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Medikation ohne Evidenzbasis (EB) bei Patienten mit Polypharmazie – Ergebnisse einer Pilotstudie
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Published: | February 22, 2010 |
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Hintergrund: Über 60% der Patienten (Pt.) ≥65 Jahre nehmen regelmäßig Arzneimittel (AM) ein; über ≥75 Jahre im Schnitt 7,5±3,8 AM (Rathore 1998, Schuler 2008). Kardiologische AM z.B. werden von Nicht-Kardiologen und Ärzten, die lange praktizieren (≥30 Jahre), signifikant häufiger ohne EB verschrieben (Austin 2008). Wir untersuchten, wie häufig nicht indizierte Medikamente von niedergelassenen Allgemeinärzten verschrieben werden.
Material/Methoden: 7 Allgemeinärzte wurden rekrutiert (convenient sample). Bei Pt. mit ≥5 regelmäßig eingenommenen AM, ≥18 Jahre, sollten alle AM mit Indikationen aufgelistet werden, inkl. AM, die ohne Kenntnis des Allgemeinarztes genommen werden. Die Indikation wurde mit Hilfe von EBM-Guidelines, UpToDate, Clinical Evidence und Fachinformationen überprüft. Die Auslegung, ob die EB gegeben ist, wurde «großzügig» gehandhabt (Beispiel: «Simvastatin» für «Hypercholesterinämie» wurde als evidenzbasiert eingestuft, obwohl ein gewisses kardiovaskuläres Risiko vorhanden sein muss), weil Indikationen oft nur in Schlagworten verzeichnet waren.
Ergebnisse: Bisher füllten 5 Pilotärzte die Bögen von 28 Pt. aus (Schnitt: 72,6 Jahre; 10,7 AM, inkl. 0,9 AM, die nicht vom Allgemeinarzt verschrieben waren und von deren Einnahme der Allgemeinarzt nichts wusste). Medikamente ohne EB: 1) Patienten: 20 von 28 Pt. (71,4%) hatten mindestens 1 AM (oder mehr) ohne EB; dieser Anteil variierte von Arzt zu Arzt. 2) AM: 50 von 300 AM waren ohne EB (16,7%).
Schlussfolgerung: Von Patienten mit Polypharmazie werden häufig Medikamente ohne hinreichende Indikation eingenommen. Eine Intervention zur Reduktion nicht evidenzbasierter Medikation führt voraussichtlich nicht nur zu einer Verbesserung der Patientensicherheit durch Vermeidung unnötiger Interaktionen und Nebenwirkungen, sondern auch zu einer erheblichen Kosteneinsparung.