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22nd International Congress of German Ophthalmic Surgeons

18. to 21.06.2009, Nürnberg

Multifokallinsen – die Lösung des Presbyopieproblems?

Meeting Abstract

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  • R.M. Menapace - Universitäts-Augenklinik, Wien, Österreich

22. Internationaler Kongress der Deutschen Ophthalmochirurgen. Nürnberg, 18.-21.06.2009. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2009. Doc09docH 5.5

doi: 10.3205/09doc022, urn:nbn:de:0183-09doc0227

Published: July 9, 2009

© 2009 Menapace.
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Hintergrund: Multifokallinsen (MIOLs) sind seit nunmehr 20 Jahren auf dem Markt. Trotz aller Bemühungen ist die Akzeptanz hinter den Erwartungen zurück geblieben: In Deutschland und Frankreich lagen die Marktanteile zuletzt bei niedrigen 1,5% und 2,3%. Liegt dies an der mangelnden finanziellen Abgeltung? Nur zum Teil: In Ländern wie der Schweiz oder Spanien, in denen MIOLs als „added value lenses“ verrechenbar sind, aber auch in den refraktiven Techniken gegenüber aufgeschlossenen USA gingen die Anteile nicht wesentlich über 6% hinaus. Wem die Presbyopie selbst schon zum Problem geworden ist, dem drängt sich die Frage auf, warum sich MIOLs nicht längst schon als Standard durchgesetzt haben.

Funktionsprinzip: Wie funktionieren MIOLs? Vereinfacht dargestellt gibt es 2 fundamentale Prinzipien: Diffraktive MIOLs teilen das einfallende Licht auf 2 Foci auf, wobei konstruktionsbedingt 18% als Streulicht verloren geht. Bei gleich verteilenden Optiken werden somit je 41% des Lichtes auf Fern- und Nahfokus verteilt (Bsp. AMO Tecnis). Nah- oder fernbetonte Optiken weisen eine gewichtete Verteilung auf (Bsp. AcriTec AcriLISA 35% Nähe zu 65% Ferne). Refraktive MIOLs verteilen das Licht auf einen Fern- und einen Nahfokus sowie auf mehrere intermediäre Foci auf. Unkorrekterweise als „apodisiert“ bezeichnete MIOLs (Alcon ReSTOR) sind eine Kombination: Auf der Vorderfläche ist in der zentralen 3,6 mm Zone eine diffraktive Struktur aufgebracht, wobei die Stufenhöhe der konzentrischen Ringe zur Peripherie hin graduell abnimmt. Als Folge variiert die Lichtintensität zwischen Nah- und Fernbrennpunkt in Abhängigkeit von der Pupillenweite. Dies soll einen weichen Übergang vom Nahpunkt über den Intermediärbereich zum Fernpunkt bewirken und das Auftreten unerwünschter Lichtsensationen, insbesondre die Halointensität beim Blick in die Ferne vermindern. Bei weiterer Pupille wird über die Randstrahlen zunehmend der Fernfokus betont. Standardisierte Vergleichsuntersuchungen von Hütz haben für diffraktive MIOLs sehr gute Ergebnisse hinsichtlich Nahvisus und Lesegeschwindigkeit gebracht. Demgegenüber fielen refraktive MIOLs auch der letzten Generation deutlich zurück. Da diese dafür einen besseren Fernvisus erzeugen, wurde das Konzept des „Mix & Match“ entwickelt, das für das dominante Auge die fernbetonte refraktive, für das Partnerauge die in der Nähe besser auflösende diffraktive MIOL empfiehlt. Auch mit diesem „Monivision-Konzept mit 2 verschiedenen MIOLs“ wurden gute Ergebnisse berichtet.

