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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Evaluation komplexer Gesundheitsinterventionen im Kontext Pflegeheim. Erfahrungen beim Zugang zum Feld und bei der Umsetzung der Konzeption

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Michaela Pantke - Alice Salomon Hochschule Berlin, Berlin, Germany
  • Joachim Kuck - Alice Salomon Hochschule Berlin, Berlin, Germany
  • Uwe Flick - Alice Salomon Hochschule Berlin, Berlin, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocKV14-71

doi: 10.3205/13dkvf152, urn:nbn:de:0183-13dkvf1528

Published: October 25, 2013

© 2013 Pantke et al.
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Hintergrund: Pflegeheimbewohner leiden häufig unter Schlafstörungen, die sich in unterschiedlichen Formen feststellen lassen. Sie gelten als ein Risikofaktor für verschiedene internistische und psychiatrische Erkrankungen und sind mit weiteren gesundheitlichen Problemen assoziiert. Zwischen beeinträchtigter Schlafqualität bei Pflegeheimbewohnern, reduziertem funktionalen Status und mangelnder Aktivierung in der Einrichtung sind Zusammenhänge nachweisbar und können zu weiterem funktionalen Abbau führen. Gleichzeitig ist das Wissen der Pflegekräfte in den Einrichtungen zum Umgang mit Schlafstörungen eher gering. Zudem werden oftmals nichtmedikamentöse Möglichkeiten zur Schlafförderung nicht ausgeschöpft.

Vor diesem Hintergrund und auf der Grundlage der Erkenntnisse aus einem Vorläuferprojekt wurden die komplexen Gesundheitsinterventionen der aktuellen Studie mit dem Ziel konzipiert, mit nichtmedikamentösen Maßnahmen die Schlafqualität von Pflegeheimbewohner zu verbessern.

Methodik: Für die cluster-randomisierte, zweiarmige, kontrollierte Interventionsstudie wurde eine bewohnerbezogene Intervention entwickelt, in der den teilnehmenden Pflegeheimbewohnern körperlich und sozial aktivierende Maßnahmen mehrfach wöchentlich von Fachkräften in Kleingruppen angeboten werden. Daten zur Schlafqualität, zu psychosozialen Indikatoren und zum funktionalen Status der Teilnehmenden werden mittels Aktigraphie und spezifischer Items des Minimum Data Sets des Resident Assessment Instrument (interRAI MDS 2.0; Morris et al. 1995) erfasst und hinsichtlich der Interventionswirkung ausgewertet.

Die ursprüngliche Fallzahlplanung sah vor, 204 multimorbide Bewohner aus 14 Pflegeeinrichtungen einzubeziehen, unter der Annahme, dass ca. 20% der Bewohner in den kooperierenden Pflegeheimen die Ein- und Ausschlusskriterien der Studie erfüllen. Diese Einschätzung basierte auf den Ergebnissen einer Sekundärdatenanalyse von RAI-Daten aus dem Jahr 2008 aus einem Vorläuferprojekt. Danach erfüllten die Einschlusskriterien "Ein- oder Durchschlafstörungen (in den letzten 14 Tagen)" 33,3% der Bewohner sowie "nicht erholsamer Schlaf (in den letzten 14 Tagen)" 26,3 % der Bewohner. Durch das wichtigste Ausschlusskriterium "mittlere bis schwerste kognitive Einschränkungen" würden etwa 60% der Bewohner von der Teilnahme ausgeschlossen. Weiterhin wurde von einer Ablehnung der Teilnahme von etwa 20% der Bewohner ausgegangen, die die Ein- und Ausschlusskriterien erfüllen, und von einer Drop-out-Rate von knapp 10%.

Der Zugang zur vulnerablen Zielgruppe der multimorbiden Pflegeheimbewohner erfolgte über die zu den Ein- und Ausschlusskriterien informierten Mitarbeitenden der Pflegeeinrichtungen als Gatekeeper. Die Pflegeheimbewohner wurden nach eingehender mündlicher Information durch Studienmitarbeitende einbezogen.

Die Annahmen aus der Planungsphase der Studie hinsichtlich Fallzahlplanung und Durchführung der Studie werden mit den Ergebnissen des Rekrutierungsprozesses und dem bisherigen Studienverlauf verglichen und mögliche Gründe für die Abweichungen von der Planung diskutiert.

Ergebnisse: Die Evaluation der komplexen Interventionen ließ sich erfolgreich realisieren, war jedoch hinsichtlich der Teilnehmendenrekrutierung und der Interventionsdurchführung sowohl auf der Bewohnerebene als auch auf der organisatorischen Ebene der Pflegeeinrichtungen mit deutlichen Hemmnissen verbunden.

Etwa 7% der Bewohner wurden nach Kontaktvermittlung durch Mitarbeitende in den teilnehmenden Pflegeheimen zur Studie informiert. Damit nahmen deutlich weniger Bewohner, die von Pflege als geeignet eingeschätzt wurden, an den Informationsgesprächen teil, als laut Studienplanung für die Teilnahme in Frage gekommen wären. Etwa 40% der informierten Bewohner haben eine Studienteilnahme abgelehnt (gegenüber vorab geschätzten 20%). Die Drop-out-Rate ist nach den bisherigen Erfahrungen mit 21,8% etwa doppelt so groß wie angenommen. Die Anzahl der einbezogenen Einrichtungen erhöhte sich auf 32 Pflegeheime im Vergleich zum geplanten Einschluss von 14 Einrichtungen, da in den Einzeleinrichtungen weniger Bewohner als vorab angenommen eingeschlossen werden konnten.

Diskussion/Schlussfolgerung: Rekrutierung und Motivation von multimorbiden Pflegeheimbewohnern im Endstadium chronischer Erkrankungen zur Teilnahme an einer Studie zu komplexen Gesundheitsinterventionen sind mit einem hohen zeitlichen und personellen Aufwand verbunden. Die Interventionsdurchführung erfordert differenzierte Planungsschritte und Absprachen zur personellen Unterstützung und zum Ablauf in den Einrichtungen. Kommunikationsdefizite zwischen Leitungsebene und Pflegekräften bei der notwendigen Vermittlung der Studieninhalte und Umsetzung von Absprachen wirken erschwerend auf die Durchführung.

Für Studien zu komplexen Gesundheitsinterventionen in Pflegeeinrichtungen sind verbindliche Kooperationen bereits in der Planungsphase und ausreichende personelle und zeitliche Ressourcen zur Kompensation von Umsetzungsproblemen innerhalb der Einrichtungen sinnvoll.