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Psychopharmaka-Polymedikation bei Patienten mit Demenz in Pflegeheimen – Sekundärdatenanalyse in Deutschland, Österreich und den Niederlanden
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Published: | September 14, 2011 |
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Hintergrund: Die Zahl der Menschen, die an Demenz erkrankt sind, wird vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung von derzeit 900.000 Betroffenen in Deutschland weiter steigen. Bisher gibt es keine effektiven medikamentösen oder nicht-medikamentösen Behandlungskonzepte im Sinne einer Heilung oder Besserung. Aus diesem Grund kommt Konzepten der Versorgung mit dem Ziel einer Verbesserung des Wohlbefindens, der Lebensqualität und Gewährleistung der Würde der Demenzkranken ein besonders hoher Stellenwert zu. Herausfordernde Verhaltensweisen von Pflegeheimbewohnern (z.B. Herumwandern, Schreien, Aggressivität) werden von den betreuenden Ärzten häufig mit Psychopharmaka, insbesondere Neuroleptika behandelt. Sie sind wirksam, allerdings sind die Effekte begrenzt, und die Einnahme von Neuroleptika ist mit einer erhöhten Sterblichkeit dementer Bewohner assoziiert. Darüber hinaus kommen sedierende Antidepressiva sowie Tranquilizer zum Einsatz. Über die Verordnungsmuster von Psychopharmaka bei Demenzkranken in der stationären Altenpflege liegen bislang kaum Untersuchungen vor.
Material und Methoden: Sekundärdatenanalyse von Querschnittserhebungen in der stationären Altenpflege in Deutschland, Österreich und den Niederlanden bei rund 2.800 Bewohnern mit Demenz. Durchschnittsalter der erfassten Bewohner um 85 Jahre, 3/4–4/5 davon weiblich.
Ergebnisse: 55–77% der Pflegeheimbewohner mit Demenz bekommen Psychopharmaka; 37–60% der Bewohner werden Neuroleptika verabreicht. 6–18% der Demenzkranken erhalten drei oder mehr verschiedene Psychopharmaka, z.T. mehrere Neuroleptika nebeneinander. Die höchsten Verordnungszahlen finden sich sowohl in einzelnen deutschen als auch österreichischen Heimen. Bei den Antidepressiva ist Citalopram das am meisten eingesetzte, bei den Tranquilizern Lorazepam. In deutschen Pflegeheimen werden bei den Neuroleptika (in absteigender Häufigkeit) Melperon, Risperidon und Pipamperon bevorzugt, während es in Österreich Prothipendyl, Risperidon und Haloperidol sind.
Schlussfolgerung/Implikation: Trotz zunehmenden Wissens um begrenzten Nutzen und ausgeprägte Neben- und Wechselwirkungen von Psychopharmaka bei alten Menschen werden Bewohner mit Demenz in Pflegeheimen in den untersuchten Ländern in großem Umfang mit Neuroleptika, aber auch mit Antidepressiva und Tranquilizern behandelt. Dies dürfte Ausdruck fehlender anderer Strategien zum Umgang mit herausforderndem Verhalten oder mangelnder Bereitschaft zum Einsatz solcher Strategien sein. Effektive Ansätze zur Reduktion der Psychopharmaka-Polymedikation bei Patienten mit Demenz sind in deren Interesse dringend geboten.