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Entscheiden trotz Unsicherheit: 14. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

15.03. - 16.03.2013, Berlin

Clinical Reasoning – ein Entscheidungskonzept für Hebammenstudierende

Meeting Abstract

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Entscheiden trotz Unsicherheit. 14. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Berlin, 15.-16.03.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. Doc13ebmP15

doi: 10.3205/13ebm042, urn:nbn:de:0183-13ebm0423

Published: March 11, 2013

© 2013 Schäfers et al.
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Der geburtshilfliche Alltag in Deutschland ist geprägt von zunehmenden Interventionsraten. Nicht immer lässt sich die gestellte Indikation für eine Intervention bei der nachträglichen Begutachtung des Falls aufrechterhalten. So konnte gezeigt werden, dass ein und dieselbe fetale Herztonverlaufskurve von einer Hebamme zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterschiedlich interpretiert wird [1]. Auch wird das Risikopotenzial eines Falls je nach institutionellem Hintergrund von Hebammen unterschiedlich bewertet [2], [3]. Nicht zuletzt weisen Studien auf einen Persönlichkeitsfaktor (physician factor) hin, der die Interventionsraten beeinflusst ohne dabei eine Verbesserung des geburtshilflichen Outcomes zu bewirken [4], [5].

Um dieser Problematik entgegen zu wirken wird im Studiengang Hebammenkunde der Hochschule für Gesundheit in Bochum das Konzept der hypothesengeleiteten Entscheidungsfindung (Clinical Reasoning) in die Fallorientierte Lehre integriert. Hebammenstudierende sollen sich der Bedeutung des „ersten Eindrucks“ ebenso wie der für eine Betreuung notwendige Formulierung diagnostischer Hypothesen bewusst werden. Die anschließende Priorisierung einer Hypothese, die in einer Intervention mündet, muss nicht nur wissenschaftlich, sondern auch in einem gemeinsamen Entscheidungsfindungsprozess mit der Frau/dem Paar von den Studentinnen begründet werden. Methoden wie Mind Map oder der Think aloud Ansatz helfen sowohl bei der Formulierung als auch der Priorisierung von Hypothesen. In begleitenden Skills-Lab Einheiten wird außerdem der Prozess der gemeinsamen Entscheidungsfindung geübt.

Mit der Fallbezogenen Lehre und der Hypothesengeleiteten Entscheidungsfindung, die auf ein komplexes Fallverstehen und eine Metakognition abzielen, weicht der primärqualifizierende Studiengang Hebammenkunde von der bisher üblichen Fächerbezogenen Lehre in der Hebammenausbildung ab. In einer Studie zum Konzept Clinical Reasoning (Beginn im Herbst 2013) soll deshalb die Auswirkung dieses Entscheidungskonzepts evaluiert werden. In der Präsentation wird beispielhaft dargestellt, wie das Konzept Clinical Reasoning ins Studium der Hebammenkunde integriert wird.


Literatur

1.
Devane D, Lalor J. Midwives' visual interpretation of intrapartum cardiotocographs: intra- and inter-observer agreement. J Adv Nurs. 2005;52(2):133-41.
2.
Mead MMP, Kornbrot D. The influence of maternity units' intrapartum intervention rates and midwives' risk perception for women suitable for midwifery-led care. Midwifery. 2004;20 (1):61-71.
3.
Mead M, Bogaerts A, Reyns M. Midwives' perception of the intrapartum risk of healthy nulliparae in spontaneous labour, in The Flanders, Belgium. Midwifery. 2007;23(4):361-71.
4.
Sandmire HF, DeMott RK. The Green Bay cesarean section study. IV. The physician factor as a determinant of cesarean birth rates for the large fetus. Am J Obstet Gynecol. 1996;174(5):1557-64.
5.
Allen RE, Hanson RWJ. Episiotomy in low-risk vaginal deliveries. J Am Board Fam Pract. 2005;18(1):8-12.