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10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung, 18. GAA-Jahrestagung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.
Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie e. V.

20.-22.10.2011, Köln

Initiative für gute Gesundheitsversorgung (INIgG): Regionale Unterschiede aufzeigen, Lösungsansätze erarbeiten, Bürger aktivieren

Meeting Abstract

  • author Jan Boecken - Bertelsmann Stiftung, Gütersloh, Deutschland
  • Marion Grote-Westrick - Bertelsmann Stiftung, Gütersloh, Deutschland
  • Uwe Schwenk - Bertelsmann Stiftung, Gütersloh, Deutschland
  • corresponding author presenting/speaker Eckhard Volbracht - Bertelsmann Stiftung, Gütersloh, Deutschland

10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. 18. GAA-Jahrestagung. Köln, 20.-22.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dkvf130

doi: 10.3205/11dkvf130, urn:nbn:de:0183-11dkvf1303

Published: October 12, 2011

© 2011 Boecken et al.
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Outline

Text

Hintergrund: Über-, Unter- und Fehlversorgung im deutschen Gesundheitswesen werden in Fachkreisen schon seit Jahren diskutiert. Der Sachverständigenrat für die Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen zeigte die Problemlage bereits 2001 deutlich auf. In unserem Gesundheitssystem werden nicht nur wertvolle Ressourcen unnötig und unangemessen verbraucht. Auch der regionale Einsatz von Gesundheitsleistungen und das Angebot an Versorgungsstrukturen variieren und entsprechen dabei nicht immer dem Bedarf der Bevölkerung. Obwohl diese Probleme in Fachkreisen bekannt sind, sind sie nur schwer zu lösen. Komplexe Zusammenhänge, die unklare Datenlage und unterschiedliche Interessen stehen notwendigen Verbesserungen im Wege.

Material und Methoden: Die Initiative für gute Gesundheitsversorgung will Über-, Unter- und Fehlversorgung konkret und nachvollziehbar aufzeigen – auf einer fundierten Datengrundlage. Sie wird Beispiele für regionale Unterschiede regelmäßig analysieren, interpretieren und veröffentlichen. Dazu gehören auch Ursachenforschung und Lösungsvorschläge für die jeweiligen Themen. Die ausgewählten Themen stehen beispielhaft für strukturelle Defizite des deutschen Gesundheitswesens, wie Planungs- und Koordinationsmängel, fehlende Verantwortlichkeiten, Fehlanreize und mangelhafte Einbindung der Patienten. Das Themenspektrum ist breit – von häufigem Antibiotika-Einsatz bei Kindern bis zu regionalen Unterschieden bei der ärztlichen Versorgung. Bei der Themenauswahl helfen diverse Filterkriterien. So sollen die Themen eine hohe Relevanz für die Bevölkerung haben, bedeutsame Defizite im System aufzeigen und konkrete Handlungs- und Verbesserungs-ansätze ermöglichen. Die Bearbeitung und Interpretation der Themen erfolgt durch Themen-paten aus der Wissenschaft und ein strukturiertes Themen-Review. Die Reports sollen nicht nur Daten auswerten und Fakten beschreiben, sondern Interpretationen und Analysen liefern, Ursachenforschung betreiben und nicht zuletzt Empfehlungen abgeben, wie die identifizierten Defizite verändert werden können. Kartografische Darstellungen bilden die regionale Versorgungsrealität ab und sollen das Interesse der Menschen wecken, sich mit den dargestellten Problemen in ihrer Region aktiv auseinanderzusetzen. Damit sollen eine bedarfsgerechte Gestaltung und Inanspruchnahme von Versorgung und Verständnis für notwendige Veränderungen gefördert werden.

Ergebnisse: Es werden ausgewählte Beispiele von Über-, Unter- und Fehlversorgung und regionalen Variationen in der Gesundheitsversorgung in Deutschland präsentiert.

Schlussfolgerung: Auch in Deutschland gibt es Variationen in der Versorgung. Diese können bedarfsgerecht sein, aber auch eine Folge unerwünschter lokaler Versorgungsmuster. Die Differenzierung zwischen erwünschten und unerwünschten Variationen erfordert die entsprechende Evidenz und Datenlage. Mit der Initiative für gute Gesundheitsversorgung werden neue Wege beschritten, um Veränderungsdruck in Richtung bedarfsgerechter Versorgung und gerechter Verteilung der begrenzten Ressourcen zu erzeugen. Statt Informationen primär auf die Fachöffentlichkeit auszurichten, setzen wir auf eine starke Bürgerorientierung und Vermittlung der Ergebnisse in die breite Öffentlichkeit. Die Kenntnis und sachgerechte Interpretation regionaler Unterschiede von Angebotsstrukturen, Aktivitäten und Ergebnissen ist eine wichtige Voraussetzung für eine sachgerechte Ressourcenallokation.


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