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EbM zwischen Best Practice und inflationärem Gebrauch
16. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

13.03. - 14.03.2015, Berlin

Kaiserschnitt: Mythos versus Evidenz

Meeting Abstract

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EbM zwischen Best Practice und inflationärem Gebrauch. 16. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Berlin, 13.-14.03.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15ebmD1e

doi: 10.3205/15ebm020, urn:nbn:de:0183-15ebm0206

Published: March 3, 2015

© 2015 Steckelberg et al.
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Hintergrund: Das Thema Geburt ist wie kaum ein anderes Thema von Mythen umgeben. In den Medien und auch in aktuell publizierten zumeist retrospektiven Studien werden der vaginalen Geburt vor allem positive Effekte zugeschrieben wohingegen der Kaiserschnitt kausal für die Entwicklung chronischer Erkrankungen wie z.B. Asthma verantwortlich gemacht wird. Randomisiert-kontrollierte Studien liegen jedoch nicht vor. Für die Erstellung einer evidenzbasierten Gesundheitsinformation wurde unter anderem untersucht, welche Auswirkungen die Geburtsmodi auf die Risiken des Kindes für Adipositas, Asthma, Atopie und Diabetes mellitus Typ 1 haben.

Methoden: Es wurden systematische Literaturrecherchen in den Datenbanken PubMed, PSYNDEX und PsycINFO durchgeführt, die Referenzlisten relevanter Arbeiten wurden gescreent. Wenn keine Evidenz aus randomisiert-kontrollierte Studien, Meta-Analysen und Systematische Übersichtsarbeiten vorlag, wurde auch nach prospektiven Kohortenstudien gesucht. Die methodische Qualität wurde mit AMSTAR, Risk of Bias und der SIGN Checkliste bewertet. Die Bewertung der gesamten Evidenz erfolgte nach GRADE. Es wurden nur hochwertige, prospektive Kohortenstudien berücksichtigt.

Ergebnisse: Von 3419 Treffern wurden 317 Volltexte eingesehen und 39 Studien eingeschlossen. Adipositas: In zwei Studien mit 30979 Kindern konnten nach 7 und 21 Jahren keine Zusammenhänge zwischen Geburtsmodus und Übergewicht gezeigt werden: OR 1.18 (95% CI 0.95 – 1.47) und OR 1.1 (95% CI: 0.8 – 1.5). Asthma: In 2 Studien mit 8938 Kindern konnte kein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen Geburtsmodus und Asthma gezeigt werden: OR 1.16 (95% CI 0.9 – 1.5), 0,2% vs. 0,5% p= 0.47. Atopie: In 2 Studien mit 15752 Kindern konnte kein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen Geburtsmodus und Atopie im Alter von 1, 2 und 7 Jahren gezeigt werden: OR 1.06 (95% CI 0.56 – 2.0), OR 1.21 (95% CI: 0.92 – 1.59) und OR 1.04 (95% CI 0.8 - 1.3). Zum Risiko an Diabetes mellitus Typ 1 zu erkranken können keine Aussagen getroffen werden, da keine Studien vorliegen, die Kinder mit Durchschnittsrisiko untersucht haben.

Schlussfolgerung: Die Berücksichtigung von Beobachtungsstudien in Gesundheitsinformationen stellt besondere Ansprüche an die kritische Bewertung der Originalarbeiten. Zudem ist die Kommunikation des damit verbundenen Verzerrungspotentials unerlässlich, wenn die Gesundheitsinformationen eine realistische Einschätzung der Folgen der beiden Geburtsmodi ermöglichen soll.