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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Differenzierung der Pflegepersonalstruktur in Kliniken mit spezialisierter Patientenversorgung

Meeting Abstract

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  • Manuela Bergjan - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocP191

doi: 10.3205/17dkvf324, urn:nbn:de:0183-17dkvf3243

Published: September 26, 2017

© 2017 Bergjan.
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Hintergrund: In Zeiten disparater Entwicklungen im Gesundheits- und Bildungswesen ist es insbesondere für die stärkste Berufsgruppe im Gesundheitswesen – die Pflegeberufe – wichtig, innovationsfähig zu bleiben, um für die zukünftigen Herausforderungen gerüstet zu sein. Eine stärkere Differenzierung der Pflegepersonalstruktur kann auch hierzulande einen wichtigen qualitativen Beitrag zur Sicherstellung einer hochwertigen und spezialisierten Patientenversorgung an Universitätskliniken liefern sowie die Attraktivität des Pflegeberufes in einer klinisch orientierten Fachlaufbahn nachhaltig sichern. Voraussetzungen hierfür ist die Entwicklung und Aushandlung differenzierter pflegerischer Aufgabenprofile und Zuständigkeitsbereiche in den jeweiligen Pflegeteams, die sich an den Versorgungsbedarfen der Patienten orientieren und eine Pflegequalität sicherstellen.

Die Implementierungsforschung liefert den konzeptionellen Rahmen für die wissenschaftliche Begleitung des partizipativ angelegten Entwicklungsprojektes mit ihren Entwürfen zur Wissenszirkulation, zur Analyse von Einflussfaktoren sowie über Implementierungsergebnisse.

Ziel der Pilotstudie ist es, eine am Versorgungsbedarf dreier Modellstationen orientierte, differenzierte Pflegepersonalstruktur mit den jeweiligen Pflegeteams zu entwickeln, Merkmale der Pflegeteams als mögliche Einflussfaktoren auf den Implementierungsprozess zu beschreiben sowie ein Monitoring zu entwickeln, welches zuverlässig über Veränderungen und Entwicklungen einer differenzierten Pflegepersonalstruktur auf pflegesensitive Patienten- und Mitarbeiteroutcomes berichtet. Das Projekt gliedert sich zunächst in eine 6-monatige Entwicklungs- und eine 9-monatige Erprobungsphase (Pilotierung) und ist im März 2017 gestartet.

Methode: Die Auswahl der Modellstationen im stationären Versorgungsbereich erfolgte über eine unternehmensweite Ausschreibung in einem Universitätsklinikum. Ausgewählt wurden drei Modellstationen mit „zufällig“ entstandener Differenzierung der Pflegepersonalstruktur, einem kontrastierenden Versorgungsprofil sowie mit geäußerter Veränderungsbereitschaft.

Die Datenerhebungs- und -analyseverfahren sind in ein Mixed-Method-Design eingebettet:

1.
Qualitativer Zugang: Reflexion und Revision der "gewachsenen" Pflegepersonalstruktur
- Dokumentationsanalysen zum pflegerischen Versorgungsauftrag der Modellstationen,
- Gruppendiskussionen zu erhobenen pflegeberuflichen Aufgaben auf Basis der Pflegeinterventionsklassifikation (NIC),
- Standardisierte Beobachtung der Teaminteraktion während der kollegialen Beratung in der Erprobungsphase.
2.
Quantitativer Zugang: Monitoring mit Beginn/Ende der Erprobungsphase
- standardisiertes Monitoring pflegesensitiver Indikatoren wie Sturz, Dekubitus, Schmerz,
- standardisiertes Monitoring zur Ausbildungsqualität (CLESplusT* ),
- standardisierte schriftliche Befragung zur Patientenzufriedenheit und zum Arbeitskräftepotential (Nursing Workforce Index) .

Die qualitative Datenanalyse der Gruppendiskussion erfolgt zusammenfassend, die retrospektive Analyse der Teaminteraktion wird über Felddiagramme visualisiert. Die quantitativen Daten des Monitoring werden deskriptiv ausgewertet.

Erwartete Ergebnisse: Zum Zeitpunkt des Kongresses befindet sich das Pilotprojekt am Anfang der Erprobungsphase. Vorgestellt werden differenzierte, pflegeberufliche Aufgabenprofile einer allgemeinchirurgischen, einer internistisch-onkologischen und internistisch- infektiologischen Modellstation auf drei Qualifikationsstufen. Darüber hinaus liegen bereits Baseline-Daten zum Monitoring vor.

Diskussion: Innovationsprojekte, die in Zeiten des Pflegefachkräftemangels Personalstrukturen auf den Prüfstand stellen, profitieren in vielerlei Hinsicht von einem partizipativen Ansatz, der zugleich das Pflegeteam selbst als einen wesentlichen Einflussfaktor für das Gelingen von Innovationsprozessen miteinbezieht. Differenzierung bedeutet Veränderung für die bislang eher homogen aufgestellten Teams. Die Übernahme erweiterter und Delegation pflegeberuflicher Aufgaben bedeutet in diesem Zusammenhang eine Herausforderung, denn hierfür muss die Komfortzone der „kollektiven Verantwortung“ verlassen werden.

Das Monitoring liefert ein „Routinefeedback“ zur Pflege- und Ausbildungsqualität sowie zur Mitarbeiterzufriedenheit für die Versorgungsteams. Es könnte beispielsweise gezeigt werden, dass eine Integration von Pflegehelfern nicht zwangsläufig zu einer Verschlechterung der Pflegequalität führen muss, oder die Integration hochschulisch qualifizierte Pflegender zu einem Anstieg der Patienten- und Mitarbeiterzufriedenheit sowie der Ausbildungsqualität führen kann. Möglich ist es darüber hinaus, Hinweise auf vermeidbare Tätigkeiten von Pflegeexperten zu bekommen, die auf eine Fehl-/ Überversorgung hindeuten.