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Forum Medizin 21, 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Paracelsus Medizinische Privatuniversität in Zusammenarbeit mit der Deutschen, Österreichischen und Südtiroler Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin

22.09. - 24.09.2011, Salzburg, Österreich

Wie eine allgemeinmedizinische Station im Albertinen-Krankenhaus in Hamburg die Patientenversorgung verbessert und der hausärztlichen Nachwuchsförderung dient

Meeting Abstract

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45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom092

doi: 10.3205/11fom092, urn:nbn:de:0183-11fom0928

Published: September 14, 2011

© 2011 Groening.
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Hintergrund: Die stationäre Akutversorgung steht vor einer Herausforderung: die Menschen werden älter, die Zahl der Notfallzuführungen steigt [1], Betten werden reduziert und die Fachabteilungen immer spezialisierter. Generalisten gibt es nicht mehr [2]. Damit stellt sich immer häufiger die Frage, wohin mit der wachsenden Anzahl überwiegend älterer Patienten, die keiner Fachabteilung eindeutig zuzuordnen sind und keiner hochtechnischen, aber dennoch einer stationären Behandlung von 2–3 Tagen bedürfen? In den Fachabteilungen sind diese Patienten ohne Diagnostik Fehlbelegungen (DRG) und mit Diagnostik überdiagnostiziert [3]. So werden sie oft gar nicht aufgenommen, zum Ärger der Patienten, Angehörigen und der Einweiser. Vor diesem Dilemma stand auch die allgemeinmedizinisch geleitete interdisziplinäre Notaufnahme des Albertinen-Krankenhaus in Hamburg. Deshalb wurde dort 2010 die allgemeinmedizinisch konzipierte und geleitete „interdisziplinäre Notfall und Kurzlieger Aufnahmestation INKA“ gegründet.

Ergebnisse: In der INKA ist die Berücksichtigung des Lebenskontext des Patienten und die frühzeitig im Konsens getroffene Behandlungsplanung die wesentliche Säule des Konzept. Das Abwägen des individuellen Behandlungspfades mit allen Beteiligten (Patient, Angehörige, Hausarzt, ggf. Pflegedienste) ist sehr aufwändig, zeitintensiv und setzt eine Kenntnis der Verhältnisse in der ambulanten hausärztlichen Versorgung voraus. Das kann ein Allgemeinmediziner, der selbst in der Praxis war, am besten. Nach anfänglicher Skepsis der anderen Fachabteilungen hat die INKA inzwischen deren volle Akzeptanz. Die INKA nimmt niemandem Patienten weg, sondern entlastet die Fachabteilungen und steigert die Gesamtfallzahl des Hauses. Das Konzept dient der besseren Patientenversorgung und ist wirtschaftlich, da die INKA keine Funktionsabteilung hat und mit niedrigem CMI kalkuliert. Unerwartet zeigte sich ein positiver Effekt in der Nachwuchsförderung: Der Leitende Arzt der INKA/ZNA ist Allgemeinmediziner und verfügt über eine Weiterbildungsermächtigung von 12 Monaten für den speziellen Teil der Weiterbildung. Die Präsens eines Allgemeinarztes in leitender Krankenhausfunktion führte dazu, dass zahlreiche Assistenzärzte aus verschiedenen Bereichen der Klinik erstmals eine Weiterbildung zum Allgemeinmediziner erwägen und tatsächlich auch einschlagen. Die ersten haben bereits die Facharztprüfung abgelegt. Es braucht in den Kliniken Allgemeinärzte als Vorbilder, um junge Kollegen zur Weiterbildung zum Allgemeinarzt zu ermutigen. Die INKA (und die ZNA) ermöglicht den Kollegen, als Allgemeinärzte in der Klinik tätig zu sein. Viele scheuen nach der Facharztprüfung die frühzeitige Niederlassung und entscheiden sich daher gegen den Allgemeinarzt.

Schlussfolgerung/Implikation: Eine Allgemeinmedizinische stationäre Versorgungseinheit verbessert die Patientenversorgung, spart Resourcen, erhöht die Fallzahl der Kliniken und dient der allgemeinmedizinischen Nachwuchsförderung. Sie erfüllt damit mehrere erklärte Ziele der Gesundheitspolitik [4], [5].


Literatur

1.
Schöpke T. DGINA Mitgliederbefragung 2010: Strukturparameter, Prozesse und Kennzahlen Zentraler Notaufnahmen an 43 Krankenhäusern Deutschlands im Jahr 2009. Deutsche Gesellschaft Interdisziplinäre Notfallaufnahme, Hrsg. Hamburg; 2010. Available from: http://www.dgina.de/pages/die-dgina/intern.php External link
2.
Siegmund-Schultze N. Interview mit Prof. Dr. med. Hendrik Lehnert, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM). Dtsch Arztebl. 2011;108(18):A-1004, B-828, C-828
3.
Korzilius H. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin: Hausarzt dringend gesucht. Dtsch Arztebl. 2010;107(40):A-1889, B-1661, C-1633
4.
Stumpf S, Raspe H. Lübecker Bürgerkonferenz: Über Priorisierung sprechen – insbesondere mit den Betroffenen. Dtsch Arztebl. 2011;108(7):A-316, B-260, C-260
5.
Hibbeler B. Ärztliche Versorgung alter Menschen: Reale Probleme und viel Polemik. Dtsch Arztebl. 2011;PP 10(Heft 2):68.