Limitationen des MIOL-Konzepts: Es gibt eine Reihe von Bedingungen, die die Funktion und damit Anwendbarkeit von MIOLs einschränken (Hütz):

  • MIOLs sind anfällig gegen Restametropien. Restmyopie oder Astigmatismus sollten 0.5 dpt nicht überschreiten.
  • MIOLs sind in unterschiedlicher Weise abhängig von der Pupillenweite. Bei refraktiven MIOLs vom Typ oder Array/Rezoom (AMO) macht sich eine Miose in einer Beeinträchtigung besonders des Nah- wie auch des Intermediärvisus bemerkbar, da die peripheren Zonen vignettiert werden. Bei diffraktiven MIOLs werden Fern- und Nahfokus proportional abgeschwächt, wodurch Nah- und Intermediärvisus weniger eingeschränkt werden. Bei der ReSTOR MIOL (Alcon) kommt es bei Mydriase zu einer Beeinträchtigung des Nahvisus infolge der zunehmenden Überstrahlung durch den Fernfokus.
  • Ein weiteres Charakteristikum ist der Abfall von Nahvisus und Lesegeschwindigkeit in der Nähe bei geringer Beleuchtung. Dieser war bei überraschenderweise bei refraktiven Array/Rezoom MIOLs wie auch bei der sogenannt apodisierten ReSTOR MIOL besonders auffällig, während er bei diffraktiven MIOLs relativ geringer ausfiel. Ähnliches gilt auch für den Intermediärbereich. Dies zeigt, dass die intermediären Foci bei refraktiven MIOLs praktisch nicht nutzbar sind.
  • Die Aufteilung des Lichtes auf mehrere Foci kann photische Symptome erzeugen wie Glare und Halos, aber auch Starbursts, Ghosting, oder Doppelbilder. Diese werden nicht von allen Pat in gleicher Weise wahrgenommen, können gelegentlich aber nicht vertragen werden. In der Literatur wird die Häufigkeit eines unerträglichen („disabilitating“) Glare mit 4,9 bis 8,5% beziffert (T. Kohnen et al., Blaylock et al.), die eines starken Glare mit 16% (Chiam et al.). Nach refraktivem Linsentausch sollen diese Prozentsätze noch höher liegen (Olson). Diese Phänomene erfordern in bis zu 7% einen Linsenaustausch (Leccisotti). Ingesamt ist die Unverträglichkeit von MIOLs selbst bei sehr erfahrenen refraktiven Chirurgen ein nicht so seltener Grund für einen Linsenaustausch.
  • Ein weiterer Nachteil ist die Beeinträchtigung des ohnehin eingeschränkten Kontrastsehens bereits durch gering ausgeprägte Kapseltrübungen und Makulaveränderungen. Ersteres lässt sich durch eine frühzeitige YAG-Laserkapsulotomie beheben, oder durch eine primäre Entfernung der zentralen Hinterkapsel vermeiden. Allerdings wird dadurch ein evtl. Linsentausch erschwert. Makulaveränderungen sind dagegen weit problematischer: MIOLs werden bevorzugt jungen Menschen und damit zu einem Zeitpunkt implantiert, wo sich eine spätere Makuladegeneration noch nicht erkennen lässt. Familienanamnese und Augenlänge sind die einzigen vagen Anhaltspunkte für eine Risikoabschätzung.

Von den genannten Problemen lässt sich prinzipiell nur das der Ametropie beheben. Die Korrektur mittels LASIK oder LASEK ist jedoch abgesehen von den Kosten nicht unproblematisch: Die subjektive Eruierung des Refraktionsdefizits ist erschwert, da durch die erhöhte Tiefenschärfe eine Art refraktive Grauzone entsteht. Auch wenn man über deren Notwendigkeit diskutieren kann, so sind Wellenfrontmessungen prinzipiell bei refraktiven MIOLs ungenau und bei einigen diffraktiven MIOLs erheblich von der Pupillenweite abhängig. Eine Laserkorrektur auf Hornhautebene beeinträchtigt prinzipiell auch die Abbildungsqualität. So haben Morreno-Barriuso et al. nachgewiesen, dass die MTF nach LASIK über einen breiten Ortsfrequenzbereich hinweg signifikant abfiel. Pieh et al. haben für die PRK bei nachweislich größerer optischer Zone als der Pupillenweite entsprechend gezeigt, dass die Halogrösse signifikant zunahm. Bei der ohnehin schon reduzierter Abbildungsqualität und Überstrahlung des Netzhautbildes durch zwei oder mehrere Foci führt dies zu einer additiven Verschlechterung der Augenoptik und damit zur weiteren Beanspruchung der Kompensationsmechanismen bis hin zu einer möglichen Dekompensation.

