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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie
74. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie
96. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie
51. Tagung des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie

26. - 29.10.2010, Berlin

Beitrag zum Pathomechanismus der Schenkelhalsfrakturen: das Bündelpfeiler-Konzept

Meeting Abstract

  • B. Heimkes - Ludwig-Maximilians-Universität, Klinikum Großhadern, Orthopädische Klinik und Poliklinik, München, Germany
  • T. Skuban - Ludwig-Maximilians-Universität, Klinikum Großhadern, Orthopädische Klinik und Poliklinik, München, Germany
  • A. Baur-Melnyk - Ludwig-Maximilians-Universität, Klinikum Großhadern, Institut für Radiologie, München, Germany
  • T. Vogel - Ruhr-Universität Bochum, St. Josef Hospital, Bochum, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie. 74. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie, 96. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie, 51. Tagung des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie. Berlin, 26.-29.10.2010. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2010. DocWI22-340

doi: 10.3205/10dkou233, urn:nbn:de:0183-10dkou2331

Published: October 21, 2010

© 2010 Heimkes et al.
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Fragestellung: Wichtige osteologische Arbeiten zum Pathomechanismus der Schenkelhalsfrakturen zeigen, dass der Schenkelhals lateralseitig in Höhe der Fossa trochanterica („upper portion of the neck“) am schwächsten ausgebildet ist. Von dort gehen alle Frakturen aus, unabhängig davon, in welche weitere Richtung sich die Frakturlinie fortsetzt. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, zu untersuchen, über welche funktionellen Mechanismen sich diese Schwachstelle ausbildet.

Methodik: Die das Femur belastenden Kräfte wurden mit dem virtuellen Ganganalyseprogramm AnyBody dreidimensional fortlaufend mit verschiedenen Modifikationen durchgerechnet. An 10 Leichenfemora wurde mit Hilfe der in der Architektur verwandten Software ALLPLAN eine radiologisch-approximative Trabekelanalyse (RATA) durchgeführt.

Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Femurbelastung: Das proximale Femurende wird beim Gehen durch zwei Kraftvektoren belastet. Der Kraftfluss der Hüftresultierenden Rh entspricht hierbei einem relativ schmalen Kegel, der in der Frontalebene zwischen 4,9 Grad und 14,8 Grad zur Vertikalen oszilliert. Der Trochanter major wird in der Standbeinphase des Gehens von einer Trochanterresultierenden Rt belastet, die konstant Druck von dorso-kranial-lateral ausübt. In Betrag und Richtung entscheidend wirken hierbei die am Trochanter major wirksamen Knieextensoren, die mit den kleinen Glutäen eine gegenziehende Muskelschlinge bilden. Die Trochanterresultierene Rt oszilliert in der am stärksten beanspruchenden „loading response“ des Gangzyklus mit Winkeln zwischen 23,4 Grad und 69,4 Grad zur Vertikalen. Bei einem Individuum mit einem die Hüfte belastenden Körperteilgewicht von 53,9 kg beträgt der Betrag der Hüftresultierenden Rh in der „loading response“ durchschnittlich 206,5 kg, der analoge Wert der Trochanterresultierenden Rt beträgt 107,1 kg (entsprechend 51,8% der Hüftresultierenden). Trabekelanalyse: Die bisher als Zugtrajektorien angesehenen Bündel des koxalen Femurendes verlaufen nicht bogenförmig, sondern mit deutlichem Knick entsprechend der Form eines Bumerangs. Die beiden Schenkel des Bumerangs orientieren sich senkrecht zu den Oszillationsrichtungen der Hüftresultierenden Rh und der Trochanterresultierenden Rt.

Vergleicht man den Kraftfluss der Hüft- und Trochanterresultierenden in der virtuellen Ganganalyse mit den Trabekelrichtungen des koxalen Femurendes, dann muss man den Schluss ziehen, dass die bisher als Zugtrajektorien angesehenen Trabekel des koxalen Femurendes auf örtliche Druckspannung zurückzuführen sind. Das Femur insgesamt ist damit weniger als Krankonstruktion anzusehen, die Lastverteilung entspricht eher derjenigen eines asymmetrisch druckbelasteten Bündelpfeilers einer gotischen Kathedrale. Die Schwachstelle des frakturgefährdeten Schenkelhalses ist dort zu finden, wo sich die Einflusssphäre der beiden Hüftresultierenden Rh und Rt beim Gesunden überlappen. Gezielte, die Trochantermuskulatur beanspruchende körperliche Aktivitäten sollten dementsprechend frakturprophylaktisch wirken.