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Die Prävalenz von Supraspinatussehnenrupturen – Ein Vergleich klinischer und sonografischer Ergebnisse bei symptomatischen vs. asymptomatischen Patienten
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Published: | October 2, 2012 |
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Fragestellung: Daten zur Prävalenz von Supraspinatussehnenrupturen (SSP-Rupturen) - insbesondere bei asymptomatischen Personen - sind selten, obwohl sie wichtige Hinweise zum natürlichen Verlauf der Erkrankung geben können. Ein entscheidender Einflussfaktor in Prävalenzstudien von SSP-Rupturen ist das Patientenalter, welches häufig in Kontrollgruppen signifikant geringer ist und damit einen Vergleich erschwert. Die Fragestellung dieser Studie war, ob eine SSP-Ruptur der einen Seite eine Prädisposition für das Auftreten einer SSP-Ruptur und eine reduzierte Schulterfunktion auf der Gegenseite im Vergleich mit einem alters- und geschlechtsangepassten asymptomatischen Normalkollektiv darstellt.
Methodik: Insgesamt wurden 110 Patienten sonografisch auf das Auftreten von SSP-Rupturen untersucht. Die erste Gruppe bestand aus 55 Patienten mit arthroskopisch nachgewiesener Partialruptur oder Komplettruptur der Supraspinatussehne (Gruppe I). In dieser Gruppe wurde die nicht operierte Gegenseite untersucht. Die Kontrollgruppe (Gruppe II) wurde nach Alter (±1Jahr) und Geschlecht gematched zu Gruppe I ausgewählt. Die Kontrollgruppe bestand somit aus 55 Personen mit beidseits asymptomatischen Schultern. In dieser Gruppe erfolgte die Untersuchung der Schulter, die der Gegenseite des gematchten Partners entsprach. Bei allen Patienten wurde die Schulterfunktion mittels Constant-Score bewertet.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Durch das Matching bestanden beide Gruppen aus jeweils 31 Männern (56,4%) und 24 Frauen (43,6%). Das Durchschnittsalter betrug 62,1 J. in Gruppe I und 61,8 J. in Gruppe II. Die Prävalenz einer SSP-Partial- oder Komplettruptur der Gegenseite lag in Gruppe I mit 67,3% signifikant über der Prävalenz in Gruppe II mit 11,0% (p<0,0001). Im Einzelnen wurden in Gruppe I 9 Komplettrupturen (16,4%) und 28 Partialrupturen (50,9%) festgestellt, während in der Kontrollgruppe jeweils 3 Komplett- bzw. Partialrupturen (jeweils 5,5%) diagnostiziert wurden. Im Gegensatz zu den sonografischen Befunden war bei der objektiven Bewertung der Schulterfunktion im Gesamt-Constant-Score insgesamt kein signifikanter Unterschied zwischen Gruppe I (85,6 P) und der Kontrollgruppe (88,6 P) feststellbar (p=0,719). Einzig in der Unterkategorie Alltagsaktivitäten (ADL) des Constant-Scores schnitt die Kontrollgruppe mit 19,9 Punkten gegenüber 18,4 Punkten signifikant besser ab (p=0,012). Bezüglich der Parameter Schmerz (12,9 vs. 14,8; p=0,109), Beweglichkeit (37,4 vs. 37,7; p=0,169) und Abduktionskraft (16,6 vs. 16,3; p=0,814) schnitten beide Gruppen gleich ab.
Patienten mit SSP-Komplett oder SSP-Partialruptur zeigten ein signifikant erhöhtes Risiko einer Ruptur der Gegenseite im Vergleich mit einem alters- und geschlechtsangepassten asymptomatischen Kontrollkollektiv. Auch wenn die erhöhte Prävalenz sich zum Zeitpunkt der Untersuchung nur tendenziell klinisch bemerkbar machte, sollte bei Patienten mit symptomatischen SSP-Rupturen immer auch die Gegenseite im Verlauf mituntersucht werden.