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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Fallsteuerung in der Versorgung chronisch Erkrankter – Analyse komplexer Versorgungsanforderungen

Meeting Abstract

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  • Heinz Janßen - Hochschule Bremen, Bremen, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocP041

doi: 10.3205/17dkvf301, urn:nbn:de:0183-17dkvf3011

Published: September 26, 2017

© 2017 Janßen.
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Hintergrund: Die Versorgung von chronisch Erkrankten erfordert differenzierte wie vielfältige Behandlungsmethoden. Mit zunehmender Prävalenz wachsen auch die Kosten der Versorgung. Als ein geeigneter Ansatz zur Verbesserung der Versorgungssituation von Chronikern kann die Durchführung einer koordinierten Fallsteuerung gesehen werden.

Fragestellung: Wie sieht das Verfahren koordinierter Fallsteuerung in der Versorgung aus? Welche Faktoren sind hier für den erfolgreichen Verlauf relevant?

Methode: Untersucht wird die Fragestellung am Beispiel der Versorgung von chronischen Wundpatienten. Die Versorgung von Menschen mit chronischen Wunden stellt eine komplexe Aufgabe dar, die nicht mit einfachen medizinischen oder pflegerischen Prozessen zu bewerkstelligen ist. Meist liegen langwierige Krankheitsverläufe vor, die Gründe für das Fortbestehen der Wunde sind multikausal. Die fachgerechte Diagnostik und Therapie nimmt eine zentrale Stellung ein. Ein ganzheitlicher Behandlungsansatz aus verschiedenen professionellen Blickwinkeln ist erforderlich. Im Rahmen dieses Vortrages werden zwei Studien im Behandlungssetting fallgesteuerter Versorgung erörtert. Zum Einen die Clusteranalyse verschiedener Behandlungstypen und zum zum Zweiten der Einfluss der Patientencompliance auf den Heilungsverlauf. Im Anschluss wird das Grundmuster einer idealtypischen Fallsteuerung skizziert und vorgestellt. Mit Routinedaten zur Patientendokumentation (n=391) wurde methodisch eine retrospektive Verlaufsstudie vorgenommen. Aufgenommen wurden Patienten, die aufgrund einer chronischen Wunde im Rahmen eines integrierten Versorgungsvertrages erfolgreich behandelt wurden. Diese Daten bilden die Grundlage für eine Clusteranalyse. In der Analyse zur Patientencompliance wurden Daten über die Wunddokumentation und über einen Wundfragebogen erhoben. Der Wundfragebogen wurde zu vier Messzeitpunkten im Halbjahresverlauf eingesetzt (n=48).

Ergebnis: Die Clusteranalyse kommt zu einer Differenzierung des Klientels chronischer Wundpatienten. Ein Grossteil der Patienten zeigt eine mittlere Behandlungsdauer und gute Heilungschancen mit kalkulierbarer Kostenstruktur. Hier kann eine strukturierte Versorgung erfolgversprechend bzw. effektiv sein. Etwa ein Viertel der Patienten mit chronischer Wunde zeigen eine sehr lange Behandlungsdauer mit hoher Kostenbelastung. Hier kommt auch die Fallsteuerung im Rahmen einer strukturierten Versorgung an Ihre Grenzen.

Es konnte ein signifikanter Einfluss der Patientencompliance sowohl auf den Wundheilungsverlauf, als auch auf die Lebensqualität des Patienten nachgewiesen werden. In Einklang dazu erwiesen sich die durchschnittlichen Gesamtkosten (Material- und Personalkosten) für Patienten mit einer mangelnden Compliance als wesentlich höher.

Die idealtypische Fallsteuerung wird als Flussdiagramm der Versorgung skizziert. Dabei kommt der Diagnostik eine zentrale Rolle im Versorgungsgeschehen zu. Mit der Erstdiagnostik in einem Wundzentrum erfolgt die Therapie mit Folgediagnostiken zur Verlaufskontrolle. Geschulte Wundmanager führen das Fallmanagement.

Diskussion: Eine ganzheitliche Diagnostik zu Beginn der Therapie ist für den Erfolg der Intervention enorm hilfreich, wie auch die Folgediagnostik in einem festgelegten Zeitraum. Die Patientencompliance muss im Versorgungsprozess stärker berücksichtigt und gefördert werden. Strategien zur Erhöhung der Compliance sollten erarbeitet und zielgerichtet umgesetzt werden. Darüber hinaus wäre die Implementierung eines Systems zur frühzeitigen Erkennung einer mangelnden Compliance wichtig, um rechtzeitig intervenieren zu können.

Praktische Implikationen: Die Ergebnisse zur Cluster- und Complianceanalyse lassen sich auf andere Patientengruppen mit langwierigen wie komplexen Behandlungsverläufen übertragen. Mit einer differenzierten Analyse kann eine strukturierte Versorgung erfolgreich geführt werden. Eine ganzheitliche Diagnostik zu Beginn und die Verlaufskontrolle sind die Basis für eine erfolgreiche wie effektive Fallsteuerung.