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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Einführung und Evaluation eines prästationären Screenings auf MRSA im MRE-Netzwerk KOMPASS e.V. (PRIME)

Meeting Abstract

  • Kathleen Dittmann - Universitätsmedizin Greifswald, Greifswald, Germany
  • Luise Hutzschenreuter - Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald, Greifswald, Germany
  • Steffen Fleßa - Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald, Greifswald, Germany
  • Axel Kramer - Universitätsmedizin Greifswald, Greifswald, Germany
  • Kristian Meinck - IMD Labor Greifswald MVZ GmbH, Greifswald, Germany
  • Nils-Olaf Hübner - Universitätsmedizin Greifswald, Greifswald, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocP064

doi: 10.3205/17dkvf223, urn:nbn:de:0183-17dkvf2236

Published: September 26, 2017

© 2017 Dittmann et al.
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Text

Hintergrund: Nosokomiale Infektionen gehören zu den häufigsten Komplikationen in deutschen Krankenhäusern. Ein steigender Anteil wird durch multiresistente Erreger (MRE) verursacht. Eine zentrale Maßnahme zur Vermeidung von Übertragungen und Infektionen mit MRE ist die frühe Erkennung von Trägern (Screening), um angemessene Infektionsschutzmaßnahmen, Dekolonisierungs-/ Suppressions-therapien oder eine adäquate Antibiotikatherapie einzuleiten. Bisher sind Sektorengrenzen zwischen den Gesundheitsversorgern ein wesentliches Hemmnis für effiziente Screening-Lösungen. So erfolgt bisher keine Erkennung von MRE-Trägern als Vorbereitung eines geplanten Krankenhausaufenthaltes, da die nötigen Strukturen fehlen und die Effekte nicht ausreichend wissenschaftlich belegt sind.

Fragestellung: Wie kann ein prästationäres MRE-Screening in der Regelversorgung umgesetzt werden? Welche Innovationsbarrieren lassen sich dabei identifizieren und wie können diese überwunden werden? Welche Schnittstellenprobleme und welche Lösungsstrategien zwischen ambulantem und stationärem Sektor gibt es? Wie lassen sich die medizinischen, diagnostischen, logistischen und kommunikativen Prozesse optimal gestalten? Wie erfolgt eine effiziente und rechtssichere sektorenübergreifende Informationsweiterleitung? Wie hoch sind die Kosten für ein prästationäres MRSA-Screening im Vergleich zur bisherigen Praxis? Wie kann die Vergütung des prästationären Screenings in der Regelversorgung abgebildet werden? Wie kann die Arbeit der MRE-Netzwerke und der Praxisnetze wirksam zusammengeführt werden?

Methode: Das MRE-Netzwerk KOMPASS e.V. plant das prästationäre Screening elektiver Patienten auf multiresistente nosokomiale Pathogene am Beispiel von MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) ausgehend vom ambulanten Sektor modellhaft in der Region Vorpommern-Greifswald einzuführen.

Die nötigen Prozesse werden ausgehend vom ambulanten MRSA-Screening des Patienten, der vor einem geplanten stationären Aufenthalt steht, über die Labordiagnostik, die Übermittlung der Informationen zwischen den Akteuren bis hin zur elektiven stationären Aufnahme des Patienten ausführlich beschrieben, in Ablaufdiagrammen visualisiert und analysiert.

Über ein Stufenmodell von der Einbindung ausgewählter Zuweiser einzelner Kliniken zu einer breiten regionalen Umsetzung sollen die Forschungsfragen und Umsetzungsbarrieren schrittweise beantwortet bzw. überwunden werden. Dazu werden vorhandene Strukturen wie der „Runde Tisch Gesundheit“ des Landkreises Vorpommern-Greifswald und das Grypsnet Ärztenetz e.V. aktiv eingebunden.

Ergebnisse: Bisher wurden im Projekt die bisherigen Prozesse und zukünftigen Prozesse idealtypisch beschrieben, mögliche Projektpartner identifiziert und faire Vergütungen basierend auf den derzeitig bekannten Daten erarbeitet und abgestimmt (Plan-Phase). Wesentliche Innovationsbarrieren ergaben sich dabei aus der Frage nach einem fairen Leistungsaustausch, Verantwortlichkeiten, Informationsweitergaben zwischen den Akteuren und der Umsetzung des Vorhabens in Verträge. Zum Vortragszeitpunkt erwarten die Autoren Ergebnisse aus der aktuell anlaufenden Phase der Einführung bei ausgewählten Zuweisern und Kliniken (Do-Phase).

Diskussion: Das prästationäre MRE-Screening hat in der Theorie das Potential erheblich zur Erhöhung der Patientensicherheit beitragen und die Aufwendungen für die Behandlung von MRE-Patienten zu senken. In der Projektumsetzung zeigen sich alle Hindernisse, die der Realisierung in der Praxis bisher entgegengestanden haben. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es unklar, ob durch das prästationäre MRE-Screening die erwünschten Effekte erzielt werden können. Wesentliche Innovationsbarrieren konnten jedoch bereits durchbrochen werden.

Praktische Implikationen: Vorangegangene Studien zeigen, dass sich für das stationäre Screening von Risikopatienten und die Behandlung von MRSA-positiven Patienten zusätzliche Kosten ergeben. Wichtigster Kostenfaktor ist die Isolierung von MRSA-Patienten. Sollte sich im Projekt zeigen, dass das Screening skalierbar in in die prästationäre Phase vorverlagert werden kann und dabei zumindest kostenneutral ist, würde dies zu einer erheblichen Entlastung der Patienten, Verbesserung der Patientensicherheit und Effizienzsteigerung führen und die Möglichkeiten zur Bekämpfung von MRE verbessern.