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Prävention zwischen Evidenz und Eminenz
15. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

13.03. - 15.03.2014, Halle (Saale)

Schwere kombinierte Immundefekte – Sind die Voraussetzungen für die Einführung eines Screenings erfüllt?

Meeting Abstract

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Prävention zwischen Evidenz und Eminenz. 15. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Halle, 13.-15.03.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. Doc14ebmC2a

doi: 10.3205/14ebm013, urn:nbn:de:0183-14ebm0131

Published: March 10, 2014

© 2014 Herrmann-Frank et al.
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Hintergrund: Die STIKO empfiehlt seit 2013 eine Rotavirus(RV)-Schluckimpfung für Säuglinge. Bei Säuglingen mit schwerem kombiniertem Immundefekt (SCID) sind gemäß STIKO orale RV-Lebendimpfstoffe kontraindiziert. Unter SCID werden verschiedene sehr seltene Krankheitsbilder zusammengefasst, denen eine angeborene schwere Störung des Immunsystems zugrunde liegt. Der Immundefekt hat bereits im Säuglingsalter eine generalisierte schwere Infektanfälligkeit zur Folge, die unbehandelt zum Tode führt. Aufgrund der Einführung der RV-Impfung stellt sich die Frage, ob in Deutschland ein Neugeborenenscreening auf SCID gerechtfertigt ist.

Methoden: Ziel dieser Untersuchung war es, auf Basis eines systematischen Reviews die verfügbare Evidenz zu den einzelnen Komponenten der Screeningkette zusammenzustellen und ggf. publizierte Sreeningmaßnahmen zu bewerten. Die Grundlage bildete ein Review zum Screening auf SCID, der für das UK NSC 2012 erstellt wurde (Bazian 2012 [1]).

Ergebnisse:

Kurative Therapie (allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation): Aus allen in Bazian 2012 eingeschlossenen Studien ergibt sich, dass die Überlebensrate bei Kindern, die im Vergleich früher transplantiert wurden, höher ist als bei Kindern in der „späten“ Transplantationsgruppe. Die Größe der Effekte schwankt in den Studien stark, in 2 Studien wurden sehr große Effekte (absolute Unterschiede in den Überlebensraten >40%) beschrieben.

Diagnostik: Eine PCR-basierte Diagnostik [2] erscheint ein aussichtsreicher diagnostischer Ansatz. Das Problem des Testverfahrens besteht jedoch darin, dass auch andere Erkrankungen mit T-Zell-Defizienz erfasst werden. Die Sensitivität ist sehr hoch (ca. 100%), die Spezifität liegt bei mindestens 92%. Der jedoch niedrige PPW von ca. 7% für SCID kann u.a. auf die Erkennung weiterer Erkrankungen mit T-Zell-Defizienz zurückgeführt werden.

Diskussion: Grundsätzlich erscheinen einzelne Schritte, insbesondere im diagnostischen Vorgehen, noch nicht so weit entwickelt, dass eine generelle Empfehlung für die Einführung eines flächendeckenden Screenings ausgesprochen werden kann. Nach hinreichender Klärung offener Fragen wäre eine Einführung dennoch denkbar. Die Einführung sollte allerdings nur unter qualitätsgesicherten Bedingungen erfolgen und sich an der Vorgehensweise einer klinischen Studie orientieren.


Literatur

1.
Screening for severe combined immunodeficiency. External review against programme criteria for the UK National Screening Committee (UK NSC). Version 3. Bazian Ltd.; June 2012.
2.
Borte S, et al. Blood. 2012;119 (11):2552-5.