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Entwicklung einer krankheitsübergreifenden komplexen Intervention für multimorbide Patienten in der Hausarztpraxis
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Published: | March 5, 2012 |
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Hintergrund und Fragestellung: Praxisbasiertes Case Management (CM) wurde im Kontext der deutschen Primärversorgung für Einzelindikationen bereits erfolgreich erprobt. Ziel des Projektes war die Entwicklung eines indikationsübergreifenden CM, welches vermeidbare Hospitalisierungen reduziert. Dabei standen die Identifikation geeigneter Patienten sowie Kriterien der Umsetzbarkeit in der hausärztlichen Regelversorgung im Vordergrund der Untersuchung.
Material/Methoden: Basierend auf Theorie, Literaturrecherche (Phase I), und exploratorischen Studien (Phase II) wurde ein CM entwickelt [1]. Für Phase II wurden 10 teilnehmende Praxen der Hausarztzentrierten Versorgung der AOK Baden-Württemberg rekrutiert. In Einzelstudien wurden eine statistische Prädiktionssoftware für Hospitalisierungen (CSSG 0.6) sowie die Auswahl durch den Arzt als Modus zur Identifikation geeigneter Patienten für das CM verglichen. Die identifizierte Patientenpopulation wurde mit Hilfe eines Patientenfragebogens hinsichtlich Bedarf und eigener Ressourcen beschrieben (z.B. Adhärenz [MARS], Soziale Unterstüzung [FSozU]). Barrieren und Förderfaktoren für die Implementierung des CM in Hausarztpraxen wurden im Rahmen von Interviews mit 12 Hausärzten und Fokusgruppen mit 8 Medizinischen Fachangestellten (MFA) untersucht.
Ergebnisse: Die Routinedatenanalyse basierend auf einer retrospektiven Kohortenstudie von 6.026 Versicherten zeigte 471 exklusive Morbiditätsmuster, dabei weisen 1.407 multimorbide Hochrisikopatienten im Durchschnitt 7,8 (SD 3,1) Diagnosen auf. 80% der 15 häufigsten Muster zeigten „Depression“ oder „chronische Schmerzen“ als Begleiterkrankung [2]. Der Vergleich zwischen Software und Arztauswahl zeigte, dass Hausärzte zur Auswahl geeigneter Teilnehmer neben dem Risiko für Krankenhauseinweisungen auch ihre Teilnahmebereitschaft am Versorgungsmodell bewerteten [3]. Gemäß Arzteinschätzung waren maximal 40% von 103 Hospitalisierungen potentiell vermeidbar gewesen. Ärzte und MFA sehen Personal- bzw. Zeitmangel auch auf Seiten der MFA als wesentliche Barriere für eine erfolgreiche Implementierung von CM [4].
Schlussfolgerungen/Implikation: Die Ergebnisse zeigen, auf welchem Weg ein komplexes CM-Modell in Hausarztpraxen prinzipiell machbar ist. Evaluationsstudien müssen nun die Wirksamkeit des Modells untersuchen.
Literatur
- 1.
- Freund T, Wensing M, Mahler C, Gensichen J, Erler A, Beyer M, Gerlach FM, Szecsenyi J, Peters-Klimm F. Development of a primary care-based complex care management intervention for chronically ill patients at high risk for hospitalization: A study protocol. Implement Sci. 2010;70.
- 2.
- Freund T, Kunz CU, Ose D, Szecsenyi J, Peters-Klimm F. Patterns of multimorbidity in primary care patients at high risk of future hospitalization. Popul Health Manag. 2012 (in press).
- 3.
- Freund T, Mahler C, Erler A, Gensichen J, Ose D, Szecsenyi J, Peters-Klimm F. Identification of patients likely to benefit from care management programs. Am J Manag Care. 2011:345-52.
- 4.
- Freund T, Geißler S, Mahler C, Peters-Klimm F, Szecsenyi J. Case Management in der Hausarztpraxis – „Alter Wein in neuen Schläuchen" oder ein innovatives Versorgungsmodell? Z Allg Med. 2011:324-31.