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Analytische Modellvorhersage des interprothetischen Fraktur-Risikos
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Published: | October 23, 2017 |
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Fragestellung: Interprothetische Frakturen (IPF) gehen mit hohen Komplikationsraten einher (Solarino 2014). Bisher gilt eine interprothetische Distanz (IPD) von < 2x Femurdurchmesser oder < 6cm als Indikation zur protektiven überbrückenden Plattenfixation. Eine Neubewertung der Daten von Cruz et al. 2016 ergibt IPD bei Patienten ohne Fraktur von 178mm [91-215mm, n=60, Median, 25/75%-Quartile] und mit Fraktur von 52mm [40-83mm, n=4]. Zudem zeigten Cruz et al., dass ein großer Femurmarkraum tendenziell eher zur Fraktur führte. Die Bedeutung der IPD wird kontrovers diskutiert (Soenen 2013, Weiser 2014). Bisherige Studien von IPF kommen zu konträren Aussagen, daher ist Ziel die Rolle des beanspruchten Knochens genauer zu betrachten.
Methodik: In einer Modellabschätzung wurde am Biegemodell (Hohlzylinder, Enden fest eingespannt) die Kraft F im Abstand a und b zur Simulation der Hüftgelenks- und Kniegelenksbelastung berücksichtigt. Das resultierende Moment im Abstand x vom Knie ist M=Fa/(a+b)*x. In dieser Annahme wurden Scherkräfte vernachlässigt. Die lokale Dehnung im Abstand y von der neutralen Achse ergibt sich zu e=My/EI. Höheres Frakturrisiko ist durch höhere lokale Beanspruchung gekennzeichnet, die mit kleinem Flächenmoment I und Elastizitätsmodul E steigt. Die größten Dehnungen werden für große x und y erwartet; Versagen sollte also nahe der Hüftprothese an der äußeren Oberfläche beginnen. Nach Bayraktar 2014 werden Frakturen für Dehnungen < -10.000με und >7.000με erwartet. In einer parametrischen Betrachtung wurde der Anteil überlasteten Knochens (ESV/VOI) für F=5000N, a=45mm, b=300mm, E=12GPa für verschiedene Außendurchmesser D und Markraumweiten d des Kortexzylinders, und einer Hüft-/Knieschaftlänge von 60/115-230mm ausgewertet.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: IPD stellt einen relevanten Faktor für das Frakturrisiko dar (Abbildung 1 [Abb. 1]), wenn das Flächenmoment I klein ist. Für große Flächenmomente I führen alle IPDs zu kleinen ESV/VOI und für sehr kleine I führen alle IPDs zu sehr hohen ESV/VOI.
Die Analyse zeigt, dass neben der IPD andere geometrische Parameter wie Markraumweite, Kortexdicke, Hebelarme sowie Knochenelastizität einen wesentlichen Einfluss auf das Frakturrisiko haben, die je nach Anatomie und Knochenqualität unterschiedliche Gewichtung innerhalb der Risikoanalyse aufweisen. Einen klaren Schwellenwert der IPD konnten wir in unseren Analysen nicht zeigen. Die vorliegende Untersuchung liefert erste Hinweise, warum es in den bisherigen klinischen Auswertungen z.T. konträre Ergebnisse gibt. Als erster Ansatz kann die Beachtung kleiner IPD besonders unter gleichzeitiger Berücksichtigung kleiner Flächenmomente (große Markraumweite, kleine Kortexdicke) allerdings helfen, das Risiko grob abzuschätzen.