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EBM und Gesundheitssystementscheidungen
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Published: | February 22, 2010 |
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Die in den letzten Jahrzehnten entwickelte EBM-Kultur hat neue Akzente in der Normbildung im Gesundheitswesen gebracht. Sie hat die Handlungsspielräume bei medizinischen Entscheidungen verringert und gleichzeitig weitreichende Konsequenzen für die Organisation des Gesundheitswesens und die Leistungserbringung mit sich gebracht.
Für die allgemeinmedizinische Routinearbeit hat die EBM-Basierung neue Forschungsfelder eröffnet, die der Komplexität, der Individualität, der Multimorbidität und dem Umgang mit Unsicherheit bei mangelhaften Entscheidungsgrundlagen Rechnung tragen. Forschungsbedarf gibt es dabei nicht nur hinsichtlich der ärztlichen Entscheidungen sondern auch zu den Auswirkungen der Entscheidungsmöglichkeiten der Patienten, die die ärztlichen Handlungsvorschläge modifizieren bzw. ablehnen.
Korrespondierend zur wissensbasierten Medizin ist der Bedarf nach wissens- bzw. forschungsbasiertem Management auf Systemebene aber auch auf Praxisebene gestiegen. Die Bereitstellung bestmöglicher Rahmenbedingungen für die praktizierende Medizin, das Vorhandensein guter Informationssysteme, die Identifizierung beispielgebender „Best Practice Modelle“ und die stetige Auseinandersetzung mit zeitgemäßen Managementmethoden spielen hier eine zentrale Rolle.
Die Optimierung der Behandlungs- und Betreuungsroutinen bekommt in der Allgemeinmedizin insbesondere bei der Betreuung von Patienten mit chronischen Krankheiten immer mehr Bedeutung. Die lebenslange Begleitung der in späteren Jahren meist multimorbiden Patienten erfordert evidenzbasierte Ansätze, die nicht von einer ausschließlich spezialistischen Sichtweise ausgehen, sondern eine gestufte Versorgung mit wechselnden Anteilen von allgemeinmedizinischer und spezialistischer Versorgung als Ziel haben. Voraussetzung für eine derartige evidenzbasierte Versorgung als auch für das entsprechende evidenzbasierte Management ist eine verstärkte allgemeinmedizinische Forschung. Deren Bedeutung wird in Österreich nach wie vor eher gering geschätzt und dementsprechend an den medizinischen Universitäten und sonstigen Forschungseinrichtungen bisher nur mangelhaft unterstützt.