Es gibt aber auch grundsätzliche Überlegungen, die den sprichwörtlichen Fall des „Unhappy 20/20 Patient“ erklären könnten. Álio berichtete einen solchen Fall eines Pat, der trotz Visus 20/20, Jg1 wegen Glare bei Tag und bei Nacht, Phantombildern und schlechter Visusqualität den beidseitigen Austausch der MIOLs verlangte und mit Monovision problemlos versorgt war. McDonald und Deitz glauben Anhaltspunkte aus der Neurophysiologie dafür gefunden zu haben, dass das Erzeugen zweier Simultanbilder prinzipiell mit der Physiologie der Bildverarbeitung im menschlichen Gehirn interferiert. Bereits auf Netzhautniveau wird die Information von 100 Mio Photorezeptoren für nur noch 1 Mio Sehnervenfasern heruntergerechnet. Dies wird durch die Aufsummierung verschiedener Ebenen der Kontrastwahrnehmung bewerkstelligt (Blake and Logothetis). Wird durch eine MIOL simultan ein scharfes und ein unscharfes Bild auf der Netzhaut erzeugt, reagiert das Integrationssystem auf zweierlei Weise: Einerseits werden nicht-fokussierte Frequenzen mit niedriger Ortsauflösung unterdrückt, was zu einer Mischung von Frequenzen unterschiedlicher Ortsauflösung („bleeding-over“) führt und als „blurred image“ imponiert. Andererseits kommt es zu einer übersteuerten Kontrastantwort mit Akzentuierung von Frequenzen mit niedriger Ortsauflösung, was als „waxy image“ wahrgenommen wird.

Offensichtlich werden diese Effekte jedoch von einem Teil der Pat zumindest teilweise kompensiert (Neuroadaptation) und damit MIOLs von diesen toleriert. Diese Pat herauszufinden ist die Herausforderung der MIOL-Versorgung und macht die Patientenselektion so ungemein wichtig und schwierig zugleich. Da Verträglichkeit bzw. Art sowie Schweregrad und Dauer von Nebenwirkungen im Einzelfall schwer voraussagbar sind, sind Aufklärung und Beratung der Pat essenziell.

Durch Gewöhnung können anfängliche Nebenwirkungen mit MIOLs mit der Zeit in den Hintergrund treten oder gänzlich verschwinden. Nach Untersuchungen von Kaymak und Mester kann dieser Adaptationsprozess durch entsprechende Übungen positiv beeinflusst werden. Dennoch ist das Abwarten einer evtl. Gewöhnung problematisch, da nach der üblichen Zeit von 3–6 Monaten die Fibrosereaktion abgeschlossen und das Implantat dann in der Regel fest in den Kapselsack eingemauert ist. Eine beidseitige Explantation kann dann zu einem traumatischen und riskanten Manöver werden und Komplikationen wie Zonulardehiszenz oder Makulaödem nach sich ziehen. Auch wird das Tauschimplantat häufig nur im Sulkus fixiert werden können.

Wenn der Anteil geeigneter Pat gering und die Verträglichkeitsprognose im Einzelfall so problematisch sind, so stellt sich die Frage nach Alternativen. Die ideale Lösung wäre ohne Zweifel eine akkommodierende IOL. Allerdings sind die bislang in den Markt eingeführten Modelle nicht nur funktionell gescheitert, sondern auch als Linsenimplantate per se, indem sie fibrotische Deformierungen und massive regeneratorische Nachstarbildung zeigten (Menapace et al.).

