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Entscheiden trotz Unsicherheit: 14. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

15.03. - 16.03.2013, Berlin

Haben Kinder, die mit Hilfe von künstlichen Befruchtungsmaßnahmen gezeugt wurden, ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko im Vergleich zu Kindern, die natürlich gezeugt wurden? Eine Metaanalyse

Meeting Abstract

Entscheiden trotz Unsicherheit. 14. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Berlin, 15.-16.03.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. Doc13ebmP94

doi: 10.3205/13ebm093, urn:nbn:de:0183-13ebm0933

Published: March 11, 2013

© 2013 Nolting et al.
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Hintergrund: Rund 1% aller Lebendgeburten des Jahres 2010 in Deutschland resultierten aus reproduktionsmedizinischen Maßnahmen. Studienergebnisse zu einem möglicherweise erhöhten Fehlbildungsrisiko für so gezeugte Kinder waren bislang inkonsistent. Daher führten wir einen systematischen Review mit Meta-Analyse durch, um zu bewerten, ob Kinder, die nach künstlicher Befruchtung geboren wurden, ein höheres Risiko für große Fehlbildungen haben als natürlich gezeugte Kinder.

Methoden: Wir führten eine systematische Literaturrecherche (ohne zeitliche Begrenzung) durch und identifizierten relevante Veröffentlichungen in englischer und deutscher Sprache. Es wurden nur Studien berücksichtigt, in denen ein Odds Ratio für große Fehlbildungen angegeben oder berechenbar war und die Daten zu Einlingen berichteten. Mit Hilfe der identifizierten Studien wurde sowohl ein gemeinsamer Schätzer für das Fehlbildungsrisiko durch künstliche Befruchtung ermittelt als auch in Sensitivitätsanalysen die Robustheit dieses Schätzers hinsichtlich relevanter Einflussfaktoren überprüft.

Ergebnisse: Die Recherche ergab 1.865 Treffer. Nach Überprüfung der Abstrakts wurden für 64 Publikationen die Volltexte gelesen; es verblieben 14 Studien für die Auswertung im Rahmen der Metaanalyse. Alle Studien waren prospektiv- oder retrospektiv-vergleichenden Kohortenstudien. Der gepoolte Effektschätzer für das Auftreten einer großen Fehlbildung lag im Random-Effects-Modell bei OR=1,54 (95% KI 1,33-1,78). Daneben wurden Sensitivitätsanalysen mit einem Teil der Studien durchgeführt, in denen nach Alter der Mutter gematcht wurde, die Daten totgeborener und abortierter Kinder berücksichtigt wurden oder in welchen die Fehlbildungserhebung durch einen Pädiater erfolgte. Auch in diesen Analysen ergaben sich statistisch signifikante Effektschätzer, die ein um mindestens 30% erhöhtes relatives Risiko für eine große Fehlbildung bei Kindern nach künstlicher Befruchtung im Vergleich zu natürlicher Zeugung bestätigen.

Schlussfolgerung: Erstmals wurde unter Berücksichtigung relevanter Einflussfaktoren auf die Prävalenz großer Fehlbildungen im Rahmen einer Metaanalyse aus bisher publizierten Studien eine statistisch signifikante Risikoerhöhung für große Fehlbildungen bei Kindern nach künstlicher Befruchtung ermittelt. Inwieweit diese auf die Anwendung der Befruchtungsmethoden selbst oder auf die zugrundeliegende Infertilität der Eltern zurückgeht bleibt weiterhin unklar.