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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

share-it! – Infrastrukturaufbau und standortübergreifende Nutzung von Versorgungsdaten im Nordosten

Meeting Abstract

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  • Torsten Leddig - Universitätsmedizin Greifswald, Greifswald, Germany
  • Thomas Bahls - Universitätsmedizin Greifswald, Greifswald, Germany
  • Wolfgang Hoffmann - Universitätsmedizin Greifswald, Greifswald, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocP254

doi: 10.3205/17dkvf175, urn:nbn:de:0183-17dkvf1758

Published: September 26, 2017

© 2017 Leddig et al.
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Im Zuge der Digitalisierung werden mehr und mehr Behandlungsdaten digital verfügbar und bieten großes Potential zur Verbesserung von Forschungsmöglichkeiten und Patientenversorgung. Dieses wird derzeit jedoch nicht ausgeschöpft, da (a) Daten nicht hinreichend beschrieben sind, um über den unmittelbaren Erhebungskontext hinaus sinnvoll interpretierbar zu sein, (b) in heterogenen nicht kompatiblen Datenformaten vorliegen und (c) ethische und rechtliche Fragen zur Nutzung der Daten zum Teil noch ungeklärt sind. Neben der Erschließung stellt auch das Management der immer größer werdenden Menge an medizinisch relevanten Daten Forschung und Versorgung vor Herausforderungen. Ziel des BMBF Förderkonzepts Medizininformatik ist es, diese Herausforderungen durch den Aufbau von IT-Lösungen zu bewältigen. Dazu werden Konsortien gefördert, deren Ziel es ist, Daten, welche an den Standorten des Konsortiums in der Versorgung erhoben werden, zu erschließen, zu beschreiben, zu extrahieren und für die weitere Verwendung in Forschung und Versorgung aufzubereiten. Eines der Konsortien ist das aus den Universitätsklinika Hamburg-Eppendorf, Schleswig-Holstein, Dresden und der Universitätsmedizin Greifswald bestehende share-it! Konsortium.

share-it! verfolgt drei zentrale Ziele:

1.
Aufbau einer interoperablen und skalierbaren Infrastruktur zur standortübergreifenden Datennutzung,
2.
Verbesserung der Versorgung in klinisch relevanten Use Cases, und
3.
Qualifikation der zukünftigen Nutzer und Betreiber durch Einrichtung neuer Professuren und Auf- und Ausbau standortübergreifender innovativer Lehrkonzepte im Bereich der Medizininformatik.

Die konzeptionelle Arbeit ist in thematischen Arbeitsgruppen organisiert, die von den komplementären Expertisen der Standorte profitieren. Die Gruppen adressieren insbesondere:

    • Konzeption und Aufbau einer flexiblen IT-Infrastruktur
    • Klärung ethischer Fragestellungen im Kontext der Speicherung von Versorgungsdaten und der Aufbewahrung von Restbiomaterialien
    • die hinsichtlich Ethik und Datenschutz abgesicherte Nutzung von Daten und Restbiomaterialien für die Forschung
    • Nutzung der erhobenen Daten in klinisch relevanten Use Cases
    • Stärkung der akademischen Medizininformatik in Aus- und Weiterbildung

Der Infrastrukturaufbau erfolgt auf zwei Ebenen:

1.
Aufbau standortspezifisch ausgestalteter Datenintegrationszentren.
2.
Etablierung einer föderierten, alle Standorte anschließenden Infrastruktur zum Datenaustausch (z.B. föderierte Treuhandstelle und Transferstelle).

Als Grundlage für die Datenerhebung kommt ein von share-it! mitentwickelter modularer Klinikkonsent auf Basis der Erfahrungen aus der NAKO Gesundheitsstudie und dem AK-EK zum Einsatz. Die anschließende Nutzung der Daten folgt einer Nutzungsordnung, die basierend auf den Vorerfahrungen aus SHIP (Greifswald), P2N (Kiel) und NAKO entwickelt wurde und fair und transparent die Interessen der verschiedenen Stakeholder (Patienten, Ärzte, Forscher) ausbalanciert.

Der Nachweis des Nutzens für Forschung und Versorgung erfolgt entlang zweier Zeitschienen:

  • Innerhalb der ersten 4 Jahre bei der Optimierung des Antibiotikaeinsatzes sowie der frühzeitige Erkennung von Komplikationen in der Intensivmedizin
  • In der 8-15-Jahres Perspektive bei der bildgestützten Behandlungsplanung in der Strahlentherapie sowie der Individualisierung der Biologikatherapie bei Psoriasis.

Zur Stärkung der Medizininformatik werden an allen Standorten neue Professuren eingerichtet und in die Arbeiten des Konsortiums einbezogen, sowie Lehrprogramme entwickelt, die auf den vorhandenen Expertisen aufbauen.

Der föderierte Infrastruktur-Ansatz erlaubt einen einfachen Anschluss weiterer Partner, da die “Übersetzung” in die vereinbarten Einheiten und Formate erst auf der föderierten Ebene erfolgt. Somit entfällt die Notwendigkeit tiefgreifender Anpassungen des Datenmodells eines Standortes.

Der modulare Konsent verspricht eine hohe Akzeptanz bei den Patienten und schafft somit die entscheidende Grundlage für den Erfolg des Vorhabens. Um eine hohe Akzeptanz bei den beteiligten Ärzten und Forschern zu erreichen, sind der direkte Versorgungsnutzen in den Use Cases und die hohe Transparenz der entwickelten Nutzungsordnung maßgeblich.

Nicht zuletzt werden die neuen Professuren und Lehrkonzepte wesentlich zur Verstetigung und Nutzung der aufgebauten Infrastrukturen beitragen und eine langfristige Nutzung der Daten gewährleisten, indem die notwendigen Kompetenzen in Betrieb und Nutzung der Infrastruktur frühzeitig in der Ausbildung von Medizinern und Medizininformatikern vermittelt werden.

Durch den Infrastrukturaufbau werden perspektivisch alle klinischen Datenquellen an einem Standort erschlossen und erlauben somit eine umfassende Abbildung der Versorgung jedes Patienten. Dies, zusammen mit den hohen Fallzahlen durch die Kombination vergleichbarer Daten mehrerer beteiligter Standorte erlaubt neben der Bearbeitung spezialisierter Forschungsfragen auch eine verstärkte Individualisierung der Therapie.