Eine wenig spektakuläre, aber schon seit langem routinemässig geübte Alternative ist das sog. Monovision-Konzept. Hierbei wird das dominante Auge auf die Ferne, das nicht-dominante Auge auf den Intermediär- oder Nahbereich eingestellt. Für Kontaktlinsenanpassung (Jain), aber auch für Hornhautlaserkorrekturen wurden erstaunlich gute Ergebnisse sowohl hinsichtlich Brillenunabhängigkeit als auch Verträglichkeit publiziert (Braun et al.). Pseudophaker Monovision wurde erstmals 1984 von Börner et al. beschrieben. Als weitere Publikationen die von Greenbaum (2002) und Handa et al. (2004), die beide einen hohen Grad an Patientenakzeptanz nachwiesen. Verträglichkeit und Erhalt des räumlichen Sehens sind erwartungsgemäss stark vom Refraktionsunterschied abhängig. Nach Barrett bleiben bis zu einem Unterschied von 2.0 dpt Binokularfusion und Stereoskopie vollständig erhalten. Aus diesem Grund empfiehlt er, wie übrigens auch die Arbeitsgruppe um Steinert für die Hornhautlaserkorrektur, auch für die Kunstlinsenimplantation einen Unterschied in der Zielrefraktion von 1.25 dpt als optimalen Kompromiss. Die Bestimmung und Wahl der Einstellung des führenden Auges als Fernauge ist wichtig. Die Bestimmung kann jedoch schwierig sein, und manche Pat präferieren die Einstellung des führenden Auges auf die Nähe. Finkelman et al. konnten jedoch zeigen, dass ein unbeabsicht gekreuzter Monovision nicht zu nachhaltiger Beeinträchtigung führen muss. Dies wird wohl damit zusammenhängen, dass sich solche Irrtümer nur bei gering ausgeprägter okulärer Dominanz einstellen. In einer Studie (Patient satisfaction and visual function after pseudophakic monovision, in press) berichten Finkelman, Q Ng, und Barrett folgende Resultate: Der unkorrigierter Fernvisus war in 68% mindestens 20/20, in 96% 20/30 oder besser. Mehr als die Hälfte (56%) der Pat lasen unkorrigiert J1, 92% J4 oder besser. 88% erreichten unkorrigiert 20/30 oder besser und lasen mindestens J4. Der Monovisionstyp (konventionell oder gekreuzt) hatte keinen signifikanten Einfluss auf die Zufriedenheit. 88% berichteten ein hohes Mass an Brillenunabhängigkeit. 27% gaben an, vollständig brillenunabhängig zu sein, was den von Leyland und Pringle für MIOLs publizierten Angaben nahe kommt. In keinem Fall wurde eine Explantation aufgrund einer Unverträglichkeit erforderlich. In einer in Australien durchgeführten Studie („How do you rate your Eyesight and Satisfaction?) wurden 68 Pat beidseitiger MIOL (davon 2/3 mit Alcon ReSTOR) und 93 Pat mit Monovision (MV: plano vs. -1.5 dpt) nach Sehvermögen und Zufriedenheit befragt. In der MV-Gruppe beurteilten 2/3 der Pat das Ergebnis als exzellent, gegenüber nur 1/3 in der MIOL-Gruppe. Nur 2% der MV-Pat waren mit dem Ergebnis unzufrieden, gegenüber 19% in der MIOL-Gruppe. Dies spricht für die Argumentation von McDonald und Deitz, dass das menschliche Gehirn auf retinaler Ebene wie in den nachgeschalteten neuronalen Netzwerken nicht auf die Verarbeitung von Simultanbildern ausgelegt ist.

