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Erste Ergebnisse mit einer Piezo-basierten Präzisionsprüfvorrichtung für die biomechanische Forschung
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Published: | October 15, 2009 |
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Fragestellung: Nach derzeitigem Stand der Technik können Zellkonstrukte, Tissue-Engineering(TE)-Gewebe und anderes biologisches Material mangels geeigneter Prüfmaschinen oft nicht ausreichend biomechanisch charakterisiert werden. Dies ist zur fundierten Funktionsbewertung derartiger Konstrukte vor dem klinischen Einsatz essentiell. Die derzeit vorrangige Charakterisierung von TE-Gewebe basiert auf der Exprimierung von Genen und Proteinen und kann dies nicht ersetzen. Ziel der Studie ist daher eine auf o.g. Anforderungen zugeschnittene Prüfmaschine.
Methodik: Die neu konzipierte Prüfmaschine kann Proben statisch und dynamisch testen. Weiterhin ist die Stimulation von Proben möglich. Ein Piezo (P-290, PI, Karlsruhe) wurde als Antrieb, eine Kraftmessdose (85041-0,1, burster, Gernsbach) und eine Wirbelstromsonde (MTN/EP080, Monitran, England) als Positionssensor verbaut. Regelung, Steuerung und Programmierung erfolgen mittels LabView 8.5 unter Verwendung echtzeitfähiger FPGA-Hardware (NI 7811R, NI, USA). Drei Präparatgruppen wurden untersucht: In einem statischen Versuch wurden n = 8 chondrogen differenzierte mit Stammzellen besiedelte Kollagenscaffolds (a) mit n=7 Scheiben porkinem Knorpels (b) gleicher Dimension verglichen (Druckversuch, weggeregelt, Prüfgeschwindigkeit 0,05 mm/s). Weiterhin wurden n=1 aus primären humanen Osteoblasten gezüchtete Nodules stimuliert (c) (Druckversuch, kraftgeregelt, Dauer 18 h, Kraftbereich 0,1–0,2 N, 1 Hz sinusförmige Stimulation, keine Inkubation).
Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Das entwickelte System kann sowohl weg- als auch kraftgeregelt betrieben werden. Es werden Abtastraten von 2 kHz, ein maximaler Weg von 1 mm, eine maximale Kraft von 50 N und eine mögliche Stimulationsfrequenz von 30 Hz erreicht. Die verwendeten Komponenten ermöglichen theoretische Genauigkeiten von 30 nm/20 nm (Weg messen/steuern) und 6 μN (Kraft). Die Benutzeroberfläche enthält die relevanten Funktionen (Kraft-Weg-Geschw.-Begrenzung, Zyklenzähler, Spitzenwertregelung, etc.). Die Versuche (a) und (b) zeigten, dass die Scaffolds gegenüber den Knorpelscheiben deutlich weicher sind (bei Stauchung auf 80 % der ursprünglichen Probenhöhe: 0,05 N±0,1 N zu 0,16 N±0,17 N). Versuch (c) resultierte darin, dass die Nodules eine über die Stimulationsdauer zunehmende Steifigkeit aufwiesen (Max. bei 8 h), welche wieder nachließ (bei 12 h). Dies könnte auf eine Reaktion der Zellen auf die Stimulation hinweisen, welche mangels Inkubation und resultierender Apoptose später nihiliert wurde. Die Proben zeigten gemäß ihres biologischen Ursprungs heterogene biomechanische Eigenschaften. Zusammenfassend zeigt sich, dass mit der Prüfmaschine erstmalig die Möglichkeit besteht, auch sehr weiche Proben zu messen und zu stimulieren. Dies spannt ein neues Forschungsfeld in der Mechanotransduktion von Gewebe auf. Medizinisch gesehen zeigen die Ergebnisse, dass die klassische biochemische Charakterisierung von Geweben nicht ausreicht, um die biomechanische Kompetenz von Ersatzmaterialien beurteilen zu können.