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EbM – ein Gewinn für die Arzt-Patient-Beziehung?
Forum Medizin 21
11. EbM-Jahrestagung

Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

25.02. - 27.02.2010, Salzburg, Österreich

In welchen Behandlungssituationen sollte gemeinsam entschieden werden? – Befragung von Ärzten und Patienten mit einem faktoriellen Survey

Meeting Abstract

  • corresponding author presenting/speaker Meike Müller-Engelmann - Abteilung für Allgemeinmedizin, Präventive und Rehabilitative Medizin, Marburg, Deutschland
  • Heidi Keller - Abteilung für Allgemeinmedizin, Präventive und Rehabilitative Medizin, Marburg, Deutschland
  • Norbert Donner-Banzhoff - Abteilung für Allgemeinmedizin, Präventive und Rehabilitative Medizin, Marburg, Deutschland
  • Tanja Krones - Abteilung für Allgemeinmedizin, Präventive und Rehabilitative Medizin, Marburg, Deutschland

EbM – ein Gewinn für die Arzt-Patient-Beziehung?. Forum Medizin 21 der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität & 11. EbM-Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Salzburg, 25.-27.02.2010. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2010. Doc10ebm018

doi: 10.3205/10ebm018, urn:nbn:de:0183-10ebm0181

Published: February 22, 2010

© 2010 Müller-Engelmann et al.
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Text

Hintergrund: Die Forderung, dass Ärzte Patienten an medizinischen Entscheidungen beteiligen sollten, hat in der Medizinethik im letzten Jahrzehnt an Bedeutung gewonnen. Die gemeinsame Entscheidungsfindung wird als Garant dafür betrachtet, dass die Meinung des Patienten im Entscheidungsprozess berücksichtigt wird.

Es stellt sich jedoch die Frage, ob Patienten immer und unter allen Bedingungen einbezogen werden sollten oder ob es Grenzen einer gemeinsamen Entscheidungsfindung gibt. Whitney (2003) entwickelte hierzu ein normatives Modell, das medizinische Entscheidungen durch deren Wichtigkeit für den Patienten und die Sicherheit des Arztes bezüglich der Wirksamkeit der Therapie charakterisiert. Viele Merkmale medizinischer Entscheidungen, wie die Anzahl der Therapiemöglichkeiten und deren Nebenwirkungen, bleiben in diesem Modell jedoch unberücksichtigt. Darüber hinaus wurde der Diskurs darüber, wann Patienten an medizinischen Entscheidungen beteiligt werden sollten, in der Vergangenheit primär analytisch und theoretisch reflexiv geführt. Bisher wurde nicht systematisch untersucht, in welchen Behandlungssituationen eine gemeinsame Entscheidungsfindung von Ärzten und Patienten als sinnvoll betrachtet wird. Mit Hilfe eines faktoriellen Sureveys sollen in der vorliegenden Studie soziale Normen im Hinblick auf den Anwendungsbereich einer gemeinsamen Entscheidungsfindung durch die Befragungen von Ärzten und Patienten empirisch untersucht werden.

Material/Methoden: Der eingesetzte faktorielle Survey beinhaltet 7 Faktoren (z.B. Anlass des Arztbesuchs, Zeitpunkt negativer Konsequenzen, verbleibende Zeit bis Therapiebeginn, Anzahl der Therapiemöglichkeiten, Nebenwirkungen der Behandlung) mit 2–3 Stufen (z.B. direkte negative Folgen, negative Folgen in der Zukunft). Die Faktoren wurden im Rahmen eines experimentellen Designs zu Fallgeschichten (Vignetten) mit unterschiedlichen Merkmalen kombiniert, in denen jeweils eine Behandlungssituation beschrieben wird. Die Befragten sollten auf einer 5-stufigen Skala (von „der Arzt alleine“ über „gemeinsam“ zu „der Patient alleine“) einschätzen, wie über die Behandlung entschieden werden sollte. Es wurden 100 Ärzte und 115 Patienten mit jeweils 10 Vignetten befragt. Die Analyse der Daten mit Hilfe von Mehrebenen-Modellen dient der Ermittlung des Einflusses der einzelnen Faktoren, ihrer Wechselwirkungen sowie der Untersuchung von Gruppenunterschieden.

Ergebnisse: Die Ergebnisse werden zur Tagung vorliegen und dort präsentiert.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Ergebnisse sollen Ärzten helfen, das Ausmaß der Patienteneinbeziehung der jeweiligen Situation anzupassen. Es ist zu vermuten, dass die partizipative Entscheidungsfindung und der Einsatz von Entscheidungshilfen an Effizienz und Akzeptanz gewinnen, wenn situative Erfordernisse berücksichtig werden.


Literatur

1.
Beck M, Opp KD. Der faktorielle Survey und die Messung von Normen. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie. 2001;52(2):283-306.
2.
Müller-Engelmann M, Krones T, Keller H, Donner-Banzhoff N. Decision making preferences in the medical encounter – a factorial survey design. BMC Health Serv Res. 2008;8:260.
3.
Whitney SN. A new model of medical decisions: exploring the limits of shared decision making. Med Decis Making. 2003;23:275-80.