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Entscheiden trotz Unsicherheit: 14. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

15.03. - 16.03.2013, Berlin

Entwicklung und Pilotierung einer Schulung für BetreuerInnen zu häufigen Gesundheitsentscheidungen bei Menschen mit Demenz – PRODECIDE (Proxy-decision-making)

Meeting Abstract

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  • corresponding author presenting/speaker Tanja Richter - Universität Hamburg, MIN-Fakultät, Gesundheitswissenschaften, Hamburg, Deutschland
  • author Anja Gerlach - Universität Hamburg, MIN-Fakultät, Gesundheitswissenschaften, Hamburg, Deutschland

Entscheiden trotz Unsicherheit. 14. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Berlin, 15.-16.03.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. Doc13ebmP77

doi: 10.3205/13ebm080, urn:nbn:de:0183-13ebm0804

Published: March 11, 2013

© 2013 Richter et al.
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Hintergrund und Fragestellung: In Deutschland wurden 2009 ca. 1,3 Millionen Menschen gesetzlich betreut [1]. Davon ca. 1/3 durch BerufsbetreuerInnen, der Rest durch Angehörige und andere Ehrenamtliche. In 65% der Erstbestellungen wurde auch der Aufgabenkreis Gesundheitssorge eingerichtet, Grund für die Bestellung war in 2005 in 20% eine Demenz. Dem gegenüber gibt es weder für ehrenamtliche noch für BerufsbetreuerInnen derzeit Ausbildungsvoraussetzungen. Der größte Teil hat keinerlei Vorbildung zu gesundheitsbezogenen Fragestellungen. Bei fortschreitender Demenz können Symptome wie sogenannte herausfordernde Verhaltensweisen, vermehrte Stürze, Unruhe oder die Ablehnung von Nahrung und/oder Flüssigkeit zu Entscheidungen im Rahmen der Gesundheitssorge führen. Hierzu gehören die Verordnung von Neuroleptika, die Frage nach freiheitseinschränkenden Maßnahmen (FEM) oder die Anlage einer percutanen Ernährungssonde (PEG). Für diese drei Entscheidungssituationen muss der Nutzen der Maßnahme in Frage gestellt oder den Risiken und Nebenwirkungen gegenüber gestellt werden. Verschreibungsraten von Neuroleptika in stationären Altenpflegeeinrichtungen liegen international zwischen 21% und 46% [2]. Es wird eine mäßige Wirksamkeit, aber bedeutsame Nebenwirkungen beschrieben. Für FEM werden Prävalenzen zwischen 2% und 70% berichtet [3], obwohl deren Anwendung fachliche und ethische Fragen aufwirft. Für die Anlage einer PEG werden Prävalenzraten von bis zu 34% für Menschen mit fortgeschrittener Demenz berichtet, obwohl es weder verlässliche Daten zur Frage der Lebensverlängerung noch zur Verbesserung der Lebensqualität gibt [4]. Ziel der Untersuchung ist die Verbesserung der Versorgung von Menschen mit Demenz durch Entwicklung und Pilotierung von Schulungsmodulen für BetreuerInnen zu Entscheidungen zu den Themen Neuroleptika, FEM und PEG.

Methoden: Die Entwicklung und Evaluation erfolgt in 3 Phasen: In Phase 1 werden in Einzelinterviews (n=36 Betreuer-Betroffenen-Tandems) Inhalte und Faktoren von Entscheidungsfindungsprozessen zu den beschriebenen Themen generiert. In Phase 2 werden auf Basis der Ergebnissen aus Phase 1 Schulungsmodule zu den drei Entscheidungssituationen entwickelt, in Fokusgruppen auf Verständlichkeit und Durchführbarkeit evaluiert und erste Schulungen durchgeführt. In Phase 3 wird in Einzelinterviews mit SchulungsteilnehmerInnen aus Phase 2 die Umsetzung der Schulungsinhalte im Praxisalltag exploriert.

Projektlaufzeit: 01.01.2012 – 30.06.2013, Förderung: Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V.


Literatur

1.
Amtliche Erhebungen des Bundesamtes für Justiz, der Sozialministerien der Bundesländer, der überörtlichen Betreuungsbehörden, der Bundesnotarkammer sowie des Statistischen Bundesamtes: Betreuungszahlen 2009. http://www.bundesanzeiger-verlag.de/ (Zugriff 18.11.2012) External link
2.
Mann E, Köpke S, Haastert B, Pitkala K, Meyer G. Psychotropic medication use among nursing home residents in Austria: a cross-sectional study. BMC Geriatr. 2009;9:18.
3.
Feng Z, Hirdes JP, Smith TF, Finne-Soveri H, Chi I, Du Pasquier JN, et al. Use of physical restraints and antipsychotic medications in nursing homes: a cross-national study. Int J Geriatr Psychiatry. 2009 Oct;24(10):1110-8.
4.
Sampson EL, Candy B, Jones L. Enteral tube feeding for older people with advanced dementia. Cochrane Database Syst Rev. 2009;(2):CD007209.