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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Analyse pflegebedürftiger Patienten relativ zum Zeitpunkt des Todes

Meeting Abstract

  • Timo Schulte - OptiMedis AG, Hamburg, Germany
  • Tobias Schwab - OptiMedis AG, Hamburg, Germany
  • Helmut Hildebrandt - OptiMedis AG, Hamburg, Germany
  • Thomas Klie - Evangelische Hochschule Freiburg, Freiburg, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocP194

doi: 10.3205/17dkvf327, urn:nbn:de:0183-17dkvf3278

Published: September 26, 2017

© 2017 Schulte et al.
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Hintergrund: Die steigende Zahl der auf Pflege angewiesenen Menschen gut zu versorgen, ist eine der großen gesellschaftlichen Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte. Zu Verbesserung der Versorgung bedarf es empirischer Analytik über deren Lebenssituationen sowie das Inanspruchnahmeverhalten.

Ziel: Mittels Analyse von Routinedaten sollten Erkenntnisse darüber erlangt werden, welche Leistungen der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung pflegebedürftige Versicherte ein Jahr vor ihrem Tod in Anspruch nahmen, welche Kosten dabei entstanden und welche Diagnosen sie aufwiesen.

Methoden: Nach Qualitätsprüfung von Daten der DAK-Gesundheit zu allen im Jahr 2015 in Deutschland verstorbenen Pflegebedürftigen (VP) konnten 61.056 Versicherte ausgewertet werden. Zur Analyse des Zeitraums vor dem Tod wurden relative Zeitbezüge mit dem Todestag als t0 für alle VP berechnet und vier relative Quartale (91 Tage) vor dem Todestag untersucht. Es standen folgende Leistungsbereiche zur Analyse zur Verfügung: Ambulant ärztliche Versorgung, Krankenhaus (KH), Rettungsfahrten, Hospizversorgung, häusliche Krankenpflege (HKP) und spezialärztliche Palliativversorgung (SAPV).

Ergebnisse (Auszug): Das Ø-Alter der VP lag bei 83,2 Jahren (weiblich (w): 84,6; männlich (m): 80,7). Die Ø-Dauer, die sich ein VP vor dem Tod in der aktuellen Pflegestufe befand, betrug 604 Tage. Bei über 90% der VP war in allen Quartalen vor dem Tod mindestens ein Arztbesuch dokumentiert. Häufige ambulante Diagnosen waren z.B. Hypertonie (w: 67,3%; m: 66,3%), chronische ischämische Herzkrankheit (w: 23,6%; m: 37,5%), Demenz (w: 29,7%; m: 23,2%) oder Dekubitalgeschwür (w: 15,4%; m: 14,1%). Die Ø-Kosten in den untersuchten Leistungsbereichen betrugen ein Quartal vor dem Tod (t-1) 7.481,4€ bzw. ein Jahr vor dem Tod 15.723,0€. Mit steigendem Alter nahmen die Ø-Kosten vor dem Tod ab. Mit einem Anteil von 83,0% entstand der Großteil der Kosten im KH. In t-1 befanden sich 69,1% aller VP in stationärer Behandlung (w: 65,3%; m: 75,8%). Die drei häufigsten Hauptdiagnosen nach ICD-Dreisteller waren Herzinsuffizienz (w: 7,7%; m: 8,7%), Pneumonie (w: 4,7%; m: 7,0%) und Hirninfarkt (w: 3,3%; m: 2,7%). Die mit 30,1% häufigste ICD-Gruppe waren bösartige Neubildungen. Häufige KH-Wiederaufnahmeraten zeigten sich bei bösartigen Neubildungen (30-40%), COPD (35%) und Herzinsuffizienz (25%), die häufigsten Akutereignisse waren intrazerebrale Blutungen, akutes Nierenversagen und sonstige Sepsis. Etwa die Hälfte der VP mit KH-Aufenthalt in t-1 wies auch eine Rettungsfahrt auf. Es wurden die zehn häufigsten Inanspruchnahme-Muster untersucht. Am häufigsten war "Regelmäßiger Arztkontakt in allen Quartalen vor dem Tod und KH-Fall mit Rettungsfahrt in t-1 ohne HKP, SAPV oder Hospizversorgung". Die SAPV wurde in t-1 am häufigsten von Patienten mit bösartigen Neubildungen und sonstigen Formen der Herzkrankheit genutzt und war in Kombination mit wiederholten KH-Fällen mit/ohne Rettungsfahrt und regelmäßigem Arztkontakt insgesamt das teuerste Inanspruchnahme-Muster.

Diskussion: Erweiterung um Daten etwa zu Einkommen, zur Arzneimittelversorgung, zu Heil- und Hilfsmitteln, etc. sowie Vergleich mit verstorbenen, jedoch nicht pflegebedürftigen Versicherten. Erste Erkenntnisse über die Inanspruchnahme verstorbener Pflegebedürftiger im letzten Lebensjahr konnten jedoch bereits gewonnen werden, aber die Analysen sollten ergänzt, vertieft bzw. auch für bestimmte Subpopulationen durchgeführt werden.