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Inwieweit wird die tägliche Praxis durch die vorhandenen Leitlinien informiert? Ergebnisse einer Querschnitts-Studie
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Published: | September 14, 2011 |
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Hintergrund: Leitlinien und deren Implementierung stehen in den letzten Jahren (wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß) im Zentrum des Interesses der Akteure im Gesundheitswesen. Nicht zuletzt wegen der Verankerung leitlinienorientierter Versorgung im SGB V im Jahr 2001 und dem Nachweis der Verbesserung der medizinischen Versorgung durch Leitlinienorientierung wächst das Angebot evidenzbasierter Leitlinien enorm. Erstellte Leitlinien werden durch die jeweiligen Fachgesellschaften, auch unter reger Beteiligung der DEGAM, auf der Seite der AWMF zugänglich gemacht. Ziel eines Pilot-Projektes war es, die vorhandenen Leitlinien mit den vorkommenden Krankheitsbildern der täglichen Praxis zu vergleichen.
Material und Methoden: Die Studie wurde in 2 Gemeinschaftspraxen mit insgesamt 11 Ärzten durchgeführt. Man beschränkte sich aus Gründen der Validität auf extern bestätigte Diagnosen und aus Gründen der Machbarkeit auf eine zuvor spezifizierte Subgruppe: Im ersten Schritt wurden im ersten Quartal 2009 alle eingehenden Arztbriefe gesammelt, und aus denen von Fachärzten (und Spezialisten) der Inneren Medizin, Orthopädie und Urologie wurden alle gesicherten, aktuellen Diagnosen nach ICD-10-GM auf 5 Stellen codiert und qualitativ und quantitativ erfasst.
Im zweiten Schritt wurden zu den entsprechenden Diagnosen (mittels der AWMF-Suchfunktion und Überprüfung der Internetseiten der jeweiligen Fachgesellschaften) aktuelle Leitlinien mit Therapievorschlägen gesucht und bewertet. Dem Resultat entsprechend wurde jeder ICD-10-Diagnose eines der Merkmale „keine Leitlinie vorhanden“, „Leitlinie angemeldet“, sowie „S1-“, „S2-“ und „S3-Leitlinie vorhanden“ zugeordnet und mit der Häufigkeit der Diagnosen gewichtet. Die Bewertung des Entwicklungsgrads der Leitlinie erfolgte gemäß der Einstufung der AWMF (Stand 30.04.09).
Ergebnisse: Im ersten Quartal 2009 wurden 6426 Patienten in den beiden Praxen behandelt, wovon 715 Patienten mit 880 Facharztbefunden aus Innerer Medizin, Urologie und Orthopädie (ca. 55% aller Facharztbefunde) in die Studie aufgenommen wurden. Zu diesen Patienten konnten 2108 Diagnosen ermittelt werden. Leitlinien existierten für 56,9% aller Diagnosen (13,5% S1-Leitlinien, 11,4% S2-Leitlinien und 32,0% S3-Leitlinien). Zu 35,8% der Diagnosen konnte keine Leitlinie gefunden werden, zu 7,3% waren Leitlinien angemeldet. Eine Subgruppenanalyse nach Diagnosen verschiedener Fachbereiche zeigte, dass Leitlinien zu 90,5% der kardiovaskulären Diagnosen (n=537) und zu 35,2% der den Bewegungsapparat betreffenden Diagnosen (n=425) existierten.
Schlussfolgerung/Implikation: Die Ergebnisse dieser deskriptiven Pilot-Studie am Beispiel einer Subgruppe der überwiesenen Patienten zeigen, dass das existierende Leitlinienangebot nur teilweise die tägliche Praxis informiert und dabei bestimmte Indikationen stärker als andere repräsentiert zu sein scheinen. Implikationen für die SLK der DEGAM und Folgeuntersuchungen können diskutiert werden.