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Effekt der Delegation hausärztlicher Hausbesuche auf die Entwicklung der Patientenzahlen in den Hausarztpraxen eines Medizinischen Versorgungszentrums
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Published: | October 12, 2011 |
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Hintergrund: In den AGnES-Projekten (AGnES = Arztentlastende, Gemeindenahe, E-Healthgestützte, Systemische Intervention) wurden hausärztliche Hausbesuche an qualifizierte PraxismitarbeiterInnen (AGnES-Fachkräfte) delegiert. Hauptziel war die Entlastung des Hausarztes, um diesen in der Lage zu versetzen, mehr Patienten zu behandeln [1], [2].
Auf der Basis der durchgeführten AGnES-Hausbesuche wurde hochgerechnet, wie viele Patienten ein Hausarzt unter optimalen Bedingungen zusätzlich behandeln könnte. Am Beispiel des Modellprojektes AGnES-Brandenburg (Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) mit 6 Hausarztpraxen, davon 4 mit AGnES-Unterstützung) wurden die tatsächlichen Auswirkungen der Unterstützung durch die AGnES-Fachkräfte auf die Gesamtanzahl der Patienten in den teilnehmenden Hausarztpraxen ermittelt.
Material und Methoden: Die Daten zur Anzahl und Dauer der AGnES-Hausbesuche sowie die Fahrzeiten wurden der Projektdokumentation entnommen. Angenommen wurde, dass eine AGnES-Fachkraft zu 50% in der Hausarztpraxis beschäftigt ist. Auf der Basis dieser Daten wurde die durchschnittliche Kapazität einer AGnES-Fachkraft berechnet. Mit Daten zu Konsultationszeiten aus der Literatur [3] wurde hieraus die Anzahl möglicher zusätzlicher Patienten in der Hausarztpraxis berechnet.
Für die zweite Analyse wurden die Patientenzahlen pro Quartal aus den Abrechungsdaten des MVZ erhoben. Für die zwei nicht-teilnehmenden und die vier teilnehmenden Hausarztpraxen wurden die Unterschiede zwischen den durchschnittlichen Patientenzahlen vor und während der Intervention berechnet. Mit dem nicht-parametrischen Wilcoxon Rangsummentest wurden die Unterschiede in den Patientenzahlen zwischen Praxen mit und ohne AGnES-Fachkraft statistisch analysiert.
Ergebnisse: Eine 0,5 AGnES-Fachkraft kann durchschnittlich 688 Hausbesuche/Jahr durchführen und erarbeitet dem Hausarzt eine durchschnittliche zeitliche Entlastung von 360 Stunden/Jahr. Unter der Annahme, dass der Hausarzt 80% der eingesparten Zeit für Konsultationen verwendet, könnte er jährlich 2.038 zusätzliche Konsultationen durchführen. Bei durchschnittlich 3 Patientenkontakten entspricht dies pro Quartal 170 zusätzlichen Patienten.
Im MVZ Brandenburg betrug die durchschnittliche Anzahl der Patienten bei den teilnehmenden Praxen 1245/Quartal in den 4 Quartalen vor der Intervention und 1378/Quartal während der 8 Quartalen der Intervention (+ 133 Patienten). Bei den nicht-teilnehmenden Hausarztpraxen betrug die durchschnittliche Anzahl der Patienten vor der Intervention 415/Quartal, während der Intervention 519/Quartal (+ 104 Patienten; p=0,643).
Schlussfolgerung: Die teilnehmenden Hausarztpraxen konnten pro Quartal durchschnittlich 133 zusätzliche Patienten behandeln, obwohl diese Praxen bereits vor der Intervention überdurchschnittlich groß waren. Gleichzeitig stiegen die Patientenzahlen auch in den nicht-teilnehmenden Praxen. Der erhebliche Größenunterschied zwischen den teilnehmenden und nicht-teilnehmenden Praxen schränkt einen direkten Vergleich ein.
Die Ergebnisse dieser orientierenden Analyse sprechen dafür, dass eine tatsächliche Erhöhung der Patientenzahlen in einer Hausarztpraxis durch die Implementierung des AGnES-Konzeptes möglich ist. Ein Nachweis erfordert jedoch eine prospektiv randomisierte Studie.
Literatur
- 1.
- van den Berg N, Meinke C, Heymann R, Fiß T, Suckert E, Pöller C, Dreier A, Rogalski H, Karopka T, Oppermann R, Hoffmann W. AGnES: Hausarztunterstützung durch qualifizierte Praxismitarbeiter - Evaluation der Modellprojekte: Qualität und Akzeptanz. Deutsches Ärzteblatt. 2009;106(1-2): 3-9.
- 2.
- van den Berg N, Meinke C, Matzke M, Heymann R, Fleßa S, Hoffmann W. Delegation of GP-home visits to qualified practice assistants: assessment of economic effects in an ambulatory healthcare centre. BMC Health Services Research. 2010;10:155.
- 3.
- van den Brink-Muinen A, Verhaak PFM, Bensing JM, et al. Communication in general practice: differences between European countries. Fam Pract. 2003;20(4):478-85.