gms | German Medical Science

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Hospitalisierung und Notaufnahmebesuche von Pflegeheimbewohnern: Häufigkeit, Ursachen und Entwicklung einer Intervention zur Verbesserung der Versorgung (Homern)

Meeting Abstract

  • Alexander Fassmer - Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Oldenburg, Germany
  • Michael Freitag - Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Oldenburg, Germany
  • Guido Schmiemann - Universität Bremen, Bremen, Germany
  • Falk Hoffmann - Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Oldenburg, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocP199

doi: 10.3205/17dkvf189, urn:nbn:de:0183-17dkvf1898

Published: September 26, 2017

© 2017 Fassmer et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Hintergrund: In Deutschland leben etwa 800.000 Menschen in Pflegeheimen. Diese Population ist durch ein hohes Maß an chronischen Erkrankungen, oft einher gehend mit einer Polypharmazie, sowie körperliche und kognitive Einschränkungen gekennzeichnet. Pflegeheimbewohner werden zudem häufig in Notaufnahmen sowie im Krankenhaus behandelt, wobei ein Großteil dieser Besuche nach der internationalen Literatur als unangebracht bzw. vermeidbar angesehen wird. Für Deutschland liegt lediglich eine ältere Studie mit Daten aus dem Jahr 2000 vor, wobei die Hospitalisierungsraten im internationalen Vergleich deutlich höher lagen. Dies galt ebenfalls für Hospitalisierungen in unmittelbarer Nähe zum Tod. Daten zu Notaufnahmebesuchen von Pflegeheimbewohnern aus Deutschland sind uns bisher nicht bekannt. Weiterhin muss hierzulande auch das spezifische System des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes berücksichtigt werden.

Fragestellungen: Folgende Forschungsfragen werden in diesem Projekt aufeinander aufbauend untersucht:

  • Wie häufig und mit welchen Diagnosen werden Pflegeheimbewohner in Notaufnahmen und Krankenhäusern behandelt?
  • Welche Ursachen und Versorgungsprozesse führen dazu? Wer ist daran beteiligt (z.B. Hausarzt, vertragsärztlicher Bereitschaftsdienst, Notarzt und Rettungsdienst)? Welche diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen werden im Krankenhaus durchgeführt?
  • Wie häufig schätzen Hausärzte Notaufnahmebesuche und Hospitalisierungen als potenziell vermeidbar bzw. unangemessen ein? Welche alternativen Versorgungsmöglichkeiten gibt es?
  • Welche Versorgungs- und Strukturdefizite bestehen und wie können sie behoben werden? Wie sind alternative Versorgungsmöglichkeiten auszugestalten, um sie in die Routineversorgung zu implementieren? Wie ist die Akzeptanz und Machbarkeit einer solchen Intervention?

Das Projekt wird aus Mitteln des Innovationsfonds gefördert (Förderkennzeichen: 01VSF16055). Projektbeginn ist der 1. Mai 2017.

Methode und erwartete Ergebnisse: In Homern werden in einem Mixed-Methods-Ansatz 4 aufeinander aufbauende Arbeitspakete (AP) bearbeitet.

AP 1: Mit Routinedaten der AOK Bremen/ Bremerhaven werden bei Pflegeheimbewohnern (n=4.200) zunächst die Anzahl und Häufigkeit von Notaufnahmebesuchen und Krankenhausaufenthalten inklusive Dauer und Diagnosen untersucht.

AP 2: Anschließend werden in einer Primärdatenerhebung prospektiv Daten zu 1.000 Notaufnahmebesuchen und Krankenhausaufenthalten von Pflegeheimbewohnern aus Bremen, Oldenburg und dem Umland erfasst. Dabei sollen Versorgungsabläufe näher untersucht werden. Erfasst werden sollen dabei u.a. Einweisungen durch den Hausarzt oder den kassenärztlichen Notdienst, die Beteiligung des Rettungsdienstes bzw. Notarztes sowie die vorangegangene ambulante Behandlung.

AP 3: Auf Basis häufig aufgetretener Szenarien aus AP 2 werden Fallvignetten erstellt und mittels einer Befragung von Hausärzten in Bremen und Niedersachsen (Bruttostichprobe n=1.121 und erwartete Nettostichprobe n=381) erfasst, wie häufig diese Notaufnahmebesuche und Hospitalisierungen z.B. durch frühzeitigere Arztkontakte potenziell vermeidbar wären bzw. in der entsprechenden Situation unangemessen sind, da die Bewohner auch adäquat hätten ambulant versorgt werden können. Weiterhin wird untersucht, mit welchen Veränderungen der Versorgungsabläufe bzw. –strukturen dies gewährleistet werden könnte.

AP 4: Zusätzlich zu den bis dahin ermittelten Projektergebnissen findet eine systematische Suche nach alternativen Versorgungsmöglichkeiten sowie möglichen Pilotprojekten aus Deutschland statt. Mittels Fokusgruppeninterviews werden die alternativen Versorgungsmöglichkeiten sowie deren Machbarkeit und Akzeptanz untersucht. Berücksichtigt werden mit Bewohnern/ Angehörigen, Pflegekräften, Hausärzten, Rettungsdienst, Geriatern, Ärzten der Notaufnahme und Vertretern der Krankenkassen alle an der Versorgung Beteiligten. Die entwickelte Intervention soll anschließend in 2 Heimen pilotiert werden.

Diskussion und praktische Implikationen: Insgesamt handelt es sich bei der Akutversorgung von Pflegeheimbewohnern um ein hochrelevantes Versorgungsproblem, welches mit hohem Ressourcenverbrauch verbunden ist. Für Deutschland liegen jedoch kaum belastbare Daten dazu vor. Das Projekt wird diese Lücke schließen.