gms | German Medical Science

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

How well are clinical practice guidelines on smoking cessation treatment implemented in German General practice?

Meeting Abstract

Search Medline for

  • Sabrina Kastaun - Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Med. Fakultät, Düsseldorf, Germany
  • Daniel Kotz - Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Med. Fakultät,, Düsseldorf, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocV025

doi: 10.3205/17dkvf030, urn:nbn:de:0183-17dkvf0304

Published: September 26, 2017

© 2017 Kastaun et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Hintergrund: Tabakrauchen und tabakassoziierte Erkrankungen gehören zu den größten vermeidbaren Mortalitätsrisiken. Dennoch liegt die Prävalenz des Rauchens in Deutschland mit knapp 30% weiterhin auf sehr hohem Niveau. Die klinische S-3 Leitlinie "Screening, Diagnostik und Behandlung des schädlichen und abhängigen Tabakkonsums" empfiehlt daher, evidenzbasierte Kurzberatung zur Tabakentwöhnung routinemäßig in der hausärztlichen Versorgung anzubieten. Die effektivste Form der Kurzberatung beinhaltet die Rauchstoppempfehlung sowie das Aufklären über und Einleiten der Behandlung. Es fehlen jedoch aktuelle und repräsentative Daten zur Umsetzung dieser Leitlinienempfehlung in der hausärztlichen Praxis in Deutschland.

Fragestellung: Wie häufig wird die Kurzberatung zur Tabakentwöhnung in der hausärztlichen Versorgung in Deutschland umgesetzt? Ist die Umsetzung mit soziodemographischen Merkmalen oder Rauchverhalten der Patienten/innen assoziiert?

Methode: Die Datenerhebung fand im Rahmen der DEBRA Studie statt (Deutsche Befragung zum Rauchverhalten: http://www.debra-study.info/; Deutsches Register Klinischer Studien: DRKS00011322). Im Querschnittdesign wird zweimonatlich eine repräsentative Stichprobe der deutschen Bevölkerung (pro Befragungswelle 2.000 Personen, >14 Jahre) persönlich-mündlich zu ihrem Rauchstatus befragt. Raucher/innen und frische Ex-Raucher/innen (<12 Monate seit Rauchstopp) werden zusätzlich u.a. zu Rauchverhalten, Rauchstoppmethoden, sowie zum Erhalt von Rauchstoppempfehlungen während ihrer letzten hausärztlichen Konsultation befragt. Für die aktuelle Analyse wurden die Daten der ersten 4 Befragungswellen aggregiert (Juli 2016 - Januar 2017; 8.216 Befragte; Mittelwert [MW] Alter: 52,5 Jahre, Standardabweichung [SD] + 19 Jahre; 51,7% Frauen). Mittels einfacher logistischer Regression wurden Assoziationen zwischen dem Erhalt ärztlicher Rauchstoppempfehlungen (binäre abhängige Variable: Ja vs. Nein) mit den unabhängigen Variablen Geschlecht, Alter, Schulabschluss (kein Abschluss, Haupt-/Volksschule, Realschule, Fachhochschule, Abitur), Haushaltsnettoeinkommen (€<1.000, bis 2.000, bis 3.000, bis 4.000, bis 5.000, > 5.000 und Konsummenge (<10 vs. >10 Zigaretten/Tag) berechnet.

Ergebnisse: 28% der Befragten waren Raucher/innen (N=2.320; 95% Konfidenzintervall [95%KI]=27%-29%). Davon suchten 64% (N=1.523; 95%KI=62%-66%) im vergangenen Jahr eine Hausarztpraxis auf. Hiervon wiederum erhielten 18% (N=274; 95%KI=12%-16%) von ihrem/r Hausarzt/Hausärztin eine Rauchstoppempfehlung, 4% (N=57; 95%KI=3%-5%) davon eine Rauchstoppempfehlung kombiniert mit einer Behandlungsempfehlung. Geringerer Zigarettenkonsum (Odds ratio [OR]=0.51; 95%KI 0.36-0.73) und höheres Alter (OR=1.01; 95%KI 1.01-1.02) waren signifikant mit dem Erhalt einer Kurzberatung assoziiert.

Diskussion: Hausärztliche Kurzberatung zur Tabakentwöhnung wird in Deutschland vergleichsweise selten umgesetzt. Methodisch vergleichbare Daten aus England zeigen beispielsweise, dass dort etwa 60% der Patienten/innen den Erhalt einer Kurzberatung zur Tabakentwöhnung während der letzten Konsultation berichten. Insbesondere „leichte“ Raucher/innen (<10 Zigaretten/Tag) haben trotz einem bestehenden relevanten Gesundheitsrisiko im Vergleich mit „starken“ Raucher/innen (>10 Zigaretten/Tag) eine um die Hälfte reduzierte Wahrscheinlichkeit zur Tabakentwöhnung beraten zu werden. Es kann vermutet werden, dass der Zusammenhang zwischen höherem Alter und der steigenden Wahrscheinlichkeit eine hausärztliche Rauchstoppberatung zu erhalten, durch die Entstehung altersbedingter (tabakassoziierter) Erkrankungen vermittelt wird.

Praktische Implikationen: Es besteht dringender Bedarf an Strategien zur Verbesserung der Umsetzung der genannten S3-Leitlinie im Bereich der hausärztlichen Versorgung. Dabei sind sowohl Aspekte der flächendeckenden quantitativen also auch der qualitativen Versorgung zu berücksichtigen.