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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Einstellungsmuster afrikanischer Migranten in Deutschland zu Weiblicher Beschneidung

Meeting Abstract

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  • Friederike Butscher - Hochschule Furtwangen, Pirmasens, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocV044

doi: 10.3205/17dkvf403, urn:nbn:de:0183-17dkvf4035

Published: September 26, 2017

© 2017 Butscher.
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Hintergrund: Rund 125 Millionen Frauen aus 30 verschiedenen Ländern sind beschnitten. Die Weibliche Beschneidung (WB) bezeichnet jeden Vorgang, bei dem die äußeren weiblichen Geschlechtsorgane teilweise oder vollständig entfernt oder verletzt werden. Angesichts der Internationalität und Interkulturalität, die weltweit zunimmt und aufgrund der aktuellen Flüchtlingsproblematik erlangt das Thema der WB globale Relevanz. Die bedarfsgerechte Versorgung beschnittener Frauen, sowie zielgerichtete Aufklärungs- und Präventionsarbeit, sind von großer Bedeutung. Daten zu Einstellungsmustern und möglichen Prädiktoren einer Unterstützung von WB unter Migranten liegen aber bislang kaum vor.

Zielsetzung: Ziel ist es, die Einstellungsmuster afrikanischer Migranten, die in Deutschland leben zum Thema der WB zu erfassen. Einstellungsmuster fasst das Wissen über WB, Prädiktoren sowie die Unterstützung/Ablehnung der Fortführung von WB zusammen. Unter Prädiktoren wird beispielsweise WB als religiöses Erfordernis, als Schutz der Ehre von Mädchen oder als Verhinderung von Ehebruch verstanden. Zusätzlich sollte überprüft werden, ob eine Unterstützung mit der Dauer des Aufenthalts abnimmt und welche Unterschiede sich zwischen Männern und Frauen feststellen lassen.

Methodik: Es wurde eine explorative quantitative Erhebung mit Hilfe eines online Fragebogens in den Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch durchgeführt. Zunächst wurden zwei qualitative Interviews geführt, für den Fragebogen wurde sich an einer Studie aus Oslo orientiert. Anschließend wurden die Daten (35 verwertbare Fragebögen) mithilfe von SPSS ausgewertet. Mit Hilfe des chi-Quadrat Tests und des t-Tests wurden Unterschiede zwischen einzelnen Gruppen analysiert.

Ergebnisse: Unter den Studienteilnehmern gaben 94,3% Prozent an, von weiblicher Beschneidung gehört zu haben. Die Mehrheit (83,9) der Studienteilnehmenden lehnte die Praktik der WB ab. Frauen wissen mehr über WB und befürworten eher eine Fortführung der Praktik als Männer. Bezüglich verschiedener Prädiktoren konnten ebenfalls Geschlechtsunterschiede festgestellt werden. Frauen stimmten eher zu, dass WB Ehebruch verhindert, die Würde von Mädchen bewahrt und vorehelichem Sex vorbeugt. Männer gaben eher an, dass WB ein religiöses Erfordernis ist. Das Wissen über WB steht nicht damit in Zusammengang, ob eine Fortführung von WB unterstützt/abgelehnt wird. WB wird eher abgelehnt, je länger der Aufenthalt in Deutschland ist.

Diskussion: Diese Studie konnte zeigen, dass afrikanische Migranten vertraut sind mit WB, diese jedoch überwiegend ablehnen. Es zeigte sich kein Zusammenhang zwischen der Informiertheit der Migranten und einer Ablehnung der WB. Die Ursachen hierfür bleiben zwar offen, die Ergebnisse unterstreichen jedoch die Bedeutung weiterer Forschung, da Aufklärung häufig als Ansatzpunkt für eine Vermeidung von WB gesehen wird.

Dass Frauen einer Fortführung von WB eher zustimmen als Männer könnte damit erklärt werden, dass der Drang nach sozialer Anerkennung und Zugehörigkeit schwerer wiegen, als die negativen Folgen einer WB. Dieses Ergebnis ist gegenteilig zu dem aus Oslo, weshalb es weiterer Forschung bedarf.

Es gab immer auch einen Prädiktor, dem zugestimmt wurden, wenn WB befürwortet wurde. Dies bedeutet, dass es immer einen Grund/Sinn geben muss warum WB praktiziert wird, dies kann helfen, Präventionsarbeit zielgerichtet zu gestalten.

Fazit: Zwischen verschiedenen Gruppen, wie Männern/Frauen oder Befragten, die WB unterstützen/ablehnen konnten Unterschiede bezüglich der Einstellungsmuster zu WB festgestellt werden. Die Ergebnisse dieser und früherer Studien bilden keinen einheitlichen Konsens. Die Forschung deckt das Thema nur ungenügend ab, weshalb es noch weiterer Forschung bedarf, um Einstellungsmuster afrikanischer Migranten besser zu verstehen, Präventionskampagnen zu optimieren und eine adäquate Versorgung der betroffenen Frauen zu gewährleisten.

Bachelorarbeit
Hochschule Furtwangen
Fakultät Gesundheit, Sicherheit, Gesellschaft
Angewandte Gesundheitswissenschaften
Betreuer: Prof. Dr. Christian Weidmann; Prof. Dr. Birgit Reime
01.09.2016 – 31.12.2016