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Bedarf, Nutzen und Kosteneffizienz als Grundlage zur Steuerung von Innovationstransfers in Schweden
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Published: | October 6, 2008 |
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In Schweden wurde ein Ansatz entwickelt, mithilfe von Versorgungsleitlinien für bestimmte Erkrankungsgruppen medizinische Leistungen in Form von Problem-Leistungs-Kombinationen zu priorisieren. Innovationen können über dieses Instrument Eingang in die Routineversorgung finden, gleichzeitig wird ihr Stellenwert im Vergleich zu anderen Leistungen beurteilt. Der vorliegende Beitrag zielt darauf, den ethischen und konzeptuellen Hintergrund dieser Versorgungsleitlinien zu explizieren.
Die ethische Grundlage der Versorgungsleitlinien basiert auf der Arbeit einer Parlamentskommission (1992-95). Diese hatte den Auftrag, Kriterien zu formulieren, die Priorisierungsentscheidungen in Schweden leiten sollten. Die resultierende ethische Plattform umfasste drei Prinzipien: 1. Das Prinzip der Menschenwürde als Grundlage der Priorisierung, aus ihm folgt u.a. eine Ablehnung von Alterspriorisierungen. 2. Das Prinzip des Bedarfs und der Solidarität, das die Mehrheit der Priorisierungsentscheidungen regeln sollte. 3. Das Prinzip der Kosteneffizienz zur Anwendung in speziellen Situationen.
Der Bedarfsbegriff weist eine entscheidende Bedeutung für die Erstellung der Versorgungsleitlinien auf. Er beinhalte immer die Ausrichtung auf spezifizierte Ziele, hier die Vermeidung von frühzeitigem Tod oder Behinderung, oder eingeschränkter Lebensqualität. Bedarf könne zudem nur für eine Leistung mit nachweislichem Nutzen vorliegen („ability-to-benefit“). Daher wird die aktuelle Evidenzlage für die jeweilige Problem-Leistungs-Kombination gewürdigt. In der Zusammenschau von Problemschwere, Evidenzgrundlage, Ausmaß des Nutzens und Kosteneffizienz werden den jeweiligen Problem-Leistungs-Kombinationen Ratings zwischen 1 („höchste Priorität“) bis 10 („niedrigste Priorität“) gegeben. Zusätzlich wurden die Extrakategorien „Forschung- und Entwicklung“ für vielversprechende Innovationen mit noch ungenügender Evidenzlage sowie „Nicht-Tun“ zum Ausschluss unwirksamer bzw. ineffizienter Leistungen eingeführt.
Eine abschließende Würdigung des dargestellten Ansatzes steht noch aus. Am Beispiel einzelner Problem-Leistungs-Kombinationen (z.B. Defibrillatoren in der Kardiologie) lassen sich erste Hinweise für mögliche Auswirkungen aufzeigen.
*aus dem B4-Projekt, DFG-Forschergruppe FOR655 Priorisierung in der Medizin