Article
Beeinflusst die Lungenprotektive Beatmung die Genese der posttraumatischen Leberdysfunktion und die Entstehung der sekundär sklerosierenden Cholangitis bei polytraumatisierter Patienten?
Search Medline for
Authors
Published: | October 15, 2009 |
---|
Outline
Text
Fragestellung: Die sekundär sklerosierenden Cholangitis (SSC) nach Polytrauma wird als eine chronisch fortschreitende Erkrankung der Gallenwege, imponierend durch entzündliche Veränderungen, Fibrose und multiple Strikturbildungen definiert. Die Komplikationen verursachen einen protrahierten intensivmedizinischen Behandlungsaufenthalt und führen im weiteren Verlauf zum kompletten Organversagen mit dringlicher Transplantationsindikation.
Als Ursachen bzw. Risikofaktoren eine SSC zu entwickeln wurden in der Literatur reduzierte Organperfusion während einer posttraumatisch hypotonen Schockphase, ISS > 25, Becken- und Thoraxtrauma, ARDS, über Langzeitbeatmung mit hohem PEEP, Bauchlagerung bis zum septischen Schock und Infektionen der Gallenwege mit Enterokokken beschrieben.
Wir stellen die Frage ob die Lungenprotektive Beatmung die Genese der posttraumatischen Leberdysfunktion und die Entstehung der sekundär sklerosierenden Cholangitis beeinflusst?
Methodik: Retrospektive Verlaufsanalyse der Patientenkollektive einer chirurgischen Intensivstation aus dem Zeitraum 2003–2005 und 2008. Im Zeitraum 2003-2005 wurden die Patienten mit Tidalvolumina von 8–10 ml/kg KG beatmet. Ab dem 1.1.2008 wurde das Konzept der Lungenprotektiven Beatmung (Tidalvolumina von 4–6 ml/kg/ Idealkörpergewicht, mind. PEEP von 10 mm Hg, Max. Spitzendruck 30–35 mm Hg) konsequent umgesetzt.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen: 28 polytraumatisierte Patienten (davon 7 Frauen) ohne Hinweis auf eine vorbestehende Leber- oder Gallenwegserkrankung, entwickelten eine posttraumatische Leberdysfunktion. Das Alter betrug durchschnittlich 41 Jahre (17–84), Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation betrug 47,7 (10–185) Tage. Aufnahmegrund war eine Polytraumatisierung (n= 24) mit einem ISS von 34 (10–50), Sepsis (n=1); postoperative Komplikationen z.B. Nachblutung (n=3). 50% der Patienten sind aufgrund des posttraumatischen Lungenversagens mittels kinetischer Lagerungstherapie im Rotorestbett oder Prone Position (Bauchlage) behandelt worden. 27 Patienten waren tracheotomiert und wiesen prolongiertes Weaning auf. 3 (10%) Patienten sind im Verlauf verstorben. Im Zeitraum von 2003–2005 waren 26 Fälle von SCC zu verzeichnen, im Jahr 2008 sind von 149 intensivmedizinisch behandelten Polytrauma Patienten nur 2 SCC Fälle aufgetreten.
Bei allen untersuchten Patienten wurde eine sekundär sklerosierende Cholangitis mittels ERCP im Sinne multipler intrahepatischer Strikturen und perlschnurartigen Veränderungen der Gallengänge nachgewiesen.
Der enge anatomisch-funktionelle Zusammenhang der Leber mit Darm, Herz und Lunge führt auch zu klinisch relevanten direkten Interaktionen, insbesondere bei beatmeten Patienten. Neben den bereits in der Literatur identifizierten Faktoren, führen wir den Rückgang der Inzidenz der SCC auf das geänderte Beatmungsregime im Sinne der lungenprotektiven Beatmung mit geringerer Invasivität zurück.