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Forum Medizin 21, 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Paracelsus Medizinische Privatuniversität in Zusammenarbeit mit der Deutschen, Österreichischen und Südtiroler Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin

22.09. - 24.09.2011, Salzburg, Österreich

Wiederfindung von 80 Krankheiten des Morbi-RSA in hausärztlichen Routinedaten – ICD-Kode oder Beratungsergebnis?

Meeting Abstract

45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom089

doi: 10.3205/11fom089, urn:nbn:de:0183-11fom0891

Published: September 14, 2011

© 2011 Hauswaldt et al.
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Text

Hintergrund: 80 ausgewählte Krankheiten als Grundlage des „morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs“ (Morbi-RSA) wurden mit 3.799 anzeigenden ICD-Kodes erstmals für das Ausgleichsjahr 2009 angewandt.

In der Ambulanten Versorgung wird beobachtete Morbidität der Versicherten fortlaufend pflichtig von allen Vertragsärzten, darunter Hausärzten, ICD-kodiert.

Die Untersuchung identifiziert in hausärztlichen Routinedaten ICD-Kodes, die Morbi-RSA-Krankheiten anzeigen, und differenziert anschließend ihre quartalsweise Häufigkeit und Verteilung nach Patienten- und Praxiseigenschaften. Die Abgrenzung „Chronische Krankheit“ des Morbi-RSA wird problematisiert, ebenso die Kodierung hausärztlicher Beratungsergebnisse.

Material und Methoden: 3,9 Mio. ICD-Kodes in Betreuungs- und Leistungsdaten von 362.356 GKV-Patienten zwischen 1996 und 2006, aus Arztpraxisinformationssystemen (AIS) von 145 Hausarztpraxen über die BDT-Schnittstelle gewonnen, [1] werden quartalsweise als anzeigend für 80 Morbi-RSA-Krankheiten sowie für das „M2Q“-Kriterium (mindestens zwei Quartale im Jahr) gekennzeichnet und mit Eigenschaften der Patienten (Alter, Geschlecht, Häufignutzerstatus, Multimorbidität) und Praxen (Einzel-/Gemeinschaftspraxis, Lage, Größe) verknüpft (Multivariate logistische Regression, 99% Konfidenzintervall).

Jährliche Häufigkeiten angezeigter Morbi-RSA-Krankheiten, ihre relative Häufigkeit (Ränge) untereinander und deren Veränderung zwischen 1996 bis 2006 werden dargestellt.

„Chronische Krankheit“ (M2Q-Kriterium) wird dem Begriff des „Chronisch Kranken“ (Gemeinsamer Bundesausschuss) anhand dieser Routinedaten gegenübergestellt.

Ergebnisse: 17,9 % der quartalsweisen ICD-Kode-Nennungen (709.158 von 3.970.782) in hausärztlichen Routinedaten zeigen eine der 80 Morbi-RSA-Krankheiten an.

Alle der 80 Morbi-RSA-Krankheiten werden von Hausärzten solcherart angezeigt, ihre Häufigkeiten und Ränge unterscheiden sich jedoch beträchtlich von den Grundlagendaten 2005/2006 des Bundesversicherungsamtes. Unter den führenden finden sich gleichbleibend (Hypertonie, Ischaemische Herzkrankheit, Diabetes mellitus), abnehmend (Herz-, Niereninsuffizienz) und zunehmend (Depression, Asthma bronchiale, Gastro-ösophageale Refluxkrankheit) häufige Krankheiten.

Eine Morbi-RSA-Krankheit wird von „chronisch“ nach dem M2Q-Kriterium mit steigendem Patientenalter stark zunehmend prädiziert, nicht jedoch von anderen Patienten- oder Praxiseigenschaften.

Schlussfolgerung/Implikation: Hausärzte, etwa die Hälfte der ambulanten Versorger, sehen und kodieren einen spezifischen Ausschnitt der Versichertenmorbidität.

Die Abbildung hausärztlicher Beratungsergebnisse in ICD-Kodes ist problematisch, damit auch deren alleinige Zugrundelegung für einen morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich.

Um „chronisch Kranke“ zu identifizieren, ist das M2Q-Kriterium möglicherweise weniger geeignet als die Abgrenzung nach der Chroniker-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses, weil es das Patientenalter als „hidden confounder“ enthält.

Tabelle 1 [Tab. 1], Abbildung 1 [Abb. 1], Abbildung 2 [Abb. 2].


Literatur

1.
Kersting M, Gierschmann A, Hauswaldt J, Hummers-Pradier E. Routinedaten aus hausärztlichen Arztinformationssystemen - Export, Analyse und Aufbereitung für die Versorgungsforschung. Gesundheitswesen. 2010;72:323-31.