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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Erwartungen von Rehabilitanden mit kardiovaskulären Erkrankungen an eine telemedizinische Nachsorge: Ergebnisse von Rehabilitanden-Interviews

Meeting Abstract

  • Christina Reese - Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg, Germany
  • Robert Nechwatal - Rehaklinik Heidelberg-Königstuhl, Heidelberg, Germany
  • Erik Farin-Glattacker - Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocV019

doi: 10.3205/17dkvf050, urn:nbn:de:0183-17dkvf0504

Published: September 26, 2017

© 2017 Reese et al.
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Text

Hintergrund: Durch Nachsorgeprogramme können die im Rahmen einer kardiologischen Rehabilitation erzielten Erfolge nachhaltig verstetigt und weiter verbessert werden. Zur Weiterentwicklung der Reha-Nachsorge regt die Deutsche Rentenversicherung eine Flexibilisierung an. Hierzu kann der Einsatz telemedizinischer Verfahren einen wichtigen Beitrag leisten, um beispielsweise längere Phasen der Nachbetreuung, die räumlich und zeitlich flexible Nutzung von Nachsorgeangeboten oder variable Intensitäten der Nachsorge umzusetzen.

Fragestellung: Zur Klärung der Frage, welche Erwartungen Rehabilitanden mit kardiovaskulären Erkrankungen an eine telemedizinische Nachsorge haben, führten wir Interviews mit Rehabilitanden durch.

Methode: Für die Einzelinterviews wurden 9 Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen rekrutiert, die zum Zeitpunkt der Interviews eine kardiologische Rehabilitation absolvierten. Hierbei handelte es sich um eine Ad-Hoc-Auswahl. Die Interviews wurden anhand eines Interview-Leitfadens durchgeführt und handschriftlich protokolliert. Es standen 30 Minuten für jedes Interview zur Verfügung.

In den Interviews wurden unter anderem folgende Fragen thematisiert: (a) Liegen bereits Erfahrungen mit telemedizinischen Angeboten vor? (b) Ist es für den Rehabilitanden vorstellbar, ein telemedizinisches Angebot (nochmal) in Anspruch zu nehmen? Wie sollte ein solches Angebot gestaltet sein? (c) Welche Medien (z.B. Telefon, Smartphone, Internetseiten) würde der Rehabilitand am ehesten nutzen? (d) Welchen zeitlichen Umfang sollte die Nachsorge umfassen?

Es erfolgte eine inhaltsanalytische Auswertung der protokollierten Ergebnisse mit Bildung von Themenkomplexen.

Ergebnisse: Es nahmen acht Männer und eine Frau mit kardiovaskulären Erkrankungen an den Interviews teil. Zwei Patienten waren im Alter zwischen 31-40 Jahren, und sieben Patienten waren im Alter zwischen 51-60 Jahren.

Keiner der befragten Rehabilitanden hatte bereits Erfahrungen mit telemedizinischen Angeboten, aber acht von neun Rehabilitanden konnten es sich vorstellen, ein solches Angebot in Anspruch zu nehmen. Hierfür müssten folgende Rahmenbedingungen erfüllt sein: Den Rehabilitanden war wichtig, dass bei Bedarf ein Mitarbeiter telefonisch erreichbar ist, der den Rehabilitanden und seine Ziele und Problemstellungen persönlich kennt. Ein anderer Wunsch war, dass beim Telefonat kein starker Zeitdruck erkennbar sein soll. Vier Rehabilitanden hielten es für wichtig, dass regelmäßig überprüft wird, ob die in der Rehabilitation gefassten Pläne und Vorsätze in die Tat umgesetzt werden (evtl. auch durch ein Monitoring der Vitalparameter) und man bei Bedarf motiviert wird, da die Vorsätze aus der Rehabilitation sonst schnell vergessen seien. Zwei der Rehabilitanden wünschten sich konkrete Vorschläge für Bewegung sowie zur Steigerung der Belastung. Einer der Patienten wünschte sich einen Gruppen-Chat, der nicht nur bei der Krankheitsbewältigung und der Lebensstiländerung hilfreich sein könnte, sondern auch dazu beitragen könnte, soziale Kontakte zu knüpfen.

Danach gefragt, welche technischen Möglichkeiten sie am liebsten im Rahmen einer telemedizinischen Nachsorge nutzen würden, gaben acht der neun Rehabilitanden an, dass sie gerne eine telefonische Nachsorge in Anspruch nehmen würden, fünf der Rehabilitanden könnten sich eine Ergänzung durch Angebote im Internet vorstellen, und zwei Rehabilitanden würden gerne zusätzlich das Handy nutzen (z.B. per SMS).

Der von den Rehabilitanden gewünschte Zeitrahmen für die Nachsorge lag bei mindestens 1-3 Monaten, besser aber 6-12 Monaten, bis sich „alles eingespielt“ hat.

Diskussion: Die Option einer telemedizinischen Nachsorge wird von den befragten Rehabilitanden insgesamt positiv bewertet. Ein expliziter Wunsch der Rehabilitanden besteht darin, dass im Rahmen der telemedizinischen Nachsorge (auch) ein persönlicher, z.B. telefonischer Kontakt mit einem Mitarbeiter (bestenfalls aus der Reha-Einrichtung) besteht, der einen kennt und mit den individuellen Zielsetzungen und Problemlagen vertraut ist.

Um ein telemedizinisches, kardiologisches Nachsorgeprogramm mit begleitenden Telefonkontakten in Zukunft bereitstellen zu können, wären in einem nächsten Schritt die Entwicklung, Implementierung und Machbarkeitsanalyse eines solchen Angebots notwendig.

Praktische Implikationen: Eine telemedizinische Nachsorge stellt eine vielversprechende und zeitgemäße Möglichkeit einer flexiblen Nachbetreuung im Anschluss an den Rehabilitationsaufenthalt dar. Rehabilitanden sind aufgeschlossen gegenüber einem solchen Angebot. Bei der Umsetzung technischer Lösungen im Rahmen einer telemedizinischen Nachsorge sollten jedoch der persönliche Kontakt und die individuelle Begleitung der einzelnen Rehabilitanden ausreichend Berücksichtigung finden.