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EbM in Qualitätsmanagement und operativer Medizin
8. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

22.03. - 24.03.2007 in Berlin

Die Bewertung der „sozio-kulturellen Aspekte“ in HTA-Berichten. Warum findet sie nicht statt?

Meeting Abstract

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  • corresponding author presenting/speaker Ansgar Gerhardus - Abtlg. Epidemiologie und International Public Health, Universität Bielefeld, Bielefeld, Deutschland
  • author Marcial Velasco Garrido - Dpt. of Health Care Management, Technische Universität Berlin, Berlin, Deutschland

EbM in Qualitätsmanagement und operativer Medizin. 8. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.. Berlin, 22.-24.03.2007. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2007. Doc07ebm035

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/meetings/ebm2007/07ebm035.shtml

Published: March 15, 2007

© 2007 Gerhardus et al.
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Hintergrund

Die gängigen Definitionen von Health Technology Assessment sehen neben der Evaluation der medizinischen und ökonomischen Eigenschaften von Technologien auch eine Bewertung anderer Aspekte vor, darunter die „sozio-kulturellen Aspekte“. Diesem definitorischen Anspruch werden HTA-Berichte – mit ganz seltenen Ausnahmen –nicht gerecht.

Unter dem Sammelbegriff „sozio-kulturell“ werden in Abwesenheit von etablierten Definitionen Parameter wie gesellschaftliche Werte, Vergrößerung oder Verkleinerung von Ungleichheit oder ethnisch korrelierte Effekte zusammengefasst.

Über die Ursachen der mangelnden Berücksichtigung gehen die Ansichten auseinander: Einige führen dies auf die - gegenüber medizinischen und ökonomischen Aspekten - nachgeordnete Entscheidungsrelevanz zurück, während von anderen die engen zeitlichen und finanziellen Ressourcen als Grund angeführt werden. Ein weiterer Grund mag die Sorge von Entscheidungsträgern vor einer Eingrenzung ihres Handlungsspielraums sein. Erstaunlich selten wird dagegen die fehlende konzeptionelle und methodische Etablierung im Rahmen von HTA-Berichten problematisiert.

Methoden

In einer gezielten Literaturdurchsicht wurden Methoden zur Einbeziehung von sozio-kulturellen Aspekten in HTA-Berichten extrahiert. Darauf aufbauend erfolgt eine systematische Literaturübersicht, die bis Februar 2007 abgeschlossen sein wird.

Ergebnisse

Drei strukturell unterschiedliche Herangehensweisen wurden identifiziert: 1) Checklisten/Fragenkataloge an denen sich HTA-Bearbeiter orientieren können 2) empirische Erhebungen mittels Interviews, Fragebögen, Fokus-Gruppen, etc. 3) diskursive bzw. interaktive Ansätze bei denen die an der Technologie beteiligten Gruppen in die Bewertung einbezogen werden. Im Gegensatz zu der Bewertung medizinischer und ökonomischer Aspekte kommt die Methode der systematischen Literaturübersicht praktisch nicht vor.

Schlussfolgerung/Implikation

Zwei unterschiedliche Perspektiven lassen sich unterscheiden: Einerseits kann/soll HTA sich mit der Einschätzung der potentiellen gesellschaftlichen Veränderungen beschäftigen, die der Anwendung (bzw. nicht Anwendung) einer Technologie folgen könnten. Andererseits kann/soll HTA die gesellschaftlichen Wertvorstellungen und die Interessen der beteiligten Gruppen bei der Bewertung einbeziehen (z.B. bei der Auswahl von relevanten Outcomeparametern oder bei der Festlegung von Kosten-Effektivitätsschwellenwerten). Die Wahl der Bewertungsmethodik aus einer der drei identifizierten Gruppen wird auch dadurch mitbestimmt werden, welcher Perspektive man im konkreten Fall die höhere Bedeutung zumisst.

Die Tatsache , dass alle identifizierten Methoden noch wenig erprobt sind, kann Ursache, aber auch Ausdruck der (vermeintlich) geringen Bedeutung von sozio-kulturellen Faktoren bei der Bewertung von Gesundheitstechnologien sein.