gms | German Medical Science

10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung, 18. GAA-Jahrestagung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.
Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie e. V.

20.-22.10.2011, Köln

Methodisches und datenschutzrechtliches Vorgehen bei der Nutzung von Routinedaten verschiedener Krankenkassen in einer Kohortenstudie am Beispiel der lidA-(leben in der Arbeit-) Studie

Meeting Abstract

Search Medline for

  • corresponding author presenting/speaker Stefanie March - Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Med. Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg, Deutschland
  • Enno Swart - Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Med. Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg, Deutschland
  • Dorothea Thomas - Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Med. Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg, Deutschland

10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. 18. GAA-Jahrestagung. Köln, 20.-22.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dkvf157

doi: 10.3205/11dkvf157, urn:nbn:de:0183-11dkvf1571

Published: October 12, 2011

© 2011 March et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution License (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.en). You are free: to Share – to copy, distribute and transmit the work, provided the original author and source are credited.


Outline

Text

Hintergrund: Die lidA-Studie, eine vom BMBF geförderte Kohortenstudie, untersucht interdisziplinär in zwei Jahrgangskohorten (1959 und 1965) den langfristigen Effekt von Arbeit auf die Gesundheit. Im Rahmen dessen werden neben Primärdaten auch verschiedene Sekundärdaten verwendet, so auch Routinedaten verschiedener gesetzlicher Krankenkassen. In Deutschland erfolgte dies bislang lediglich im Rahmen der KORA-Studien und der Heinz-Nixdorf-Recall-Studie [1], [2].

Material und Methoden: Daten der wichtigsten Versorgungssektoren (ambulante und stationäre Versorgung, Medikamenten- und Heilmittelverordnungen, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen) sollen über ein individuelles Datenlinkage mit den Primärdaten verknüpft werden. Die hierfür benötigte Einverständniserklärung wird bei der Primärerhebung (CAPI) von den Befragten erbeten. Die Inanspruchnahme soll im Längsschnitt abgebildet werden und fungiert im Rahmen der Studie als Outcomeparameter. Außerdem soll auf Basis von aggregierten Krankenkassendaten der beiden untersuchten Jahrgänge eine Work-Health-Matrix erstellt werden.

Vor der Nutzung von Krankenkassendaten muss jede Krankenkasse einen Antrag auf Genehmigung der Übermittlung von Sozialdaten für ein Forschungsvorhaben gemäß § 75 SGB X bei ihrer Aufsichtsbehörde auf Landes- oder Bundesebene stellen. Die Erfüllung dieser und weiterer umfassender datenschutzrechtlicher Bestimmungen sind für eine Verknüpfung von Primär- und Sekundärdaten unerlässlich [3], [4]. Neben der o.g. Antragsstellung wurden u.a. diverse Konzepte und Vereinbarungen (z. B. Datennutzungskonzepte, Datensicherheitskonzepte der am Projekt beteiligten Institute) sowie Aufklärungsmaterialien für die Befragten (Merkblätter, Einverständniserklärungen) erstellt.

Ergebnisse: Im Rahmen eines Pretests wurde der Prozess der schriftlichen Einverständnisabfrage zur Zuspielung der individuellen Krankenkassendaten erprobt und optimiert. 69% der Teilnehmer des Pretests erteilten ihr Einverständnis zur wissenschaftlichen Nutzung ihrer Krankenkassendaten. Trotz Verpflichtung jeder einzelnen Krankenkasse zur Antragsstellung nach § 75 SGB X wurde der Antrag zentral nach vorhergehender Konsultation mit den Aufsichtsbehörden erstellt und allen interessierten Krankenkassen zur Verfügung gestellt. Dies ermöglichte nicht nur ein einheitliches Vorgehen, sondern hielt den Aufwand für die Krankenkassen gering. Bislang liegen sechs Genehmigungen von Aufsichtsbehörden vor. Individuelle Verträge über die Datenbereitstellung zwischen den Krankenkassen und dem ISMG wurden bzw. werden derzeit geschlossen.

Schlussfolgerung: Das gewählte Studiendesign sowie die Einhaltung diverser datenschutzrechtlicher Aspekte benötigen einen hohen Zeit- und Koordinationsaufwand. Trotz gesetzlicher Vorgaben liegen die Sozialdaten der Kassen in unterschiedlicher Struktur vor. Die Bereitstellung eines Musterantrages nach § 75 SGB X erhöht neben der Transparenz des Vorgehens auch die Bereitschaft der Teilnahme an der Studie bei den Krankenkassen. Die Zuständigkeit verschiedener Aufsichtsbehörden erfordert ein möglichst einheitliches Vorgehen. Dennoch kommt es zu unterschiedlichen Rückmeldungen.

Die Erfahrungen aus der lidA-Studie können in anderen Studien mit einem vergleichbaren Design genutzt werden.


Literatur

1.
John J, Krauth C. Verknüpfung von Primärdaten mit Daten der Gesetzlichen Krankenversicherung in gesundheitsökonomischen Evaluationsstudien. Erfahrungen aus zwei KORA-Studien. In: Swart E, Ihle P, Hrsg. Routinedaten im Gesundheitswesen. Handbuch Sekundärdatenanalyse: Grundlagen, Methoden und Perspektiven. Bern: Hans Huber Verlag; 2005. p. 215-234.
2.
Andrich S, Moebus S, Jöckel K-H. Die gesundheitsökonomische Begleitevaluation der Heinz Nixdorf Recall Studie. Vortrag auf dem 1. AGENS-Methodenworkshop; Magdeburg, 13. März 2009.
3.
March S, Rauch A, Thomas D, Bender S, Swart E. Datenschutzrechtliche Vorgehensweise bei der Verknüpfung von Primär- und Sekundärdaten in einer Kohortenstudie: die lidA-Studie. Gesundheitswesen. 2011: eingereicht.
4.
Swart E, Thomas D, March S, Salomon T, von dem Knesebeck O. Erfahrungen mit der Datenverknüpfung von Primär- und Sekundärdaten in einer Interventionsstudie. Gesundheitswesen. 2011: angenommen.