegenüber einem Programm der Krankenkasse aus. Sie waren oft nicht bereit, eine Einwilligung zu unterschreiben. War hingegen der Hausarzt von der Maßnahme überzeugt, konnte seine konkrete Empfehlung die Patienten oft zur Teilnahme motivieren.
Schlussfolgerung/Implikation: Versorgungsforschung steht in einem Spannungsfeld zwischen Forschungsinteresse und Praxisrealität. Strukturelle Schwierigkeiten (paralleler Start der Hausarztverträge, Grippewelle) waren nicht vorauszusehen und wirkten sich auf Teilnahmebereitschaft und -motivation sowohl bei Praxen als auch bei Patienten aus. Die seitens der Studie vorgesehenen Abläufe wurden als leicht umsetzbar bewertet. Bei der Identifizierung der Patienten durch die Praxen wären mehr Vorgaben erforderlich gewesen, um ein einheitlicheres Vorgehen zu erreichen und einen Selektionsbias zu vermindern.