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Die spontane Dislokation von Hüftgelenkmodellen im Vakuum – eine experimentelle Studie
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Published: | October 21, 2010 |
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Fragestellung: Die hüftstabilisierende Wirkung des atmosphärischen Druckes wurde 1836 durch die Gebrüder Weber experimentell nachgewiesen. Ob dieser Effekt auch am ruhenden Gelenk wirksam ist, wird bis in die Gegenwart kontrovers diskutiert. Das Studienziel bestand darin, die stabilisierende Wirkung des atmosphärischen Druckes auf ruhende Hüftgelenkmodelle verschiedener Durchmesser experimentell zu beweisen, indem deren Spontandislokation im Vakuum und die Reposition durch einen Druckanstieg demonstriert werden. Dabei sollten der intraartikuläre Absolutdruck und die Gelenkdislokation in Abhängigkeit vom absoluten Umgebungsdruck gemessen werden.
Methodik: Die verwendeten Gelenkmodelle mit 28, 32 sowie 36 mm Durchmesser basierten auf Hüftendoprothesenkomponenten und wurden mit hermetisch abschließenden Gelenkkapseln ausgestattet. Über eine Pfannenbohrung wurde ein Drucksensor und über den Konusadapter ein Wegsensor angeschlossen. Die Gelenkmodelle wurden entlüftet und mit geringen Wassermengen befüllt. Nach Aufstellung des Versuchsaufbaus in einem evakuierbaren Glasgefäß konnte dessen Umgebungsdruck unter kontinuierlicher Messung mit einer Pumpe abgesenkt und durch Belüftung erhöht werden.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Bei Untersuchung der Gelenkmodelle von 28 mm, 32 mm und 36 mm Durchmesser zeigte sich reproduzierbar eine Gelenkkopfdislokation unter Vakuumbedingungen. Der langsame Dislokationsprozess begann immer dann, wenn der Umgebungsdruck den Dampfdruck der Gelenkflüssigkeit von ca. 2 kPa bei 18°C unterschritt. Eine Erhöhung des Umgebungsdruckes führte rasch zur Gelenkreposition, sobald der Umgebungsdruck den Dampfdruck der Gelenkflüssigkeit übertraf. Der intraartikuläre Absolutdruckes verhielt sich oberhalb des Dampfdruckes der Gelenkflüssigkeit gleichsinnig zum Umgebungsdruck, nahm jedoch keine geringeren Werte an. Im Modellexperiment wurde somit die permanente hüftstabilisierende Wirkung des atmosphärischen Druckes nachgewiesen, die auch in Ruhe ohne Einwirkung einer Zugkraft existiert. Damit konnten auch die Parameter Ruhestabilitätspotenzial und Ruheluxationsarbeit bestätigt werden, mit denen die Hüftstabilität quantifiziert werden kann. Da beide Parameter exponentiell mit dem Gelenkdurchmesser zunehmen, dürfte die Verwendung größerer Kopf-Pfannen-Kombinationen in der Hüftendoprothetik dauerhaft zu einer wesentlich höheren Stabilität und somit geringeren Luxationsgefahr führen. Dieser Effekt wird durch eine beschleunigte Wiederherstellung physiologischer Gelenkverhältnisse unterstützt, die durch die Existenz einer geringen Flüssigkeitsmenge und den Ausschluss von Luft innerhalb einer hermetisch abdichtenden Gelenkkapsel gekennzeichnet sind. Somit ist zu erwarten, dass die Rekonstruktion der Gelenkkapsel mittelfristig und die Anwendung einer intrakapsulären Redon-Drainage kurzfristig zur Erhöhung der Stabilität sowie Reduktion der Luxationsgefahr von Hüftendoprothesen beitragen.