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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Ist-Analyse der Leistungsdichte und Versorgungswirksamkeit medizinischer Leistungen im niedergelassenen Bereich in Österreich

Meeting Abstract

  • Sonja Scheffel - Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, Wien, Austria
  • Klaudia Sandholzer - Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, Wien, Austria
  • Tim Teichert - Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, Wien, Austria
  • Gottfried Endel - Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, Wien, Austria

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocP048

doi: 10.3205/17dkvf308, urn:nbn:de:0183-17dkvf3089

Published: September 26, 2017

© 2017 Scheffel et al.
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Text

Hintergrund: Ein Kernelement der 2013 beschlossenen Gesundheitsreform in Österreich stellt die Modernisierung des kompetenzrechtlich stark fragmentierten österreichischen Gesundheitssystems dar. Ziel ist es, dass die medizinische Behandlung von PatientInnen am „Best Point of Service“ stattfindet. Voraussetzung dafür ist jedoch eine klare Festlegung von Versorgungsaufträgen (VSA) für alle Ebenen und AkteurInnen des Gesundheitssystems. Für den ambulanten Bereich wurden in Österreich erstmals solche VSA definiert. Diese werden einerseits in Form eines Aufgabenprofils beschrieben und andererseits in der sogenannten ambulanten Leistungsmatrix (LMamb), die auf dem „Katalog ambulanter Leistungen“ (KAL) basiert, abgebildet. In der LMamb werden einzelne Leistungen den jeweils relevanten Versorgungsebenen sowie Fachgruppen zugeordnet.

Als Voraussetzung für die Umsetzung der VSA haben die AutorInnen eine Ist-Analyse der aktuellen Versorgungssituation durchgeführt. Datenbasis dazu waren die im niedergelassenen Bereich in Österreich erbrachten medizinischen Leistungen im Bereich der Allgemeinmedizin (AM). Darauf aufbauend wurde ein Modell zur Erhebung der Leistungsdichte und Versorgungswirksamkeit in Hinblick auf die VSA erstellt.

Fragestellung:

  • Welche Leistungen des KAL wurden im Jahr 2014 insgesamt erbracht und wie verteilten sich diese?
  • Welche Versorgungsaufträge wurden für die Fachgruppe Allgemeinmedizin definiert und sind im Jahr 2014 im Ist-Stand tatsächlich abgebildet?
  • Wie versorgungswirksam sind die AllgemeinmedizInner?

Methode: Grundlage für diese deskriptive, quantitative Ist-Analyse aus Routinedaten bilden die Abrechnungsdaten der sozialen Krankenversicherungsträger des Kalenderjahres 2014, die im bundesweit einheitlichen KAL zusammengefasst werden. Die Datenauswertung erfolgte im November 2016 „zielbezogen“, d.h. hinsichtlich des Standorts der LeistungserbringerInnen. Die Daten liegen in pseudonymisierter Form vor, sodass ein direkter Personenbezug zu den Anspruchsberechtigten oder LeistungserbringerInnen ausgeschlossen ist. Für die Darstellung der VSA wurde die LMamb herangezogen.

Ergebnisse: In den Abrechnungsdaten der österreichischen sozialen Krankenversicherung des Jahres 2014 finden sich insgesamt 464 verschiedene KAL-Codes. Über alle abrechnenden Fachgruppen hinweg wurden im Jahr 2014 rund 316.879.844 Leistungen abgerechnet. Dabei zeigt sich, dass der KAL-Code „Kontakt in der Ordination während der Öffnungszeit“ mit rund 75,5 Millionen am häufigsten abgerechnet wurde. Insgesamt sind die häufigsten 20 KAL-Codes für rund 65% aller abgerechneten Leistungen verantwortlich. Differenziert nach Fachgruppe rangieren die ÄrztInnen für AM mit über 100 Millionen abgerechneten Leistungspositionen, das entspricht rund 32% des erbrachten Leistungsvolumens, an oberster Stelle.

Bei näherer Betrachtung der Fachgruppe AM zeigt sich, dass von dieser Fachgruppe insgesamt 247 verschiedene KAL-Codes abgerechnet wurden. Die Leistung „Kontakt in der Ordination während der Öffnungszeit“ dominiert auch in der AM. Bei rund der Hälfte aller Leistungspositionen aus den Top 20 im Bereich der AM handelt es sich um Laborpositionen. Insgesamt wurden für die AM 73 KAL-Codes als VSA definiert. Für 26 dieser Leistungspositionen schienen in den Daten des Jahres 2014 keine Frequenzen auf. Eine qualitative Untersuchung zeigte, dass dies auf Änderungen der KAL-Codes oder die fehlende Leistungszuständigkeit der SV zurückzuführen ist.

Für weitere detaillierte und regionale Analysen wurden 4.121 von insgesamt 5.284 AllgemeinmedizinerInnen als versorgungswirksam definiert.

Diskussion: Bei der Entwicklung des Modells zur Bewertung der Leistungsdichte und Versorgungswirksamkeit in Hinblick auf die VSA zeigte sich, dass eine Darstellung des Leistungsgeschehens anhand der KAL-Daten über den Zeitverlauf neben einer quantitativen Analyse stets auch eine qualitative Untersuchung erfordert. Nur so können Leistungsänderungen, die durch die jährliche KAL-Wartung bedingt sind, Berücksichtigung finden.

Die Festlegung der Kriterien für eine Zuordnung hinsichtlich dessen, welche AllgemeinmedizinerInnen als versorgungswirksam gelten erfolgte durch die AutorInnen. Auf Basis der Datenanalyse wurden diverse Charakteristika definiert, welche als Mindeststandards für versorgungswirksame AllgemeinmedizinerInnen festgelegt wurden. Diese mussten eine regionale Zuordnung aufweisen, eine ausreichende Anzahl an Leistungen im Jahr 2014 abgerechnet haben, Hausbesuche durchführen und ein gewisses Leistungsspektrum aufweisen.

Praktische Implikationen: Die vorliegenden Daten zeigen strukturelle Unterschiede in der Versorgungslandschaft auf. Bezugnehmend auf die Erfüllung der definierten VSA wäre eine weiterführende Betrachtung und Analyse einzelner Fachgruppen sinnvoll. Auch eine regionale, quellbezogene Auswertung der Daten, d.h. hinsichtlich des Wohnortes der PatientInnen, könnte ergänzende Informationen zur Versorgungssituation und Leistungsdichte im niedergelassenen Bereich bringen.