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German Congress of Orthopedic and Trauma Surgery (DKOU 2017)

24.10. - 27.10.2017, Berlin

Der Einfluss der Kapselresektion auf das Luxationsrisiko nach primärer Hüfttotalendoprothesen-Implantation – Eine multivariate Analyse von 3031 Fällen

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Torsten Prietzel - HELIOS Klinik Blankenhain, Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie, Blankenhain, Germany
  • Thomas Lehmann - HELIOS Klinik Blankenhain, Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie, Blankenhain, Germany
  • Robert Möbius - Universität Leipzig Medizinische Fakultät Leipzig, Institut für Anatomie, Leipzig, Germany
  • Stefan Schleifenbaum - Universitätsklinikum Leipzig, Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Plast. Chirurgie, Leipzig, Germany
  • Gerald Sommer - Universitätsklinikum Leipzig, Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Plast. Chirurgie, Leipzig, Germany
  • Dirk Zajonz - Universitätsklinikum Leipzig, Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Plast. Chirurgie, Leipzig, Germany
  • Niels Hammer - University of Otago, Department of Anatomy, Dunedin, New Zealand
  • Ronny Grunert - Fraunhofer IWU, Universitätsklinikum Leipzig, Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Plast.Chirurgie, Dresden, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2017). Berlin, 24.-27.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocWI29-942

doi: 10.3205/17dkou273, urn:nbn:de:0183-17dkou2734

Published: October 23, 2017

© 2017 Prietzel et al.
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Fragestellung: Die Luxation stellt die zweithäufigste Komplikation nach primärer Hüfttotalendoprothesen(HTEP)-Implantation dar. Die wichtigsten Risikofaktoren mit Einfluss auf die Luxationsrate sind Pfannenausrichtung, operativer Zugang, Kopfdurchmesser, Ball-Cup-Ratio, Erfahrung des Operateurs und Body Mass Index (BMI). Bezüglich der Kapselresektion gibt es bisher nur Berichte im Kontext dorsaler Zugänge. Die Rekonstruktion der Gelenkkapsel wird in unserer Abteilung bei primärer HTEP über den lateralen Zugang seit 14 Jahren sehr häufig praktiziert, während in den übrigen Fällen das traditionelle Vorgehen mit Kapselresektion angewendet wird. Das Ziel bestand darin, den Einfluss der Kapselresektion auf das Luxationsrisiko nach primärer Hüftendoprothetik im Verhältnis zu anderen Risikofaktoren statistisch zu analysieren.

Methodik: Eingeschlossen wurden 3031 primäre HTEP-Implantationen über den anterolateralen sowie lateralen Zugang, durchgeführt in einem Zeitraum von 12 Jahren. Luxationshüften als Ausgangsbefund sowie die Anwendung von Kappen-, Duokopf- und Tumorendoprothesen stellten Ausschlusskriterien dar. Die Erfassung von Luxationsereignissen erfolgte mit Hilfe von Fragebögen, Telefonbefragung, durch Auswertung des elektronischen Krankenblattes, der OP-Dokumentation und aller Röntgenaufnahmen. Neben den operationsspezifischen Faktoren Kapselbehandlung, Kopfdurchmesser, Kopfdesign, Inlaydesign, Ball-Cup-Ratio und Berufserfahrung des Operateurs wurden die patientenspezifischen Faktoren Indikation, Alter, Geschlecht, BMI und ASA-Klassifikation erfasst sowie statistisch durch eine Multivariate-Analyse untersucht.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: In 1687 Fällen wurde die Kapsel reseziert, in 1344 Fällen rekonstruiert. Das durchschnittliche Alter zur Operation betrug 67,0 ± 11,6 Jahre bei 51,5 Monaten Follow-up. Der mittlere BMI betrug 27,2 ± 6,8, die mittlere ASA-Klassifikation 2,7. Die Analyse ergab mittlere Kopf- und Pfannendurchmesser von 32,8 bzw. 54,3 mm sowie eine mittlere Ball-Cup-Ratio von 0,6. Die Luxationsrate betrug in der gesamten Patientengruppe 1,3% (n=40), bei Kapselresektion 2,1% (n=35), bei Kapselrekonstruktion 0,4% (n=5). Die Kapselresektion hatte mit einer Odds-Ratio von 4,62 den größten Einfluss auf das Luxationsrisiko (p=0,002). Bezüglich des BMI (Odds-Ratio 1,1; p=0,004) und des Alters der Patienten (Odds-Ratio 1,062; p=0,004) fanden sich geringe Beeinflussungen.

Die Kapselresektion stellte den wichtigsten Risikofaktor für die Luxationen nach primärer Hüftendoprothetik dar. Bezüglich der Parameter BMI und Patientenalter fand sich jeweils ein signifikanter, geringer Einfluss, während der Kopfdurchmesser keine Rolle spielte. Eine Schonung und Rekonstruktion der Hüftgelenkskapsel bewirken folglich eine ganz wesentliche Verminderung der Luxationsgefahr. Nachteile der Kapselrekonstruktion wie etwa erhöhte Revisionsraten, Funktionseinschränkungen oder "Kapselschmerzen" fanden sich nicht, weshalb eine Rekonstruktion der Gelenkkapsel in der primären Hüftendoprothetik zu empfehlen ist.