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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Versorgung von multimorbiden Patienten – Welchen Einfluss hat die Anzahl an Komorbiditäten auf die Ergebnisqualität?

Meeting Abstract

  • Martina Kamradt - Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Germany
  • Johannes Krisam - Universitätsklinikum Heidelberg, Institut für Medzinische Biometrie und Informatik, Heidelberg, Germany
  • Christian O. Jacke - Wissenschaftliches Institut der PKV (WIP), Köln, Germany
  • Werner Besier - Genossenschaft Gesundheitsprojekt Mannheim e.G., Mannheim, Germany
  • Dominik Ose - Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Germany
  • Joachim Szecsenyi - Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocP182

doi: 10.3205/17dkvf372, urn:nbn:de:0183-17dkvf3721

Published: September 26, 2017

© 2017 Kamradt et al.
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Text

Hintergrund: Das Vorhandensein von mehreren chronischen Erkrankungen kann die medizinische Versorgung erschweren und somit auch die Qualität dieser beeinflussen. Multimorbide Patienten haben z.B. ein erhöhtes Risiko frühzeitig zu versterben und stationär behandelt zu werden sowie eine reduzierte Lebensqualität [1], [2]. Das Bestreben in vielen Ländern, so auch in Deutschland, ist es daher, die medizinische Versorgung von mehrfach-chronisch Erkrankten zu optimieren. Allerdings konnte auch immer wieder gezeigt werden, dass das Vorhandensein von mehreren chronischen Erkrankungen einen positiven Einfluss auf die Qualität der Gesundheitsversorgung haben kann [3], [4].

Fragestellung: Ziel der Arbeit ist es, den Einfluss der Anzahl der Komorbiditäten auf das Erreichen ausgewählter Zielkriterien der Leitlinienempfehlungen für Diabetes mellitus Typ 2 [5] und der Lebensqualität bei multimorbiden Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 zu untersuchen.

Methode: Die Rekrutierung geeigneter Patienten erfolgte in 21 allgemeinmedizinischen Praxen im Rahmen einer großen randomisiert-kontrollierten Studie. Die für diese Querschnittsanalyse verwendeten Daten wurden mit Hilfe einer schriftlichen Befragung von multimorbiden Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 und deren betreuenden Hausärzten zum Studieneinschluss erhoben. Geeignete logistische Regressionsverfahren wurden angewendet, um mögliche Effekte der Anzahl an Komorbiditäten auf die Erreichung ausgesuchter Therapieziel der Leitlinienempfehlungen und Dimensionen der Lebensqualität (EQ-5D) zu beschreiben.

Ergebnisse: Insgesamt konnten 495 multimorbide Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 mit einem mittleren Alter von 68,4 Jahren (±11,1 Jahren) in die Studie eingeschlossen werden. Die deskriptiven Auswertungen der Daten zeigte, dass das Studiensample v.a. im Bereich des HbA1c-Wertes im Zielbereich lag und die größte Abweichung von den Therapiezielen beim BMI zu erkennen war. In den Dimensionen der Lebensqualität ließen sich bei Mobilität und Schmerzen die größten Einschränkungen erkennen. Eine Zunahme der Anzahl an zusätzlichen chronischen Erkrankungen neben Diabetes mellitus Typ 2 zeigte keinen Einfluss auf das Erreichen der ausgewählten Zielkriterien. Eine Ausnahme stellte hierbei der HbA1c-Werte dar (2 vs. 5 und mehr Komorbiditäten). Im Bereich der Lebensqualität zeichnete sich ein Einfluss durch eine steigende Zahl an Komorbiditäten in den EQ-5D Dimensionen Mobilität und Allgemeine Tätigkeiten ab.

Diskussion und praktische Implikationen: Trotz des Vorhandenseins von mehreren chronischen Erkrankungen zeigen die Daten, dass die Studienteilnehmer gut medizinisch versorgt zu sein scheinen – eine Ausnahme bildet hierbei der BMI. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass z.B. Bereiche, wie die Lebensstilberatung noch Optimierungspotential in sich bergen. Der Einfluss durch eine steigende Zahl an Komorbiditäten auf die Erreichung der Therapieziele und die Lebensqualitätsdimensionen, mit Ausnahme der Mobilität und Allgemeinen Tätigkeiten, scheinen nahezu vernachlässigbar. Es kann vermutet werden, dass die gute Qualität der medizinischen Versorgung multimorbider Patienten darauf zurückzuführen ist, dass die betreuenden Ärzte einen umfassenden Versorgungsansatz verfolgen und vorhandene Komorbiditäten nicht außer Acht lassen [6].


Literatur

1.
Vogeli C, Shields AE, Lee TA, et al. Multiple Chronic Conditions: Prevalence, Health Consequences, and Implications for Quality, Care Management, and Costs. J Gen Intern Med. 2007;22:391–5. DOI: 10.1007/s11606-007-0322-1 External link
2.
Smith SM, O'Dowd T. Chronic diseases: what happens when they come in multiples? Br J Gen Pract. 2007;57:268–70.
3.
Woodard LD, Urech T, Landrum CR, Wang D, Petersen LA. Impact of comorbidity type on measures of quality for diabetes care. Medical Care. 2011;49:605–10.
4.
Higashi T, Wenger NS, Adams JL, et al. Relationship between number of medical conditions and quality of care. N Engl J Med. 2007;356:2496–504.
5.
Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale Versorgungsleitlinie Therapie des Typ-2-Diabetes - Kurzfassung. 1. Auflage. 2013. (http://www.dm-therapie.versorgungsleitlinien.de/). External link
6.
Bruin SR de, van Oostrom SH, Drewes HW, de Jong-van Til, Janneke T, Baan CA, Struijs JN. Quality of diabetes care in Dutch care groups: no differences between diabetes patients with and without co-morbidity. Int J Integr Care. 2013;13:e057.