Welche Konsequenzen soll man daraus ziehen? In der Tat scheint ein Teil der Menschen in der Lage zu sein, die negativen optischen Begleiterscheinungen mit MIOLs zumindest soweit zu unterdrücken, dass die Vorteile der Bifokalität überwiegen. Ingesamt scheint dazu jedoch nur ein kleiner Prozentsatz der Menschen in der Lage zu sein. Selbst ein prominenter MIOL-Befürworter in Deutschland schätzt diesen nicht höher als 10% bis maximal 15% (persönliche Mitteilung). Eine mögliche Unverträglichkeit ist im Einzelfall nicht sicher bis gar nicht voraussagbar. Selbst bei der Empfehlung von Patientengruppen gehen die Meinungen auseinander. Während allgemein ältere Pat als gut geeignet empfohlen werden, setzt beispielsweise Aliò als sonst glühender Verfechter der MIOLs diese ab dem 80. Lebensjahr überhaupt nicht mehr ein (persönliche Mitteilung). Vor dem Hintergrund des Monovision als unkomplizierter, leistungsfähiger und in aller Regel sehr gut verträglicher Alternative empfiehlt sich daher Zurückhaltung. Dem Gros der älteren Kataraktpat sollte man standardmässig die Monovision-Option anbieten, wobei man im Regelfall nicht über eine Differenz von 1.5 dpt hinausgehen sollte („Mild Monovision“). Eine Individualisierung ist anzustreben: Pat mit vorbestehender Anisometropie oder stärker myopisierender Katarakt vertragen und wünschen sich häufig eine grössere Differenz. Hyperope bevorzugen in der Regel das weniger hyperope Auge als Fernauge. Eine Aufklärung mit wenn möglich Demonstration mittels Probierbrille ist dabei wichtig.

Etwa zwei Drittel meiner Pat entscheiden sich für die MV-Alternative. Bei Pat mit beidseitiger Katarakt empfiehlt es sich in der Regel, zunächst das nicht-führende Auge mit leicht myoper Zielrefraktion zu operieren, um keinesfalls in die Hyperopie zu gelangen. Die sich ergebenden Abweichung kann dann am zweiten führenden Auge genutzt werden, um sich möglichst nahe an die Emmetropie heranzutasten.

MIOLs empfehlen sich in der Regel nur bei jungen Pat sowie solchen, die den Wunsch selbst an den Arzt herantragen. Verträglichkeit und Zufriedenheit sind sehr mit der Persönlichkeitsstruktur und der Lebenseinstellung verknüpft und somit „more an art than a science“ (Bates). Hohe Motivation zu Brillenlosigkeit sowie unkomplizierte und anpassungsfähige Persönlichkeitsstruktur sind gute Voraussetzungen. Überkritische Personen und solche, die häufig in der Nacht ein Fahrzeug lenken oder einen erheblichen Teil ihrer Zeit am Computerschirm verbringen sind schlechte KandidatInnen. Vorbestehende Hyperopie ist günstig, geringe Myope ungünstig. Die Pat müssen darüber aufgeklärt werden, dass aufgrund der Empfindlichkeit von MIOLs gegenüber Restametropien eine nachträgliche Laserkorrektur auf Hornhautebene erforderlich werden und diese das Kontrastsehen weiter einschränken kann. Das Worst-Case-Szenario eines Linsentausches bei Unverträglichkeit insbesondre infolge photischer Phänomene („disabilitating halos/glare“) muss offen angesprochen werden, ebenso wie die möglichen Schwierigkeiten und Komplikationen einer solchen Massnahme nach Verstreichen einer mehrmonatigen Eingewöhnungszeit. Persönlich präferiere ich die beidseitige Implantation einer diffraktiven MIOLs mit 2/3-Gewichtung des Fernfokus und geglätteten Stufen. Diese MIOLs betonen den Fernvisus, bei immer noch gutem Nah- aber auch Intermediärvisus unter ausreichender Beleuchtung. Ist diese gering, kann mittels Lesebrille der doppelt so starke Fernfokus für die Nähe herangezogen werden. Die Abrundung der Stufen reduzieren die Reflexionen und damit die photischen Phänomene. Die klinische Tauglichkeit solcher MIOLs ist in klinischen Studien im Detail belegt (Kaymak und Mester). Sinnvoll ist es auch, wenn solche MIOLs als aberrationsfreie und torische Versionen angeboten werden, da dies die zusätzliche Bilddegradation durch linseninduzierte Aberrationen minimiert und den Anwendungsbereich auf Pat mit Hornhautastigmatismus ausweitet. Neben Patientenselektion und -aufklärung ist auch besonderes Augenmerk auf die Linsenberechnung zu verwenden: Die Hornhautkurvatur ist besonders sorgfältig zu messen. Die Linsenberechnung sollte nur mit den modernsten Formeln erfolgen, und dabei mit alle gängigen, um die Ergebnisse zu vergleichen. Für mich ist Haigis die Referenz, zusätzlich verwende ich SRK-T und Holladay für mittlere und lange, Hoffer Q für kurze Augen. Eine Personalisierung der A-Konstante ist bei MIOLs an absolutes Muss.

