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EbM zwischen Best Practice und inflationärem Gebrauch
16. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

13.03. - 14.03.2015, Berlin

Screening auf asymptomatische Bakteriurie bei Schwangeren – ist die aktuelle Praxis noch zeitgemäß?

Meeting Abstract

  • corresponding author presenting/speaker Konstanze Angelescu - Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Köln, Deutschland
  • author Barbara Nußbaumer - Donau-Universität Krems, Department für Evidenzbasierte Medizin und Klinische Epidemiologie, Krems, Österreich
  • author Fülöp Scheibler - Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Köln, Deutschland
  • author Wiebke Sieben - Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Köln, Deutschland

EbM zwischen Best Practice und inflationärem Gebrauch. 16. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Berlin, 13.-14.03.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15ebmP11d

doi: 10.3205/15ebm092, urn:nbn:de:0183-15ebm0924

Published: March 3, 2015

© 2015 Angelescu et al.
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Text

Hintergrund und Fragestellung: Asymptomatische Bakteriurie (ASB) bezeichnet das Vorhandensein von Bakterien im Urin ohne Symptome eines Harnwegsinfekts. Schwangere mit ASB gelten aufgrund möglicher Komplikationen für Mutter und Kind als behandlungsbedürftig. International wird daher ein ASB-Screening bei Schwangeren befürwortet. Ziel des systematischen Reviews war die Bewertung des patientenrelevanten Nutzens und Schadens eines Screenings auf ASB in der Schwangerschaft anhand von 3 Teilzielen. Ziel A bestand in der Bewertung von Nutzen und Schaden eines ASB-Screenings im Vergleich zu keinem ASB-Screening bei Schwangeren. Sollte die Datenbasis zur Bewertung nicht ausreichen, sollte in Ziel B alternativ der Nutzen und Schaden einer Therapie der ASB im Vergleich zu keiner Behandlung bei Schwangeren untersucht werden. Bei vorhandenem Nutzen sollte in Ziel C untersucht werden, welcher Test die höchste Testgüte aufweist.

Methoden: Die systematische Suche erfolgte in bibliografischen Datenbanken, Studienregistern und weiteren Quellen (bis 02/2014). Für Ziele A und B wurden RCTs und ggf. prospektive, nicht-randomisierte Interventionsstudien mit zeitlich parallelen Kontrollgruppen und adäquater Berücksichtigung ggf. vorhandener Strukturungleichheit eingeschlossen. Für Ziel C sollten prospektive Kohortenstudien eingeschlossen werden. Das Verzerrungspotenzial (VzP) der Studien wurde bewertet, die Ergebnisse zu den relevanten Endpunkten dargestellt und ggf. meta-analytisch zusammengefasst.

Ergebnisse: Zu Ziel A konnten keine Studien, zu Ziel B 3 RCTs (Antibiotika vs. keine Therapie) mit hohem VzP aus den 1960er Jahren eingeschlossen werden. Es zeigte sich in je einer Studie eine statistisch signifikante Reduktion von Pyelonephritiden (OR=0,21, 95%-KI=[0,07; 0,59], p=0,002) und unteren Harnwegsinfekten (OR=0,1, 95%-KI=[0,03; 0,35], p<0,001) unter Antibiotikatherapie. Meta-Analysen konnten nicht durchgeführt werden. Die Übertragbarkeit auf den heutigen Versorgungskontext wurde als nicht gegeben, der Nutzen bezogen auf den heutigen Kontext daher als nicht belegt betrachtet. Ziel C wurde daher nicht bearbeitet.

Schlussfolgerung: Der Nutzen eines ASB-Screenings in der Schwangerschaft ist unklar. Der Nutzen einer Antibiotikatherapie der ASB bei Schwangeren ist nicht belegt, da die Datenlage keine Aussagen bezogen auf den heutigen Versorgungskontext zulässt. Die Reproduktion der Studienergebnisse aus den 1960er Jahren unter heutigen Bedingungen erscheint sinnvoll.