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Forum Medizin 21, 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Paracelsus Medizinische Privatuniversität in Zusammenarbeit mit der Deutschen, Österreichischen und Südtiroler Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin

22.09. - 24.09.2011, Salzburg, Österreich

Spezifische, nicht- spezifische medikamentöse Therapie und Komorbidität von Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz in der Hausarztpraxis

Meeting Abstract

45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom144

doi: 10.3205/11fom144, urn:nbn:de:0183-11fom1443

Published: September 14, 2011

© 2011 Piccoliori et al.
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Text

Hintergrund: Die chronische Herzinsuffizienz stellt ein in den Industriestaaten ständig steigendes Problem der öffentlichen Gesundheit dar. Deren Behandlung ist durch Studien gut abgesichert und in Leitlinien dargelegt. Nur wenige Studien haben aber die Behandlungsrealität im Hausarztbereich untersucht. Fragestellung: Wie werden Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz in der Hausarztpraxis behandelt und welche Rolle spielen dabei chronische Begleiterkrankungen und deren Therapie.

Material und Methoden: 39 Hausärzte aus ganz Südtirol, die insgesamt eine Population von 67 256 Bürgern betreuten, dokumentierten über 12 Wochen alle Patienten mit bekannter chronischer Herzinsuffizienz in Bezug auf spezifische Therapie, Komorbidität und nicht spezifische pharmakologische Behandlung. Die Ergebnisse wurden zu Leitlinienvorgaben verglichen.

Ergebnisse: Es wurden 693 Patienten mit überwiegend (83%) NYHA II und III unter der Behandlung ein. Das Durchschnittliche Alter der Patienten betrug 75,1 Jahre. Die Patienten waren mehrheitlich multimorbide mit im Durchschnitt fast 3 weiteren chronischen Krankheiten. Die 3 häufigsten Komorbiditäten waren Hypertonie (66%), Vorhofflimmern (46%) und KHK (35%). Jeder Patient nahm im Durchschnitt 2,6 für die Herzinsuffizienz spezifische Medikamente (SD: 1) im engeren Sinne ein. ACE-Hemmer oder ATI-Antagonisten wurden von 81 % eingenommen, Diuretika von 77%, Betablocker von 51%, Sartane von 29%, Digitalis von 25,5, Antialdosteronika von 14%. Man fand dabei geschlechts-, alters- und komorbiditätsspezifische Unterschiede: Acehemmer wurden häufiger von Männern als von Frauen eingenommen, Betablocker häufiger von jüngeren Patienten und seltener bei COPD, Digitalis häufiger bei Vorhofflimmern. Die am häufigsten eingesetzten Moleküle bei den Ace-Hemmer waren Ramipril und Lisinopril, unter den Betablockern Bisoprolol und Carvedilol. Die Targetdosierung der Acehemmer wurde bei 46% und der Betablocker bei nur 17% der Patienten erreicht. Die Medianen der Tagesdosis betrugen bei Ramipril 5 mg und bei Lisinopril 20 mg, bei Bisoprolol 2,5 mg und bei Carvedilol 25 mg, bei Furosemid 25 mg und bei Spironolactone 37,5 mg. Unter den nicht spezifischen Medikamenten fand man die Vit.K-Antagonisten mit 38,5%, ASS mit 34,4% und Calcium-Antagonisten mit 25%. Statine wurden von 24%, Antidepressiva sowie orale Antidiabetika und Nitrate von mehr als 14% des Kollektivs eingenommen.

Tabelle 1 [Tab. 1], Tabelle 2 [Tab. 2], Tabelle 3 [Tab. 3]

Schlussfolgerung/Implikation: Der hohe Anteil an Patienten, die Ace-Hemmer oder AT1-Blocker (81%), Diuretika (79%) und vor allem Betablocker (51%) einnahmen, liefert uns das Bild einer zufriedenstellenden Adhärenz der laufenden Therapien an den Empfehlungen der Leitlinien. Nur eine Minderheit der Patienten erreichte aber die täglichen Targetdosierungen für Ace-Hemmer und Betablocker. Das höhere Alter und die hohe Komorbidität schränkten Auswahl der Medikamente und Dosierungen stark ein. Es stellt sich die Frage, ob bei solchen hochbetagten und polymorbiden Patienten die strikte Anwendung der Targetdosierungen wirklich vom Nutzen sein kann.


Literatur

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Dini L, Heintze C, Welke J et al. Leitliniengerechte Pharmakotherapie bei herzinsuffizienten Patienten – Gibt es Unterschiede der Behandlung durch Hausärzte in Einzelpraxen und in Medizinischen Versorgungszentren? Z. Evid Fortbild Qual Gesundhwesen (ZEFQ). 2010; 104:113–119.
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Cleland JG, Cohen-Solal A, Aguilar JC. Management of heart failure in primary care (the IMPROVEMENT of Heart Failure Programme): An international survey. Lancet 2002; 112:155-159; 360:1631-1639
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Ulf Dahlström. Frequent non-cardiac comorbidities in patients with chronic heart failure. The European Journal of Heart Failure. 2005;7:309-316.