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7. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung des Deutschen Netzwerks für Versorgungsforschung

16. - 18.10.2008, Köln

Nationale VersorgungsLeitlinien: "Innovationsbremse oder Patientenschutz"?

Meeting Abstract

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  • Susanne Weinbrenner - Gemein. Inst. BÄK u. KBV, Evidenzbas. Med. & Leitli. Ärztl. Zentr. für Qual. i.d. Med., Berlin

7. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung des Deutschen Netzwerks für Versorgungsforschung. Köln, 16.-18.10.2008. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2008. DocD6.31

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/meetings/dkvf2008/08dkvf077.shtml

Published: October 6, 2008

© 2008 Weinbrenner.
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Fragestellung: Wirken Nationale VersorgungsLeitlinien (NVL) als Innovationsbremse und verhindern damit die Verbreitung neuer Therapieoptionen oder dienen sie dem Schutz der Patienten vor ungehinderter Anwendung nicht gesicherter Therapien?

Methoden: Nationale VersorgungsLeitlinien sind evidenz- und konsensbasierte ärztliche Entscheidungshilfen mit dem Fokus auf strukturierter medizinischer Versorgung. Sie basieren zum größten Teil auf bereits bestehenden Leitlinien. Diese so genannten Quellleitlinien werden nach definierten Kriterien mit Schwerpunkt auf methodischer Qualität ausgewählt. Eine Vorgehensweise entsprechend den Methoden der evidenzbasierten Medizin ist dabei Grundvoraussetzung für eine Berücksichtigung als Quellleitlinie.

Ergebnisse: Durch die Forderung, nur solide wissenschaftliche Nachweise für die Formulierung von Empfehlungen heranzuziehen und durch die Basierung auf bestehenden Leitlinien, die bereits einen Konsensprozess durchlaufen haben, verfolgen die NVL einen konservativen Ansatz.

Diskussion: Dennoch hat auch diese Vorgehensweise innovative Aspekte, wie beispielsweise die Verbreitung der Techniken der EbM in der Ärzteschaft und damit die Befähigung wissenschaftliche Studien kritisch zu bewerten. Weiterhin kann die Verbreitung medizinischer Standards durch die Implementierung von Leitlinien an sich als innovativ betrachtet werden. Insbesondere das spezielle Kennzeichen der NVL, Standardvorgehensweisen für die Koordination und Kooperation in der Behandlung festzulegen, ist hierfür ein herausragendes Beispiel. Ebenso sollte dem blinden Vertrauen in innovative Konzepte mit Skepsis begegnet werden, hat doch die Medizin einige ihrer vermeintlich bahnbrechenden Innovationen, nachdem nicht unerhebliche Zahlen von Patienten zu Schaden oder sogar zu Tode kamen, revidieren müssen.

Ausblick: Dennoch haben die NVL zum Ziel aktuelles Wissen zur Verfügung zu stellen. Um diesem Anspruch Rechnung zu tragen, stehen sie über eine Internetplattform frei zugänglich und offen für externe Kommentierung und Aktualisierung zur Verfügung. Aktuelle Hinweise werden auf Relevanz geprüft und bei entsprechenden Hinweisen in Änderungen der NVL umgesetzt. Die erfolgten Aktualisierungen werden per Newsletter bekannt gemacht. Darüber hinaus wird derzeit ein System entwickelt, das wichtige Publikationen, die eine Änderung von Leitlinienempfehlungen notwendig machen würden, frühzeitig zu detektieren und somit eine Aktualisierung initiieren zu können. So sind die NVL eher als moderne „Patientensicherheitsgurte“ denn als Innovationsbremsen zu verstehen.


Literatur

1.
Ollenschläger G. Nationale VersorgungsLeitlinien von BÄK, AWMF und KBV - Hintergrund, Ziele, Verfahren. Diabetologe 2008;4(1):7-12.