Zusammenfassend sei gesagt, dass der Grossteil der mit MIOLs versorgten Pat damit tatsächlich zufrieden und auch weitgehend brillenunabhängig ist. Das Problem ist jedoch jener wenn auch kleine Prozentsatz von Pat, die mit MIOLs nicht zu Recht kommen und nicht nur wegen eines eventuellen Linsentausches zur Beseitigung der beklagten photischen Störphänomene zur Belastung werden. Eine solche Unverträglichkeit kann im Einzelfall trotz sorgfältiger Auswahl nicht ausgeschlossen werden. Ein weiteres Problem liegt in der eingeschränkten Sehschärfe in Computerdistanz. Prinzipiell muss daher jeder Pat auf die mögliche Notwendigkeit eines Linsentausches bei Unverträglichkeit (wie auch bei grösserer Abweichung von der Emmetropie) vorbereitet werden. Ein Linsentausch wegen Unverträglichkeit wurde in unsrem Patientengut in 2-3% der Fälle erforderlich. Demgegenüber bietet die Alternative des Monovision eine sehr gut verträgliche und kostengünstige Alternative zur Kompensation der Presbyopie. Ein grosser Vorteil ist die einfache Reversibilität durch Brille, Kontaktlinse, Laserkorrektur, oder sulkusgestütztes Zusatzimplantat, während eine MIOL bei Unverträglichkeit nur als solche ausgetauscht werden kann. Insgesamt dürften MIOLs für 5 bis maximal 15%, Monovision mit einem Offset von 1.0 bis 1.5 dpt für mehr als die Hälfte der Pat eine gute Option sein. Auch wenn Patientenselektion und -beratung für MIOLs eine unabdingbare Notwendigkeit zur Vermeidung von Unzufriedenheit und Unverträglichkeit sind, so verlangt die Alternative des Monovision neben der sorgfältigen Bestimmung des auf Nähe bzw. Ferne zu korrigierenden Auges und der Individualisierung des Refraktionsunterschiedes und der Zuordnung der Augen eine wenn auch weniger aufwändige Aufklärung und soweit möglich eine präoperative Demonstration der Auswirkungen der gezielten Unterkorrektur eines Auges. Ingesamt eignet sich das Monovisionkonzept aufgrund der guten Ergebnisse in Bezug auf Brillenunabhängikeit und Zufriedenheit bei geringem und gegebenenfalls leicht korrigierbarem Komplikationsprofil für die Mehrzahl der KataraktpatientInnen, während das MIOL-Konzept aufgrund des schwer kalkulierbaren Risikos einer Unverträglichkeit mit der potenziellen Notwendigkeit eines beidseitigen Linsenaustausches auf einen vergleichsweise kleinen Teil beschränkt bleiben dürfte.

Literatur beim Verfasser